Mercedes-Benz

SLS AMG: Sinfonie aus acht Töpfen

Eine schwere Hypothek hat der Mercedes SLS AMG zu tragen: Mehr als 50 Jahre hat es unter dem Stuttgarter Stern keinen vergleichbaren Sportwagen gegeben, sein direkter Vorgänger wurde zum Mythos und gehört heute zu den teuersten Automobil-Klassikern.Wenn unter Mercedes-Fahrern der Name „Uhlenhaut“ fällt, wird manch hartgesottener Sportwagen-Pilot von Ehrfurcht ergriffen. Rudolf Uhlenhaut war Leiter der Rennsport-Abteilung des Stuttgarter Herstellers, auf ihn geht der legendäre Rennwagen W 194 zurück, aus dem später eine Ikone der Automobil-Geschichte wurde: der 300 SL-Flügeltürer. Gut erhaltene Exemplare werden für sechsstellige Summen gehandelt.

Mit einem Preis von 183 260 Euro erscheint der SLS AMG dagegen wie ein Sonderangebot. Wenn der Hersteller die Stückzahlen knapp hält, kann man ihn getrost einmotten und in 30 oder 40 Jahren wieder hervor holen. Das Auto verspricht [foto id=“330621″ size=“small“ position=“left“]ein lohnendes Investment, dennoch wäre es sträflich, ihn der Straße vorzuenthalten. Ein SLS AMG will, nein, muss gefahren werden.

Technische Daten

Die nackten Daten flößen Respekt ein: fast 6,3 Liter Hubraum, verteilt auf acht Zylinder, ohne Kompressor oder Turbo-Doping, 420 kW/571 PS und eine Höchstgeschwindigkeit nahe 320 km/h. Und dann diese Karosserie! Von Außenspiegel zu Außenspiegel 2,30 Meter breit, die Höhe beträgt etwa einen Meter weniger. Geradezu unanständig lang die Motorhaube: Vom Blatt des Scheibenwischers bis zum Mercedes-Stern sind es 1,73 Meter, fast ein halber Meter mehr als bei einer S-Klasse. Darunter sieht es aus, als hätte ein zweiter Achtzylinder-Motor Platz, doch der üppige Zuschnitt ist kein Imponiergehabe. Im Falle eines Zusammenstoßes muss die Energie abgebaut sein, bevor die Aufprallwucht den V8-Block in die Passagierzelle schieben kann.

Und wie steigt man in den Flügeltürer ein?

Erstaunlich flott, hat man erst einmal die Griffe der nach oben schwingenden Türen gefunden. Sie fahren erst auf Knopfdruck aus, in Ruhestellung sind sie bündig in der Aluhaut versenkt. Die 18 Kilogramm schwere Klappe ist ausgewogen gelagert, es braucht nur geringe Kraft, sie nach oben zu hieven. Wo die vorn angeschlagenen konventionellen Türen mancher Sportwagen in engen Parklücken Probleme bereiten können, ist der SLS-Fahrer fein raus: Ihm reichen rund 30 Zentimeter Luft zum [foto id=“330622″ size=“small“ position=“right“]Nebenmann und die „Gullwing“ kann komplett nach oben schwingen. Auf einen elektrischen Schließmechanismus wurde aus Gewichtsgründen verzichtet, deshalb müssen sich Insassen unter 1,70 Meter schon mal strecken, um die Pforte wieder ins Schloss zu ziehen.

Fahreigenschaften

Aus der Parkstellung des Speedshift-Sportgetriebes kommt man nicht direkt in den Rückwärtsgang. Na klar, das Auto ist ja auch zum schnellen Vorwärtsfahren gebaut. In der Comfort-Abstimmung ist das Gaspedal ein wenig unsensibel, was aber das vorsichtige Rangieren erleichtert. Wer ausprobieren will, ob tatsächlich weniger als vier Sekunden für den Sprint bis 100 km/h vergehen, wählt den Race-Start-Modus. Die elektronische Anfahrhilfe sorgt dafür, dass der Schlupf nicht zu groß wird und tatsächlich 650 Newtonmeter Drehmoment in Vortrieb umgesetzt werden.

Schnell wird klar, dass der SLS als Teilnehmer am öffentlichen Straßenverkehr chronisch unterfordert ist. Wenn die Verkehrsdichte lästig oder der Belag nass ist, schaltet man am besten das Radio aus. Das finstere Grollen, mit dem die Sinfonie [foto id=“330623″ size=“small“ position=“left“]aus acht Töpfen und zwei Abgassträngen anhebt, kann für fehlendes Tempoerlebnis entschädigen. Ab 3 000 Touren faucht es energisch, als wolle der Motor den Fahrer motivieren, das Gaspedal noch ein bisschen weiter durchzudrücken. Im Sportmodus kann man zusätzlich das Zwischengas zum Klingen bringen.

In einem Zug geht es unwiderstehlich vorwärts, dem Doppelkupplungsgetriebe sei dank. AMG hat bewusst darauf verzichtet, virtuelle Schaltpausen einzulegen, mit denen andere Hersteller von Supersportwagen ein hartes Einkuppeln simulieren und den Dynamikfaktor in die Höhe treiben wollen. Ist kein Hindernis in Sichtweite, erreicht der SLS nach knapp zwölf Sekunden die 200 km/h-Marke.

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Kofferraum

Weil zwischen dem elektrisch ausfahrbaren Heckspoiler und den Schalldämpfern noch etwas Platz war, hat der SLS auch einen Kofferraum bekommen. Der klassische Normbehälter in dieser Preisklasse, das Golfbag, passt zweimal hinein. Auf den [foto id=“330625″ size=“small“ position=“left“]Transport verderblicher Ware, etwa Austern oder Lammfilets, sollte man besser verzichten. Wird der Motor gefordert, heizt die Abgasanlage den Boden des Gepäckabteils bis auf 40 Grad Celsius oder mehr auf. AMG hat die Schwachstelle erkannt und arbeitet an einer Lösung.

Fazit

Die motorisierte Unvernunft mit den Maßstäben herkömmlicher Automobile zu bewerten, wird dem Sonderstatus eines SLS nicht gerecht. Ja, es ist schwer, ihn unter 15 Liter Kraftstoff je 100 Kilometer zu fahren. Aber jeder, der die Gelegenheit dazu hat, wird es als gut angelegtes Geld ansehen. Wenn schon eine Ikone wie der 300 SL unerreichbar ist, dann doch wenigstens einen Klassiker von morgen bewegen.

Datenblatt Mercedes SLS AMG:
Supersportwagen mit zwei Türen und zwei Sitzen
  
Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4,64 Meter/1,94 Meter/1,26 Meter/2,68 Meter
   
Motor: – 6,2-Liter-V8-Benzinmotor
– 420 kW/571 PS
max. Drehmoment: 650 Nm bei 4 750 U/min
0-100 km/h: 3,8 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: 317 km/h
Verbrauch: 13,2 l/100 km
CO2-Ausstoß: 308 g/km
   
Preis: ab 183 260 Euro

 

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