Motorradtest: BMW HP4 – Die Quadratur auf Gummiwalzen

Bis vor kurzem schien ein Motorrad vom Schlage der neuen BMW HP4 ebenso unerreichbar wie die berüchtigte Quadratur des Kreises: Einerseits ein reinrassiger Supersportler, der mit 199 Kilogramm Leergewicht bei 142 kW/193 PS in Sachen Leistungsgewicht jeden Supersportwagen behäbig aussehen lässt. Andererseits bietet die HP4 mit ihren Regelsystemen reichlich Sicherheit und Komfort. Sie lässt sich mit durchzugsstarkem Motor, leichtgängigen Hebeln und sanft dosierbaren Bremsen selbst im schlimmsten Stop-and-Go-Verkehr entspannt bewegen. Zur Krönung all dessen liegt ihr Preis von 20.500 Euro in fairen Regionen – zumindest verglichen mit der Supersport-Konkurrenz aus Italien und Japan.

Die HP4 basiert auf der S 1000 RR, den BMW-Bestseller unter den aktuellen Supersportlern. Seit drei Jahren dominiert das Vierzylinder-Bike die Klasse der Rennmotorräder mit Straßenzulassung. Die ehemalige Domäne von Japanern und Italienern zu beherrschen, reichte BMW aber offenbar nicht, denn mit der HP4 (steht für „High Performance“ und vier Zylinder) setzten die Bayern jetzt noch was drauf: 14 Kilogramm weniger Ballast dank reichlich Carbonfaser und Titan, dazu die ausgefeiltesten Regelsysteme, die je ein Motorrad auf Abruf bereit hielt, besser dosierbare Bremsen von Brembo und [foto id=“448495″ size=“small“ position=“left“]spürbar mehr Durchzugskraft bei mittleren Drehzahlen. So lässt die BMW HP4 ihre Schwester S 1000 RR klar hinter sich und fährt sich trotzdem auf Wunsch entspannter.

Besonders beeindruckend

„Dynamic Damping Control“ (DDC) heißt das von BMW entwickelte elektronische Fahrwerk, das die Dämpfung automatisch jedem Fahrzustand anpasst. Je nach Laune des Piloten oder Beschaffenheit des Asphalts schaltet DDC ultraschnell von weich auf hart und wieder zurück – und ermöglicht so den ungestraften schnellen Ritt über Schlaglöcher oder Verkehrsberuhigungs-Schweller, kurz nachdem die Dämpfer in schnellen Landstraßenkurven noch extrem verhärtet waren. Die Ingenieure von BMW Motorrad konnten sich beim Know-how der Autokollegen bedienen, und so schwingt auch ein Stück M3 oder M5 mit, wenn die HP4 ihre elektronischen Regelsysteme einsetzt.

Neben DDC erleichtert den Ritt auf der Kanonenkugel: ein Race-ABS für kräftiges aber sicheres Bremsen, dynamische Traktionskontrolle DTC für ausreichend Bodenhaftung, Launch Control für den kontrollierten Schnellstart, Wheelie-Erkennung gegen ungewollte Hochstarts oder ein aus dem Rennsport entlehnter Schaltassistent. Je nach Können und Laune des Piloten [foto id=“448496″ size=“small“ position=“right“]stehen vier Fahrmodi bereit: „Rain“ für Vorsichtige auf rutschiger Fahrbahn, „Sport“ für beherzte Könner, „Race“ für wagemutige Heizer und schließlich „Slick“ für die Rennstrecke und echte Könner.

Egal, welche Vorwahl der HP4-Reiter getroffen hat; blitzschnell reagiert DDC, wenn sich zum Beispiel das Bike beim heftigen Anbremsen einer Spitzkehre versteift und für Stabilität sorgt. Oder es bringt Komfort zurück, indem eine plötzlich weiche Dämpfung derbe Schläge ausgleicht. Noch mehr als auf der Rennstrecke macht sich die dynamische Dämpfung auf öffentlichen Straßen positiv bemerkbar. Wechselnde Fahrbahnverhältnisse verlieren dadurch ebenso ihre Schrecken, wie das Aufeinanderfolgen von schneller Kurvenhatz und engen Ortsdurchfahrten. Wer sich in die Tiefen von DDC einzutauchen wagt, kann darüber hinaus das Fahrwerk manuell von in 15 Stufen feinjustieren.

Gewaltig ist der Sound der HP4

Der serienmäßige Sportauspuff vom Spezialisten Akrapovic brüllt ungeniert den Vierzylinder-Krawall hinaus, der ab 3.500 U/min Mark und Trommelfell erschüttert. Die Drehfreude des Einliter-Triebwerks hat erst bei 14.200 U/min ein Ende, 1.200 Touren zuvor liegt die Maximalleistung an. Aber auch deutlich darunter steht stets genug Leistung zur Verfügung, um auf hohes Tempo zu kommen. Die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit bemerkt man erst beim Blick auf den Tacho, denn mit [foto id=“448497″ size=“small“ position=“left“]diesem souveränen Motorrad wirkt das gefühlte Tempo immer deutlich niedriger. Die Sitzposition in 82 Zentimeter Höhe ist dabei selbst auf Dauer überraschend komfortabel.

20.500 Euro sind natürlich viel Geld

Wenn man sich aber vor Augen führt, was die BMW HP4 dafür bietet und wie viel die Supersport-Konkurrenz im Vergleich dazu kostet, so ist der Preis durchaus fair. Im ultimativen Sport-Outfit kostet der bayerische Überflieger 23.700 Euro – das „Paket Competition“ enthält unter anderem zahlreiche Carbonteile, Räder in Racingblue-Metallic, klappbare Brems- und Kupplungshebel sowie einstellbare Fußrasten für den Fahrer. Aber selbst damit bleibt der Supersportler BMW HP4 auf Wunsch ein pflegeleicht zu fahrendes Bike.

Datenblatt: BMW HP4

Motor: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Motor mit vier Ventilen pro Zylinder, Hubraum 998 ccm, Leistung 142 kW/193 PS bei 13.000/min, max. Drehmoment 112 Nm bei 9.750/min, Sechsgang-Getriebe mit Schaltassistent
Fahrwerk: Aluminium-Brückenrahmen; vorn voll einstellbare Upside-Down-Gabel (46 mm); hinten verstellbares Zentralfederbein, Druck- und Zugstufe der Dämpfung elektronisch verstellbar über DDC; Zwei-Scheibenbremse vorn (320 mm), Scheibenbremse hinten 220 mm, Race-ABS
Maße und Gewichte: Radstand 1,42 Meter, Sitzhöhe 0,82 Meter, Leergewicht 196 kg, Tankinhalt 17,5 Liter
Preis: 20.500 Euro (mit „Paket Competition“ 23.700 Euro)

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