Toyota Camry: Sonntags gewinnen, Montags verkaufen

Als Sport sind NASCAR-Rennen so amerikanisch wie Baseball oder American Football. Die Geschichte reicht bis in die Tage der Prohibition zurück. Zwischen 1919 und 1933 herrschte in den Vereinigten Staaten ein striktes Alkoholverbot, das auf politischen Druck der damals verbreiteten Enthaltungsbewegung eine gesetzliche Grundlage erhalten hatte.

Von der staatlich erzwungenen Enthaltsamkeit profitierten nicht nur Schwarzbrenner, Schmuggler und das gesamte organisierte Verbrechen, auch die Autobranche erhielt während der Prohibition frische Impulse. Es galt, einen rasch wachsenden Bedarf an potenten Fahrzeugen zu decken, die auf Schmuggeltouren des Selbstgebrannten („Moonshiner“) den Nachstellungen der Polizei dank leistungsgesteigerter Motoren und [foto id=“421497″ size=“small“ position=“left“]begabter Fahrer die Rücklichter zeigen konnten. Natürlich lag schnell die Frage in der Luft: „Wer ist der Schnellste?“

Um die Antwort zu finden, organisierte ein gewisser Bill Frances Jr. zum ersten Mal 1938 auf einem abgesperrten Kurs am Strand von Daytona Beach ein Rennen für derart aufgemotzte „Stock Cars“ und belohnte den Sieger mit einem Kistchen Zigarren und natürlich einem guten Fläschchen. Bill Frances, der bei diesem Wettbewerb den fünften Platz errang, erkannte die finanziellen Möglichkeiten, die in einer kompletten Rennserie mit solchen Fahrzeugen steckten. Der Zweite Weltkrieg verhinderte die geplante Organisation. Am 17. Dezember 1947 traf sich Bill Frances deshalb mit Vertretern der beiden wichtigsten Rennorganisatoren des Ostens und des mittleren Westens in einer Bar. Nach einer nicht verbrieften Zahl von Drinks war die NASCAR gegründet. Das erste offizielle Rennen des Sprint Cup fand am 19. Juni 1949 auf dem „Charlotte Speedway“ in Charlotte, North Carolina, statt. NASCAR (National Association for Stock Car Auto Racing) bildet seitdem den grüßten amerikanischen Motorsportverband. „Stock Car“ bedeutet übersetzt „Serienfahrzeug“. Landesweit finden jedes Jahr mehr als 2.000 Rennen statt, die nach Ligen organisiert sind, wie im Fußball. Die Topserie, sozusagen die Bundesliga, bildet der „Sprint Cup“.

Das Reglement sah von Beginn an seriennahe Fahrzeuge als Teilnehmer vor. Damit war der „Sprint-Cup“ für Massenhersteller wie Chrysler, Chevrolet, Buick, Ford, Oldsmobile, Dodge oder Pontiac attraktiv, weil sich eine breite Zielgruppe mit diesen Autos identifizieren konnte. Es prägte sich das geflügelte Wort der Autohändler: „Win on Sunday, sell on Monday“ („Gewinne am Sonntag und verkaufe am Montag“). Diesen Gesetzmäßigkeiten der Rennserie und des Marktes unterwirft sich auch Toyota ohne Wenn und Aber. Die [foto id=“421498″ size=“small“ position=“right“]Japaner sind in den USA längst als einheimischer Hersteller angekommen und akzeptiert. Deshalb ist es für Toyota gleichermaßen Ehre und Pflicht, ihren Bestseller Camry im „Sprint Cup“ an den Start zu bringen.

Die einzelnen Veranstaltungen des „Sprint Cup“ sind mehr als bloße Autorennen. Die Verantwortlichen arrangieren die Rennwochenenden als Ereignis für die ganze Familie. Um die Identifikation von Fahrern und Autos zu erleichtern, verfügen die Autos über eine unverwechselbare Lackierung in den Sponsorfarben. Kooperationen zwischen Sponsoren mit Fahreren oder Teams bestehen teilweise seit Jahrzehnten. Damit ist gewährleistet, dass die Begeisterung für NASCAR auch bei den Fans den Sprung von Generation zu Generation schafft.

Bei einem modernem NASCAR-Fahrzeug wie dem Toyota Camry, spannt sich eine dünne Karosserie-Haut über einen massiven Gitterrohrrahmen, der dem Fahrer umfassenden Schutz bietet. Wichtig ist, dass die Karosserielinie des Rennautos exakt dem des Serienmodells entspricht. Dagegen verharrt die Motorentechnik auf dem Stand der späten Sechziger. Das strenge Reglement schreibt 5,7 Liter Hubraum und eine maximale Drehzahl von 8.000/min vor. Einen regelrechten Anachronismus verkörpern die Vergaser, die noch immer für die Gemischaufbereitung sorgen. Vergaser haben in der Serientechnik schon seit rund zwei Jahrzenten ausgedient, weil sie keine geregelte Abgasreinigung ermöglichen. Die interessiert die NASCAR-Fans auch ungefähr genauso, wie eine Kalorientabelle neben einem Porterhousesteak.

Die Motoren entlassen ihre 800 PS ohne jedes elektronische Fahrstabilitätsprogramm an die Hinterachse. Schalldämpfer für die Auspuffanlage sind darüber hinaus auch nicht vorgesehen, sodass NASCAR-Fahrzeuge [foto id=“421499″ size=“small“ position=“left“]für den atemberaubendsten Sound im Rennsport sorgen; frei nach dem Fan-Motto: „If your ears dont´s bleed, it`s no fun.“ („Wenn deine Ohren nicht bluten, macht es keinen Spaß“).

Eine Saison im Sprint Cup umfasst 36 Läufe. Gefahren wird praktisch an jedem Wochenende. An den Start gehen jeweils 44 Fahrzeuge. Die Leistungsdichte ist so eng, dass sich die Rundezeiten im Training manchmal im Bereich von einer Sekunde bewegen. Somit hat auch der 22. oder 35. Starter eine reelle Chance, ein Rennen zu gewinnen. Die meisten Rennen finden auf 0,5 bis 2,5 Meilen langen Ovalkursen statt und führen über eine Distanz von 500 oder 600 Meilen.

Der Saisonauftakt findet im Februar in Daytona Beach, Florida, der Wiege des NASCAR, statt. Die „Daytona 500“ auf dem 2,5 Meilen (4.000 Meter) langen Tri-Oval mit drei überhöhten Kurven zählte, neben dem „Superbowl“, dem Endspiel im American Football, oder den Eishockey-Finals des Stanley Cups zu den publikumsträchtigsten Sportveranstaltungen in den USA. Es ist das „Great American Race“. Die Tribünen fassen knapp 170.000 Zuschauer. Den Ritterschlag als ur-amerikanisches NASCAR-Auto erhielt der Camry in diesem Jahr, als die Limousine die Ehre hatte, als Pace-Car das Feld in Daytona ins Rennen zu führen.

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