Die große Limousine als Oldtimer – V8-Geflüster

Lässig biegt die schwarze Limousine ums Eck, bollert dezent vor sich hin und erstickt jede Aufregung schon im Keim. Unter der Haube des Chevrolet Caprice steckt ein 5,7 Liter großer Achtzylinder – das Klangbild lässt keine Zweifel über die Antriebsart. Wenn Ami-Fan und Schrauber-Spezialist Georg Kaufmann aus Burscheid am Steuer dieses Fünfmeter-Plus-Schiffs sitzt, spricht sein Grinsen Bände.

Eigentlich ist er ja glühender Ford Mustang-Fan, aber die große Limousine aus dem Hause Chevrolet macht ebenso Spaß – und ist erstaunlich günstig. Man wird bereits für deutlich unter 10.000 Euro fündig in den einschlägigen Gebrauchtwagenbörsen. Kaufmanns Caprice jedoch dürfte wertvoller sein, handelt es sich doch um ein kaum 7.000 Meilen gelaufenes Exemplar aus erster Hand mit Jahreswagen-Charakter. Das hier besprochene Modell debütierte 1977 und wurde erst dreizehn Jahre später eingestellt. Neben einem Basis-Sechszylinder gab es zwei V8-Versionen – die kleinere davon war immerhin ein Fünfliter. Viel Leistung? Fehlanzeige – der stärkere 5,7er bringt es gerade mal auf etwas mehr als 170 Pferde. So genau muss man es nicht nehmen, bei der Umrechnung von SAE-PS (dabei sind die Nebenaggregate noch nicht berücksichtigt) auf DIN geht schon mal das eine oder andere Pony verloren.[foto id=“429515″ size=“small“ position=“left“]

Der Tritt auf das Gaspedal jedenfalls beansprucht keinen einzigen Nackenmuskel, aber genügend Vortrieb für sämtliche Verkehrssituationen gibt es allemal. Geschmeidig wechselt die Dreigang-Wandlerautomatik ihre Fahrstufen; der Tacho zeigt auch km/h, bei deren 140 ist allerdings Schluss. So schnell fährt man mit dem Flaggschiff ohnehin nicht, die synthetisch anmutende Servolenkung verdient eher die Bezeichnung „Peilung“ – also Vorsicht nicht nur auf der Geraden, sondern ebenso beim Schaukeln durch enge Kehren. Dazu passt die weiche, nachgiebige Sitzbank, auf die locker drei Personen passen. Bei der Längsverstellung muss der Beifahrer mit – Einzelsitze gibt es nicht. Auch keine elektrischen Fensterheber, sehr ungewöhnlich bei einem amerikanischen Luxusauto, waren die großen Kreuzer doch Vorreiter bei den elektrischen Helferlein. Dafür weht dem Passagier eine kühle Brise um die Nase, Klimaanlagen waren Standard.

Wie steht es um die Unterhaltskosten?

Generell gute Nachrichten für alle Freunde des Hubraums – alle bis 1982 zugelassenen und per Gutachten als erhaltenswert eingestuften Fahrzeuge bekommen schließlich ein H-Kennzeichen mit einem pauschalen Steuersatz von 191 Euro pro Jahr, das Zylindervolumen spielt dabei keine Rolle. Günstige Ersatzteilpreise bei amerikanischen Autos und solide Technik unter dem Blech – diese Punkte gelten auch für diesen großen Chevy.[foto id=“429516″ size=“small“ position=“right“]

In den Grundzügen gilt das auch für deutschen Offerten, die unter der Haube die Muskeln spielen lassen. Ähnlich empfehlenswert und für verhältnismäßig kleines Geld zu haben: die Mercedes S-Klasse der Baureihe W126. Das Spitzenmodell der ersten Serie hört auf den Namen 500 SEL, misst etwa 5,14 Längenmeter und leistet als frühe Version 240 PS – selbstverständlich DIN. Damit waren nachgerade sportliche Fahrleistungen möglich, und selbst für heutige Verhältnisse geht der 500er noch gut nach vorn. Unter acht Sekunden für den Sprint auf 100 km/h sind keine Kunst; im Vergleich zum amerikanischen Caprice ist der deutsche Luxusliner zwar nicht ganz so wankend unterwegs, aber präzise ist anders. Mit einem Hauch weniger Spiel in der Lenkung gibt das Schiff, das fürstliche Platzverhältnisse im Fond bietet, noch lange keinen Kurvenräuber. Im Basislayout geht das Fahrwerk noch auf jenes des Vorgängers W116 zurück, der ebenfalls eine Probefahrt wert ist. Vernehmliches V8-Bollern gibt es übrigens auch bei Mercedes, also daran sollte es nicht scheitern.

Als preislich interessant können sich auch Modelle erweisen, die kurz vor dem dreißigsten Geburtstag stehen. Wer damit leben kann, eine Zeit lang etwas mehr Steuern zu bezahlen – ein Problem, dem man jedoch mit einem Saisonkennzeichen entgegenwirken kann -, bekommt sogar für um die 5.000 Euro veritable Luxusgefährte in manierlichem Zustand. Eine Empfehlung ist beispielsweise Cadillac. Auch die kompakte, dritte Seville-Generation mit quer eingebautem V8 (je nach Baujahr zwischen vier und fünf Litern Hubraum) besticht mit hohem Attraktivitätsfaktor inklusive feinem Maschinenbau. Freunde der Achtzylinder-Klänge müssen die Ohren jedoch spitzen, denn GMs Nobelmarke bevorzugt leise Töne und sieht Fahrkomfort in Form absoluter Geräuscharmut als oberste Priorität an. Mit etwas mehr als 4,80 m Außenlänge gehört der dritte Seville zu den eher kompakten Amivertretern und passt somit in die grundsätzlich auf Abspeck-Kurs getrimmten Achtzigern.[foto id=“429517″ size=“small“ position=“left“]

Wie wäre es mit automobiler Kost aus den Neunzigern?

Der Siebener BMW mit dem internen Code E32 ist ein ganz heißer Kandidat zu kühlen Preisen. Als später 740i bietet das kompakte Topmodell höchsten Antriebskomfort und durchaus sportive Fahrleistungen mit moderner Fünfgangautomatik. Wer von dem 286 PS starken Vierliter jedoch auffällige Geräusche erwartet, muss eines Besseren belehrt werden: Das seidig laufende Aggregat flüstert nur so vor sich hin und gibt – zumindest akustisch – keinen Aufschluss über die Anzahl der Töpfe. Kennern fallen die großen, runden Auspuffendrohre in Verbindung mit der breiten Niere ins Auge, um die stärkere der beiden V8-Varianten (es gibt auch noch einen 730i) eindeutig zu identifizieren.

Wer noch günstiger, nämlich bereits für unter 1.000 Euro, an ein Achtzylinder-Fahrzeug kommen möchte, sollte nach dem Audi V8 Ausschau halten. Dann gibt es akustisch eindeutigen V8-Klang mit auf den Weg, der jenem der amerikanischen Varianten ähnelt. Kehrseite der Medaille: Die Fahrleistungen der 250 (3,6) respektive 280 PS (4,2) starken Allradler sind eher mäßig – am besten zu einer Version mit manueller Schaltung greifen, um dem Wandlerschlupf der Automatik zu entgehen. Die Topausgabe verfügt gar über fortschrittliche sechs Gänge. Leider tendieren die frühen Achtzylinder-Audis zu Motorschäden – besonders gerne reißt der Zahnriemen. Hier lohnt sich die Suche nach einem gepflegten Exemplar – so reizvoll leicht patinierte Oldtimer auch sind.

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