Cadillac

Fahrbericht Cadillac STS: Willkommen in Europa

Bei uns fristet die Tochter des größten Automobilherstellers der Welt General Motors ein eher bescheidenes Dasein. Das soll nun endlich anders werden, und das hat sich GM fest vorgenommen. Man möchte weg vom Image der luxuriösen Betulichkeit, die Cadillac bei den gut betuchten Über-Sechziger in den USA so beliebt gemacht hat und hin zu den jüngeren technikorientierten "early-adopters" (wie man die Frühnutzer neuer Techniken heute nennt). Diesem Zweck dient der rundum renovierte Cadillac STS als neues Flaggschiff der Marke.
Cadillac STS. Foto: Auto-Reporter/Cadillac
Klare Linien ohne viel Schnickschnack, ein bulliges Kühlergrill und LED-Heckleuchten kennzeichnen die neue Cadillac-Designlinie, die hausintern als "bold and edgy" – "kühn und messerscharf" bezeichnet wird. Zwar wirkt der STS weder kühn noch messerscharf gezeichnet, dafür aber solide verarbeitet und eine Spur extravaganter als die süddeutsche Konkurrenz.
Unter der Aluminiummotorhaube wartet entweder ein Sechszylinder oder ein Northstar V8-Aggregat auf den Druck auf den Startknopf. Ausgestattet mit einer variablen Ventilsteuerung bringt es der 4,6-Liter-V8-Motor auf 239 kW/325 PS bei 6400/min und ein maximales Drehmoment von 427 Newtonmeter bei 4400/min. Die Kraft gelangt über ein Fünfgang-Automatikgetriebe mit manueller Schaltgasse an die Hinterräder. Die neuen Cadillacs erreichen beeindruckende Fahrleistungen, die sich mit den Gegnern in der Luxus-Klasse, die sie anpeilen, jederzeit messen können. Der V8 sprintet in 6,2 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und erreicht elektronisch abgeregelte 250 km/h Spitze. Durchschnittlich (nach 1999/100/EG) konsumiert er 12,4 Liter Superbenzin, der Bordcomputer vermeldete nach normaler Fahrt rund 20 Liter pro 100 Kilometer – was der Wirklichkeit entspricht.
Ein ganz klein wenig beschaulicher geht es im 3,6-Liter V6 zu, der 189 kW/257 PS leistet. Nach 7,4 Sekunden liegt Tempo 100 km/h an, bei 229 km/h endet der Vortrieb. Beim Verbrauch steht er seinem großen Bruder nicht ein zehntel Liter Kraftstoff nach. Ein Tribut des hohen Gewichts von immerhin 1782 Kilogramm ohne Beladung. Beide Motoren bestehen komplett aus Aluminium, erfüllen die Euro 4 Abgasnorm und sind mit der variablen Ventilsteuerung VVT auf dem Stand der Technik.
Nicht selbstverständlich war bisher ein Fahrwerk, das den Stand der Technik repräsentierte. Hier hat Cadillac den größten Sprung nach vorn getan. Natürlich sind die Neuen komfortabel abgestimmt, aber sie liegen gut auf der Straße und stecken auch abrupte Ausweichmanöver klaglos weg. Denn beim Fahrwerk gibt sich der STS magnetisch. Zusammen mit Delphi entwickelte Cadillac bereits 1997 "MagneRide", ein variables Dämpfungssystem, das gänzlich ohne Ventile auskommt: Bis zu 1000 Mal pro Sekunde variiert die jüngste Entwicklungsstufe Magnetic-Ride-Control die Dämpfungsstärke ohne Zeitverzögerung.
