Kommentar: Das Wahlgeschenk

Hoffentlich ist nicht zu schön, um wahr zu sein, was uns das General-Motors-Management letzten Donnerstag überraschend präsentiert hat: die angebliche Entscheidung, Opel zu 55 Prozent an Magna zu verkaufen. Die Bundeskanzlerin jubelte und färbte schön, was das Zeug hält. Es sei die Entscheidung gefallen, die die Bundesregierung angestrebt habe. Kein Wort davon, dass mit dieser Entscheidung noch kein Vertrag unterzeichnet ist und sich bereits im Vorfeld langwierige weitere Verhandlungen abzeichnen. Es scheint, als ob die GM-Manager sich tatsächlich bereit erklärt haben, der Kanzlerin eine Art Wahlgeschenk zu machen und der Öffentlichkeit in Deutschland zu suggerieren, bei Opel wäre alles in trockenen Tüchern.

Davon kann keine Rede sein. Zwar hat jetzt im GM-Management jene Fraktion gewonnen, die für einen Teilverkauf war, aber im Laufe der nächsten Monate könnte beim Verhandeln und einem sich möglicherweise abzeichnenden Davonschwimmen der GM-Felle die andere Fraktion wieder an Macht gewinnen. Dann wäre wieder alles offen. Denn es ist doch klar: Angeblich sind die Verhandlungen zwischen allen Beteiligten abgeschlossen gewesen. Jeder Bieter hatte sein Angebot abgegeben, die Bundesregierung hat ihre Bedingungen gestellt, und alles war entscheidungsreif. Der Eindruck entstand, dass das Thema „endverhandelt“ war. Dann ist es doch völlig unlogisch, wenn jetzt von GM-Seite schon wieder darauf verwiesen wird, dass noch schwierige Verhandlungen zu meistern seien. Damit sagen die Amerikaner doch eindeutig, dass nichts klar ist, außer der unverbindlichen Entscheidung, wenn, dann an Magna zu verkaufen.

Das ist ein bisschen zu wenig, um jetzt schon zu jubeln wie die Kanzlerin. Wer amerikanische Verhandlungspartner oder besser -gegner kennt, der weiß, dass ohne Unterschrift noch alles offen ist. Auch der absolute Rückzug von bisher ausgehandelten und geklärten Positionen. Es wäre ein Wunder, kämen die Parteien diesmal schnell zu einem „endgültigen“ Abschluss. Offenbar tatsächlich eine Art Wahlgeschenk für Merkel, um den Druck aus dem Kessel abzulassen. GM hat mit dieser Pseudo-Entscheidung zunächst mal alle beruhigt. Die Mitarbeiter, die Betriebsräte, die Politik und die Öffentlichkeit. Jetzt kann man sich Zeit lassen, die Folterwerkzeuge neuer Forderungen in Position zu bringen.

Dass ausgerechnet Manfred Wennemer, Ex-Conti-Chef und Mitglied der Opel-Treuhandgesellschaft das Fazit zieht, dass nun das gesamte Risiko auf den Schuldern der Steuerzahler liege, sollte nachdenklich machen. Er ist skeptisch, weil er Opel insgesamt mit jährlich 1,5 Millionen produzierten Fahrzeugen für nicht groß genug hält. Darüber kann man geteilter Meinung sein. Viel größer wiegt das Risiko durch die Mutter GM selbst. Zwar hätte Magna künftig das unternehmerische Risiko und die Führungsverantwortung, niemand zweifelt aber daran, dass sich GM immer nur den eigenen Interessen unterwerfen wird. Obwohl GM dann Minderheitsaktionär wäre, gehen Fachleute davon aus, dass die Opel-Produktstrategie weiter in Detroit verabschiedet werden dürfte.

Dass man sich beim eigentlichen Gewinner Magna nur sehr zurückhaltend freut und in Bezug auf weitere Verhandlungen eher skeptisch ist, dürfte ein deutlicher Hinweis darauf sein: Opel ist noch lange nicht gerettet. Die Bundesregierung ist der eigentliche Gewinner, denn sie hat vor der Bundestagswahl ein unbequemes Thema weniger auf dem Tisch. Alles, was danach kommt, kann das Wahlverhalten der Bürger nicht mehr verändern.

 

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