Recht: Trotz Unfall keine Wertminderung

Ein Händler muss sich auch dann nicht zwangsläufig auf eine Wertminderung einlassen, wenn sich ein von ihm verkaufter Gebrauchtwagen nachträglich als Unfallfahrzeug herausstellt. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Köpenick (AZ 4 C 14/12) hervor, auf das auto.de von Umut Schleyer, Fachanwalt für Verkehrsrecht, hingewiesen wurde.

Im verhandelten Fall hatte der Kläger von der beklagten Händlerin einen gebrauchten VW Golf mit Erstzulassung am 1. Dezember 2006 gekauft. Nach einer ersten Besichtigung des Fahrzeugs hatte der Kläger den Wagen erneut mit Hilfe eines Sachverständigen in Augenschein genommen. Die Beklagte hatte das Fahrzeug zudem vor der Übergabe noch beim TÜV vorgestellt und dort eine neue TÜV-Plakette erhalten. Im  schriftlichen „Kaufvertrag für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug“ vom 17. September 2011 war eine Laufleistung von 72.000 km notiert und der Kaufpreis auf 9.990 Euro festgelegt worden. Ein zusätzlicher Vordruck im Vertrag wies aus, dass Nachlackierungen und Instandsetzungen‚ die vor dem Kaufdatum liegen, nicht  ausgeschlossen seien. [foto id=“426720″ size=“small“ position=“right“]

Einen Monat nach Übergabe des Fahrzeugs erklärte der Kläger jedoch gegenüber der Beklagten in einem anwaltlichen Schreiben die Minderung des Kaufpreises in Höhe von 1.500 Euro und forderte sie zugleich auf, einen Betrag in gleicher Höhe bis zum 27. Oktober 2011 an ihn zurückzuzahlen. Als Grund nannte der Kläger einen erheblichen Unfallschaden. Ein weiteres Gutachten habe ergeben, dass das Fahrzeug einen nicht fachgerecht reparierten Vorschaden im Frontbereich aufweise. So seien beide Scheinwerfer ersetzt worden und der rechte Scheinwerfer sei undicht. Am vorderen Schlossträger seien Verformungen sichtbar. Die Spaltmaße zu den Scheinwerfern links und rechts differierten deutlich, die Befestigungsschrauben würden nicht passgerecht sitzen. Der rechte vordere Kotflügel sitze nicht fachgerecht auf dem Radhaus, die Motorabdeckung sei stark gebrochen. Eine Messung mit einem Lackschichtdickmessgerät habe zudem ergeben, dass an der Karosserie Spachtel- und Lackarbeiten im rechten Bereich des Fahrzeuges stattgefunden hätten. Da jedoch bei den Besichtigungen kein Mangel festgestellt worden war, weigerte sich die Beklagte der Minderung nachzukommen, worauf der Käufer vor Gericht zog.

Das Urteil

Die Klage wurde abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Ein Minderungsrecht in Höhe von 1.500 Euro bestehe schon deshalb nicht, weil der Kläger es versäumt habe, der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung (gemäß 441 Abs. 1, 323 Abs. 1 BGB) zu setzen. Die Beklagte hatte im Vorfeld des Prozesses in einem Schreiben darauf verwiesen, dass sie keine Mängel habe feststellen können. Eine endgültigen Verweigerung der Nacherfüllung erkannte das Gericht darin jedoch nicht. Ebenso konnte das Gericht kein vorsätzliches Verschulden der Beklagten feststellen. Auch von einer Kfz-Händlerin könne nicht verlangt werden, dass sie einen Mangel ausfindig macht, der nicht einmal von einem Sachverständigen und bei der TÜV-Kontrolle erkannt worden ist.

[foto id=“426721″ size=“small“ position=“left“]Lediglich in einem Punkt folgten die Richter der Argumentation des Klägers. Als Unfallfahrzeug mindere sich der Wert des Fahrzeugs generell. Durch eine fachgerechte Nachbesserung der Reparaturen hätte dieser Wertverlust jedoch von 1.500 Euro auf nur 400 Euro verringert werden können. Sein Anrecht auf die Differenz habe der Kläger verwirkt, da er der Beklagten keine Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt hatte. Doch auch den unstrittigen Minderwert von 400 Euro sprach das Gericht dem Kläger nicht zu, da im Kaufvertrag darauf hingewiesen wird, dass Nachlackierungen und Instandsetzungen am Fahrzeug, nicht ausgeschlossen sind.

Im Gegensatz zu einem unzulässigen Haftungsauschluss, wird in diesem Vertragszusatz lediglich die Beschaffenheit des Fahrzeug zum Zeitpunkt des Kaufes festgelegt, so die Urteilsbegründung. Da der Schaden selbst von Sachverständigen nicht ohne weiteres festgestellt wurde, könne er nicht als Sachmangel gelten.

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Gast auto.de

Juli 15, 2012 um 4:11 pm Uhr

Hatte selbst bei einem privat von einem Kfz-Händler erworbenen PKW einen sehr ähnlichen Fall, der jedoch zu meinen Gunsten entschieden wurde, da ich mir vor dem Kauf die Unfallfreiheit schriftlich habe zusichern lassen. So sah der Händler in die Röhre und wurde zum Schadenersatz, allerdings erst nach eineinhalb Jahren und mehreren Prozessen, in letzter Instanz verdonnert. Besser man hat alles schriftlich abgesichert. Es gibt, gerade unter Gebrauchtwagenhändlern, viele schwarze Schafe.

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