Mal kein Jubiläum

VW Passat: In 45 Jahren zum Maßstab seiner Klasse

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„Haben die Ingolstädter sich schon wieder eingemischt?“ Die Empörung des Wolfsburger Technikers kam aus tiefstem Herzen. Der erste Volkswagen Passat war eben doch ein Derivat des Audi 80 und kein völlig eigenständiges Produkt der „Technischen Hochschule Wolfsburg“, wie Audi-Entwickler damals die äußerlich beeindruckenden Gebäude der Forschung und Entwicklung in Wolfsburg bespöttelten. Was war geschehen? Eine Kleinigkeit, aber eine typische, wie die Herren von VW sie in der Passat-Entwicklung offenbar täglich erlebten: Der Blinkgeber klackte laut. Die VW-Menschen hatten ihn lautlos haben wollen.

Startfeld im Schatten des Käfer

Das geschah 1973 bei der Pressevorstellung des ersten Mittelklasse-Vertreters der neuen Fahrzeug-Generation aus Wolfsburg. Der folgte auf die eigenen Fehlversuche, dem Käfer-Denken zu entkommen, zunächst mit dem ungeliebten VW 1500/1600 (gebaut zwischen 1961 und 1973), dem als Kuckuckskind empfundenen VW/NSU K70 (1970 bis 1975) und dem unglücklichen Versuch, mit dem Volkswagen 411/412 (1968 bis 1974), das Konzept des Käfers auf die Spitze zu treiben.

Der Presse zeigte die Wolfsburger Pressemannschaft damals rund um den Bürgenstock in der Schweiz ein Fahrzeug, dass mit dem Audi 80 bis zur C-Säule technisch identisch war. Dahinter folgte ein Schrägheck, zunächst mit Kofferraumdeckel, später mit großer Heckklappe. Verantwortlich für den Audi 80 zeichnete damals in Ingolstadt ein Mann, der nicht nur Ingenieure in Wolfsburg später noch öfter verblüffen sollte: Ferdinand Piech.

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Mit italienischem Design der Konkurrenz davongefahren

Der italienische Designer Giorgio Giugiaro, der auch den Golf gezeichnet hatte, überarbeitete den Audi-Entwurf optisch zum Volkswagen B1, Passat genannt. Der neue Wagen kam sofort gut an. Wie beim Golf, schien der Markt auch beim Passat bereit zu sein, den Abschied von den alten Zeiten zu honorieren. Da saßen bei vielen Kunden die 9060 D-Mark für den Einstiegspreis offenbar locker. Die Benzin-Motoren, bei Audi als Mitteldruck-Motoren entstanden, leisteten bei 1,3 Liter Hubraum 55 PS und bei 1,5 Liter 75 PS oder im Spitzenmodell 85 PS. Wer so einen starken Passat TS besaß, hatte zwar noch keine Limousine der Oberklasse, aber er fühlte sich so. Das Image war deutlich besser als das des Audi 80, die Verkaufszahlen auch. Und sie stiegen weiter, als 1974 die Kombiversion mit dem Namen Variant dazukam.

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Doch die Zeit bleibt nicht stehen, die Preise schon gar nicht

Der aktuelle Passat B8 kostet mit mindestens 27 875 Euro – nominal gemessen an der D-Mark – sechs Mal so viel wie der B1, ist mehr als einen halben Meter länger, rund 20 cm breiter und zehn cm höher als sein Urahn. Der war mit einem Leergewicht von 880 bis 995 kg fast halb so schwer wie sein Nachfahr mit 1367 kg bis 1726 kg. Sein Basis-Benziner leistet 125 PS, der stärkste 280 PS. Beim Diesel reicht die Spanne von 120 PS bis 240 PS. Trotz der anderen Außenmaße, Gewichte und des Leistungsangebots liegt der Kraftstoffverbrauch beim B8 bei rund 50 Prozent der B1-Modelle. Für die Eco-Freunde gibt es auch eine Hybrid-Version, für die Frischluftfanatiker und Freizeitsportler die Alltrack-Version mit automatisch zuschaltendem Allradantrieb.

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Der Passat ist zum klassischen Geschäftswagen geworden

Für die großen Absatzzahlen im deutschen Markt sorgt allerdings damals wie heute der Passat Variant mit Fronantrieb. Dass die Zahl der Neuzulassungen aller Modellvarianten im vergangenen Jahr um rund ein Zehntel auf 72 430 Einheiten sank, hat vermutlich zwei Gründe: Das neue Modell erschien 2014 und nähert sich der ersten Modellpflege in der Mitte des Lebenszyklus, außerdem fällt so manche Kaufentscheidung, die früher nahezu selbstverständlich beim Passat geendet hätte, heute eher für ein SUV aus. Aber immerhin liegt der Passat nach dem Golf auf Platz 2 der deutschen Zulassungsstatistik und ist nach wie vor Liebling der Flottenchefs. Der Passat ist zum klassischen Geschäftswagen geworden, an dem sich alle anderen in dieser Klasse reiben müssen, selbst, wenn sie einen größeren Innenraum bieten können, wie zum Beispiel der Superb vom Konzernkollegen Skoda.

