Gastkommentar: Seltsam, dass wir uns das bieten lassen

Lieber Herr Schwerdtmann, Sie haben mit Ihrem Kommentar (Noch ein Wahlversprechen, vom 18. August 2009) ja so recht. Dass Herr Gabriel von den Themen wissenschaftlich nicht das Geringste versteht, über die er sich verbreitet, beweist er jeden Tag:

Bei der Bewertung von Automobiltechnologien, beim Wasserverbrauch in Deutschland, bei der Gefährdungseinstufung von Störfällen in Kernkraftwerken (so dämlich die Betreiber auch immer sein mögen) usw. usw.

Natürlich werden wir in einigen Jahrzehnten elektrisch fahren. Aber dahin ist noch ein langer Weg. Ende der 80er Jahre hatte der US-Senator Muskie Abgasstandards durchgesetzt, die wir Automobilingenieure mit Verbrennungsmotoren kaum für erfüllbar hielten. Was haben wir daher alles an „innovativen Technologien“ untersucht: Hybrid- und Elektrofahrzeuge – letztere sogar mit Batteriewechseltechnik (auch heute noch ein interessanter Ansatz) – Stirlingmotore, sogar Gasturbinen . . . Doch unbemerkt davon machten sich Otto- und Dieselmotore auf Erfolgstour und überholten all die erfolgsversprechenden Konkurrenten. Die Muskie-Werte sind übrigens heute längst überholt.

Beim Elektromobil – in dessen Entwicklung ich voll eingebunden war – hieß der Knackpunkt schon damals: „Batterie“. Zu schwer, zu teuer, zu stör- und temperaturanfällig (sie muss auch bei -20 °C noch funktionieren), und die Reichweite stimmte auch nicht. Und heute ist es nicht viel anders. Gewiss – die Lithiumionen-Batterie ist in der Gebrauchselektronik mittlerweile bewährt, selbst wenn sie hier und da mal explodiert. Doch haben Sie schon einmal fundierte Untersuchungen über ihre Lebensdauer als Leistungsbatterien im harten Automobil-Alltag gelesen? Wie sich die Kapazität über die Lebensdauer verändert (größer wird sie bestimmt nicht)? Bei einer – heute noch sehr optimistisch angesetzten – Reichweite von 500 km und einer Fahrzeuglebendsauer von 150 000 km muss sie mindestens 300 Ladevorgänge aushalten – ein Test unter realistischen Sicherheitsmargen müsste also von 1000 Ladewechseln ausgehen.

Was mich in diesem Zusammenhang besonders ärgert – Gabriel hin oder her – ist die Naivität mit der Bürger, Politiker und Medien all den unausgereiften Blödsinn hinnehmen. VCD, Greenpeace oder Deutsche Umwelthilfe – allesamt genauso Interessengruppen wie die Industrieverbände – verkünden Verbrauchswerte, Umweltbelastungen ohne fundierte Angaben über die Basis ihrer Aussagen. Und Bürger, Politiker und Medien schlucken zudem quantitative Aussagen über die Folgen des CO2-Ausstoßes, die sich aus keinem der heute verwendeten Klimamodelle rechtfertigen lassen. Wer behauptet, dass eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 2°C eine Absenkung der CO2-Emissionen um xx % erfordert, ist entweder dumm, ein Scharlatan oder er lügt – möge er nun Merkel, Schellnhuber oder Al Gore heißen. Seltsam, dass wir uns das bieten lassen.

Ihr Wolfgang Lincke

Der Stoßseufzer stammt von Dr. Wolfgang Lincke, der unter anderem die Entwicklung des Volkswagen Golf II und III sowie des Passat 3 und des Polo 2 verantwortete.

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