Kommentar: In der Zwickmühle

Während General Motors (GM) in Washington gemeinsam mit Chrysler um eine zweite Chance kämpft, flammt in Deutschland die Diskussion um eine Hilfestellung für Opel erneut auf. Die Marke ist in Deutschland so stark, die Zahl der Arbeitsplätze in den vier betroffenen Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Thüringen so groß, dass niemand an ein Sterben der 100-prozentigen GM-Tochter Opel denken mag.

Allen Beteiligten ist klar, dass irgendeine Form von Loslösung der Opel-Aktivitäten vom Mutterkonzern Voraussetzung für eine nationale Rettungsaktion sein muss. Opel müsse zunächst einmal ein eigenes Konto haben, bevor man der Marke Geld überweisen oder Garantien zuweisen könne, heißt es. Der GM-Sprecher stellte gestern in Detroit erst einmal klar, dass ein Verkauf von Opel nicht in Frage komme. GM braucht nicht nur die Überweisungen der Gewinne von Opel. Mehr noch als das Geld benötigt GM die Technologien aus Europa. Man kann sich unschwer vorstellen, dass zu den Sanierungsplänen, die GM-Chef Rick Wagoner heute in Washington präsentiert, auch eine ganze Kollektion an kleinen und verbrauchsoptimierten Fahrzeugen gehört. Die Technologie dazu und vermutlich auch ganze Fahrzeuge müssen aus Europa in die USA transferiert werden.

Aus Opel-Sicht haben die Dinge noch eine andere Perspektive: Die Patente, die Konstruktionen, die Markenrechte – alles gehört den Amerikanern seit rund acht Jahrzehnten. Wie gesagt, Opel hat nicht einmal eine eigene Kasse. Umso größer war die Freude, als GM noch im April 2008 – trotz damals schon riesiger Schulden – Opel neun Milliarden Euro für Investitionen in 20 neue Modelle bis 2012 zusagte.

Das nennt man eine „Zwickmühle“ oder – hochtrabender – eine tragische Situation. Im Moment kann keiner ohne den anderen. Geht GM in die Insolvenz, gehört Opel zur Konkursmasse. Übersteht GM die Krise, dann nur, indem sich der Konzern mehr noch als bisher auf Opel stützt.

Als die Diskussion um die lokalen GM-Marken Im November vergangenen Jahres begann, hegten Insider den Verdacht, die Mutter habe die Töchter losgeschickt, um aus ihren Regionen Hilfe zu bekommen. Der schwedische Staat hat dieses Ansinnen von Saab weit von sich gewiesen. Bei uns steht es nun wieder ganz oben auf der Tagesordnung.

Am 17. November 2008 noch hatte Carl-Peter Forster nach einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem damaligen Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) festgestellt: „Opel hat kein kurzfristiges Liquiditätsproblem.“ Es gehe dem Unternehmen darum, dass auch unter den allerschlechtesten Bedingungen, falls die Finanzströme aus den USA nicht mehr fließen, die Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden könne. Forster damals: „Es geht nicht um Subventionen, sondern um einen Schutzschirm für den allerschlimmsten Fall“. Heute wird sogar eine Beteiligung des Staates nach dem Muster des von Brüssel bekämpften VW-Gesetzes diskutiert, bei dem das Land Niedersachsen eine Sperrminorität von 20 Prozent hält.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla lässt sich in den Medien zitieren mit: „Es muss ein Zukunftskonzept für Opel Deutschland vorliegen, das deutlich macht, dass sich Opel Deutschland im Markt behaupten kann.“ Da stellt sich doch gleich die Frage, wer zu Opel Deutschland gehört. Können die Deutschen wirklich überleben ohne die Marke Chevrolet, die für GM erfolgreich in den Osten Europas gezogen ist? Auf Saab wird man wohl verzichten können, auch wenn die neuen Modelle der Schweden auch in Deutschland Auslastung in die Werke gebracht hat und noch mehr bringen soll. Der aktuelle Kleinwagen-Boom und der Erfolg des Mittelklasse Modells Insignia (Auto des Jahres 2008) sind zwar ermutigend. Aber reicht das oder kommen gar die Visionäre zum Zug, die Anfang der Woche ein Zusammengehen von BMW, Daimler und Opel sinnvoll fanden?

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