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Zum Maß der Klasse wird kein Modell automatisch

Das braucht viel Detailarbeit und großes Wissen um die Erwartungen der Käufer. Beim Passat hatte Volkswagen acht Fahrzeuggenerationen oder bisher 45 Jahre Zeit, die Messlatte in fast allen, zumindest in sehr vielen Kriterien höher als andere aufzulegen. Mit dem Mobilen Quer-Baukasten (MQB) steht nun ein überzeugend großer Innenraum zur Verfügung, die Zuladung und das Ladevolumen passen, die Variabilität lässt kaum Wünsche offen, die Qualitätsanmutung ist gut, liegt am oberen Rand der Klasse in Griffweite zur Premium-Erwartung. Das Fahrverhalten zeigt sich unauffällig sportlich und lässt sich vielfach variieren – und trotzdem erreicht der Passat in keiner Eigenschaft eine bemerkenswerte Ausnahmestellung. Aber in der Summe aller Eigenschaften kann ihm so schnell keiner das „Wasser“ reichen – ein typischer Volkswagen eben.

Dennoch gerät der Passat heutzutage mehr als andere VW in den Verdacht, die Langeweile kultiviert zu haben. Dabei hat er alles an Bord, was das moderne Infotainment bereithält bis hin zu einem virtuellen Cockpit, dass zuerst in einem Audi eingesetzt worden ist. Sein Angebot an Fahrer-Assistenzsystemen ist komplett, ebenso seine Vernetzung mit dem Internet und damit mit der Außenwelt.

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Der Passat ist sich für keinen Auftrag zu schade

Wir sind uns mit den meisten Passat-Käufern einig: Wir schätzen den Variant mehr als die Limousine, aus ganz rationalen Gründen, wie der Alltag immer wieder beweist: Auf dem Weg ins Büro noch schnell eine Tour für den anstehenden Familien-Umzug drehen und – nach dem Ausfall einer Flugverbindung – den Kollegen mit Gepäck vom Flughafen abholen. Selten gibt es derartig viel gleichzeitig zu transportieren. Aber unser Volkswagen Passat Variant 2.0 TDI hat damit keine Probleme. Ihm ist einerlei, ob kurvenreiche Bundesstraße oder schnelle Autobahn, ob Umzug oder kurzer Businesstrip mit kleiner Aktentasche im Keller unter dem Kofferraumboden. Manchmal muss es eben im Alltag ein bisschen mehr sein. Dann ist es gut, wenn ein Kombi vor der Tür steht.

Die Heckklappe schwingt beim Passat elektrisch betrieben nach oben, entweder nach dem Druck auf das VW-Logo oder nach einem deutlichen Tritt mit dem Fuß unters Heck. Die hintere Sitzreihe lässt sich an der Seite des Kofferraums entriegeln, klappt selbständig um und gibt eine nahezu ebene Ladefläche frei: Die ersten Umzugskartons, ein Teppich und einige Stücke einer Spielecke im neuen Haus sowie ein zwei Meter langes Ersatzteil für eine Schrankwand verschwinden im Heck. Und die beiden Businesskoffer des Kollegen am Flughafen passen auch noch hinein, alles arretiert mit dem Gepäck-Rückhaltesystem, das sich der leisten sollte, der öfter Ladung transportiert.

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Limousine oder Stufenheck

Wer bei einem Passat die Summe seiner Möglichkeiten rational abwägt, wird vermutlich entscheiden, wie die typischen Kunden: für den Variant mit dem 110 kW / 150 PS starken 2,0-Liter-TDI-Aggregat (Euro 6). Wer das komplette Spektrum an Fahrspaß aus seinem Passat herauskitzeln will, der wird vermutlich den Highline mit dem 206 kW / 280 PS bestellen, natürlich als Variant, denn man weiß es doch: Länge läuft.

Zumindest lief die Länge in den ersten Passat-Jahren. Der Kombi hatte den besseren Luftwiderstandsbeiwert, was dazu führte, dass er der Limousine mit zwei bis drei Extra-km/h wegfahren konnte. Da dem Kombi damals noch das Lastwagen-Image anhaftete, musste die Limousine schneller sein. Unwidersprochen blieb die damals laut geäußerte Vermutung, die Dachreling sei nur erfunden worden, um den Luftwiderstand des Variant zu verschlechtern. Auch Audi hat mit seinen schnellen Kombis dafür gesorgt, dass heute zumindest in Deutschland der Kombi ohne solche Lkw-Ressentiments gut leben kann.

So können wir in Ruhe auf die Modellpflege und den B9 warten. Der Passat wird auch danach noch das Maß der Dinge in der Mittelklasse bleiben. Schließlich siegen beim Autokauf dieser Klasse meist doch die rationalen Argumente über die Emotion.

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Daten Volkswagen Passat Variant 2.0 TDI Trendline

Länge x Breite x Höhe (m) 4,767 x 1,832 x 1,477
Radstand (m) 2,79
Motor R4-Benziner, 1968 ccm, Common-Rail-Turbodiesel mit NOx-Speicherkat
Leistung 110 kW / 150 PS bei 3500 U/min
Max. Drehmoment 340 Nm bei 1750 U/min
Höchstgeschwindigkeit 218 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 8,9 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch 4,3 Liter
CO2-Emissionen 112 g/km (Euro 6)
Effizienzklasse A (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung min. 1505 kg / max. 640 kg
Kofferraumvolumen 650 – 1780 Liter
Max. Anhängelast 2000 kg
Grundpreis 30 250 Euro (Trendline)

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