Frauen wollen keine Frauenautos

Kommt die Rede auf das sogenannte „Frauenauto“, schlagen die Wogen in Gesprächen schnell hoch, Vorurteile und Befindlichkeiten rücken in den Vordergrund – und flugs schnappt die Klischeefalle zu . „Es gibt kein Frauenauto“, stellt Doris Kortus-Schultes fest. Die Professorin muss es wissen, leitet sie doch das Kompetenzzentrum „Frau und Auto“ an der Hochschule Niederrhein. Seit Jahren befasst sie sich mit den automobilen Wünschen und Anforderungen von Frauen.

Obwohl es in Deutschland mehr Frauen als Männer gibt, zielt die Automobilindustrie mit ihren Fahrzeugen selten vordergründig auf das weibliche Geschlecht. Vor allem die deutschen Premiumhersteller weisen das Thema weit von sich. „Wir entwickeln Fahrzeuge mit gewissen Eigenschaften für eine bestimmte Kundengruppe und richten keine gezielte Ansprache an den Mann oder die Frau“, bringt es Audi-Pressesprecher Moritz Drechsel auf den Punkt. Und auch bei Porsche sei „der typische Kunde in erster Linie nicht Mann oder Frau, sondern ein Mensch, der viel Wert auf hochklassige Technik und Performance und elegante Formensprache“ lege.

Der Anteil der weiblichen Halter an allen in Deutschland privat zugelassenen Pkw betrug laut Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes 2011 bei Audi 31,9 Prozent, bei Porsche nur 21,6 Prozent. Ganz anders sieht dies beispielsweise bei Fiat (Anteil weibliche Halter 46,3 Prozent) oder bei Peugeot (49,6 Prozent) aus. Die Franzosen wollen ihren neuen Kleinwagen Peugeot 208 sogar explizit mehr Autos an „die Frau“ bringen und den weiblichen Käuferanteil gegenüber der 207-Limousine (50,7 Prozent weibliche Halter) um mindestens zehn Prozentpunkte steigern.

Insgesamt betrug 2011 der Anteil weiblicher Halter an den privat zugelassenen Pkw im vergangenen Jahr laut KBA 35 Prozent. Autofahrerinnen gibt es natürlich wesentlich mehr. Aus versicherungstechnischen Gründen werden Zweit- oder Drittwagen häufig auf den Haushaltsvorstand angemeldet. Das Kompetenzzentrum „Frau und Auto“ hat zudem ermittelt, dass 2008 rund 87 Prozent aller unter 30jährigen Frauen in Deutschland einen Führerschein besaßen, bei den 30- bis 49jährigen Frauen waren es sogar 95 Prozent. Grund genug für die Fahrzeughersteller, sich verstärkt mit der automobilen Zielgruppe Frau zu beschäftigen. Das tun sie ja auch längst, geben es aber ungern offen zu.

Welche Merkmale schätzen Frauen denn nun an Autos besonders?

Neben einem gelungenen Design sind dies vor allem praktische Eigenschaften wie Ordnungssysteme im Kofferraum oder genügend Ablagen im Interieur, so Kortus-Schulte. „Ein eher kompakter Wagen mit ein paar Assistenzsystemen, vor allem aber mit Klimaanlage, Lenkradheizung und einer komfortablen Stereoanlage mit Freisprechsystem“ steht für Dieter Fess auf der Wunschliste der Frauen. Der Geschäftsführer von Bähr und Fess Forecasts stellt fest, dass Lederausstattung und Bordcomputer laut jüngster Umfragen eine eher unerhebliche Rolle bei Frauen spielen. Ebenso wenig wie der Wunsch, unbedingt die jeweils neueste Modellgeneration zu besitzen. Als bei Frauen besonders beliebte Karosserieform hat Nick Margetts vom Marktbeobachter Jato Dynamics das SUV ausgemacht, wohl auch wegen der erhöhten Sitzposition. Das kann Kortus-Schultes nur bestätigen.

Überdurchschnittlich häufig besitzen Frauen in Deutschland einen Kleinwagen (4,2 Millionen) oder ein Fahrzeug der Kompaktklasse (3,6 Millionen). Das heißt aber nicht, dass sie nicht von größeren Autos träumen. Außerdem fahren sie auch gern schnell. „75 Prozent der von uns befragten Frauen wünschen sich mehr PS in ihrem nächsten Fahrzeug“, sagt Kortus-Schultes. Grundsätzlich seien Frauen weniger bereit als Männer, für ein neues Fahrzeug viel Geld auszugeben. Und sie informierten sich in der Regel später als Männer vor einem Autokauf. Während die sich bereits bis zu zwei Jahren vor dem Erwerb gedanklich mit dem neuen Fahrzeug beschäftigten, stiegen Frauen erst ein halbes Jahr vor dem Kauf gezielt in die Planung ein, hat „Frau und Auto“ herausgefunden.

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