Vorsicht Übergewicht! Wenn der Pkw zum Packesel mutiert

Urlaubszeit ist Reisezeit und für den eigenen Pkw oftmals die Herausforderung schlechthin, wenn er zum Packesel wird. Denn was bei Flugreisen zu Hause bleiben muss, darf mit. Koffer mit mehr als 20 Kilo Gewicht sind kein Problem, und sperriges Freizeitzubehör wie Kanu oder Surfboard kommt kurzerhand aufs Dach, Räder finden Platz auf dem Gepäckträger der Anhängerkupplung. Dabei sind die Grenzen schneller überschritten, als mancher glaubt. Die GTÜ warnt vor den Folgen und gibt Tipps für die richtige Beladung.

Die Experten der Stuttgarter Prüf- und Sachverständigenorganisation rechnen vor, wie viel Gewicht wirklich erlaubt ist. Die Zulassungsbescheinigung Teil 1 (ehemals Fahrzeugschein) sollte Klärung schaffen. Zulässiges Gesamtgewicht minus Leergewicht, in dem bereits 75 Kilo für den Fahrer enthalten sind, ergibt die maximal mögliche Zuladung für Mitfahrer und Gepäck.

Ein typisches Familienauto wie etwa der VW Passat Variant packt rund 560 Kilo. Das müsste reichen. Doch wer wirklich kräftig einladen will, sollte vorsorglich einen Blick auf die Bemerkungen und Ausnahmen im Fahrzeugschein werfen. Dort steht fast immer fürs Leergewicht noch eine weitaus höhere Zahl: Abhängig von der Ausstattung des Fahrzeugs kann das Leergewicht eines Passat demzufolge auch 200 Kilo höher liegen. Luxus kostet in diesem Fall Zuladung. Von den ehedem 560 Kilo sind möglicherweise nur noch 360 Kilo übrig. Wenn jetzt zusammen mit dem Fahrer noch drei Erwachsene à 75 Kilogramm verreisen wollen, schlagen die mit 225 Kilo zu Buche. Verbleiben lediglich noch 135 Kilo Freigepäck für vier Personen; weniger als auf so manchem Interkontinentalflug selbst in der Economy Class erlaubt sind.

Der Rat: Vor der Fahrt erst einmal rauf auf die öffentliche Waage, von denen es in jeder Gemeinde meist wenigstens eine gibt (Adressen übers Internet oder über Gemeindeverwaltungen), ehe die Fahrt in den Urlaub startet. Nur so lässt sich korrekt ermittelt, wie schwer das eigene Auto wirklich ist und wie viel tatsächlich eingeladen werden darf. Volltanken zu wenigstens 90 Prozent nicht vergessen, denn auch der Sprit zählt dazu!

Eine andere Methode als Nachwiegen kennt im Übrigen auch die Polizei nicht, wenn sie ein überladenes Auto vermutet. Und dann zählen schlicht die Kilos: Wer sein Fahrzeug um mehr als 20 Prozent überladen hat, kommt nicht mit einem Verwarnungsgeld davon. Der aktuelle Katalog sieht dafür vielmehr Bußgelder ab 95 Euro mit entsprechenden Punkten vor.

Aber es geht nicht nur ums Gesamtgewicht, sondern auch darum, wie viel man auf Dachträger oder Anhängerkupplung respektive Heckklappe packen darf. Die GTÜ empfiehlt einen Blick in die Bedienungsanleitung des Fahrzeugs. Gewichtsgrenzen für Dach und Heck finden sich nämlich nicht in den Fahrzeugpapieren, sondern in der Regel nur in der technischen Datensammlung der Betriebsanleitung. Auch hier gilt: Die Limits liegen oft unter den Erwartungen. So packe ein Opel Corsa oder VW Golf keinesfalls vier Hollandräder à 20 Kilo, weil deren maximale Dachlast nur 75 Kilo betrage, rechnen die Stuttgarter vor. Auf die Mercedes A-Klasse dürften gar nur 50 Kilo rauf. Im Zweifel seien inklusive des Radträger-Eigengewichts sogar schon zwei Fahrräder zu viel.

Wer beim Packen vom Dach auf den Radträger für die Anhängerkupplung beziehungsweise die Heckklappe ausweichen will, sollte Vorsicht walten lassen. Bei speziellen Systemen für die Anhängerkupplung darf die sogenannte Stützlast nicht überschritten werden. Ein typischer Wert, etwa für Fords Kompaktvan C-Max: 100 Kilo. Für den Ford Focus gelten 75 Kilo. Da wird’s zumindest für den Transport von vier Tourenrädern schwierig, denn allein die entsprechenden Trägersysteme zur Montage auf der Anhängerkupplung wiegen bereits bis zu 25 Kilo und mehr.

Beim Biketransport an der Heckklappe mit auf den ersten Blick scheinbar unerschöpflichen Zuladungsmöglichkeiten zählt das auf die Hinterachse drückende Gewicht. Maximal zulässig beispielsweise beim Passat Variant: knapp 1.100 Kilo. Darin enthalten ist jedoch bereits das auf der Hinterachse lastende Fahrzeugeigengewicht. Im Ernstfall verkrafte mithin auch die Heckklappe nicht mehr Zuladung als das Dach oder die Anhängerkupplung, so die GTÜ-Experten.

Und noch ein Aspekt sollte nicht übersehen werden: Volle Beladung bedeutet stets Stress für die Reifen. Dringender Rat: Reifenluftdruck erhöhen! Je nach Antriebskonzept, Front-, Heck- oder Allradantrieb, empfehlen die Automobilhersteller bei Ausnutzen der zulässigen Zuladung achsweise eine Druckerhöhung zwischen einem halben und einem ganzen bar, in Einzelfällen sogar noch mehr (entsprechende Angaben an der Tankklappe oder im Türpfosten auf der Fahrerseite). Beispiel VW Passat Kombi, Frontantrieb: Im Normalfall werden bei Serienbereifung vorn und hinten 2,0 bar empfohlen. Mit fünf Personen und Gepäck sollte man die Reifen vorn auf 2,5 und hinten sogar auf 3,0 bar aufpumpen. Fahren mit zu wenig Druck ist allemal schädlich. Das Fahrverhalten wird schwammig, der Kraftstoffverbrauch erhöht sich unnötig und die Gefahr von Reifenschäden bis hin zu den gefürchteten Reifenplatzern steigt dramatisch an.

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