Cadillac nennt das "Continuously Variable Real-Time Damping" kurz CV-RTD, was wörtlich übersetzt "kontinuierlich variable Echtzeit-Dämpfung" bedeutet und den Sinn der Sache etwas staksig beschreibt. Dabei ist die Funktionsweise des Systems relativ simpel: In den Stoßdämpfern befindet sich eine magnetische Trägerflüssigkeit aus Kohlenstoff und Silikon, die Eisenteilchen in zwei unterschiedlichen Größen enthält. Die elektronische Steuereinheit des Magnetic-Ride-Systems führt den elektromagnetischen Spulen in den Stoßdämpfern ununterbrochen elektrischen Strom zu. Je nach Bedarf legt eine elektromagnetische Spule eine Spannung an die Flüssigkeit und richtet die Eisenteilchen in einer faserigen Struktur aus, wodurch sich die Viskosität der Flüssigkeit ändert. Die Stromstärke bestimmt die Streckspannung der Flüssigkeit, die wiederum den Dämpfungswiderstand definiert. Je nach anliegender Spannung ist die Flüssigkeit mehr oder weniger flüssig und damit die Dämpferabstimmung weicher beziehungsweise härter. Im Vergleich zu herkömmlichen Systemen arbeitet Magnetic-Ride weicher. Der Fahrkomfort gerade auf unebenen Fahrbahnen erhöht sich gewaltig. Aber auch in Kurven zeigt sich der komfortbetonte Amerikaner außerordentlich spurtreu.
Luxus im Innenraum ist so selbstverständlich wie eh und je. Nun ist das Interieur außerdem noch exzellent verarbeitet. Die Cadillacs 2005 lassen von Ledersesseln über die Klimaanlage bis zur vollen Elektrifizierung nichts vermissen. Elektrisch verstellbare und belüftete Sitze, einen riesigen 8-Zoll-Bildschirm für die Navigation samt achtfach-DVD-Wechsler bietet das V8-Flaggschiff in der Topversion "Launch Edition" ebenso serienmäßig wie eine Bose-Stereoanlage und das Eukalyptusholz-Interieur. Auf Wunsch gibt es eine adaptive Geschwindigkeitsregelung, die das Fahrtempo auf der Autobahn auf die Geschwindigkeit vorausfahrender Fahrzeuge anpasst. Auch eine Bluetooth-Mobiltelefon-Schnittstelle für kabellose Kommunikation ist dort Serie.
Seit 2003 ist die niederländische Kroymans Corporation aus Hilversum für den offiziellen Import für Cadillac und Corvette in Deutschland und weiteren 26 europäischen Ländern verantwortlich. In den nächsten drei Jahren wollen die Niederländer 200 Millionen Euro in die Entwicklung der Marke und den Aufbau des Händlernetzes stecken. In exklusiven Cadillac Experience Centern in wichtigen deutschen Metropolen soll sich dann die geneigte Kundschaft demnächst für einen Cadillac begeistern. Noch ist das Filialnetz im Aufbau begriffen und soll in der finalen Ausbaustufe deutschlandweit rund 20 Center umfassen. Daneben sollen dann 120 weitere Stützpunkte für einen flächendeckenden Service sorgen. Für das laufende Jahr 2005 plant Cadillac europaweit den Verkauf von 4.000 Neuwagen, darunter 600 STS. Auf Deutschland entfällt die homöopathische Dosis von 120 Exemplaren, die zu einem großen Teil in die Händlerausstattung gehen. Für 2006 sind 200 Einheiten geplant, gerecht verteilt zu 100 Sechs- und 100 Achtzylinder. Der Einstiegspreis für den Cadillac STS 3.6 startet bei 45 950 Euro, der V8 kostet 57 950 Euro. 48 750 Euro kostet der Cadillac STS 3.6 "Launch Edition". Der V8 "Launch Edition" steht mit 60 750 Euro in der Preisliste. Sicherlich keine Schnäppchen, aber durchaus konkurrenzfähig zu den angepeilten Mitbewerbern Audi A6, Mercedes E-Klasse oder 5er BMW. Cadillac scheint in Europa endlich angekommen zu sein. (ar/mj/RPB)
Von Markus Jantzen/RPB
5. Juli 2005. Quelle: Auto-Reporter

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