Mercedes-Benz

Hintergrund: „Im Premiumgeschäft vorn“ – Interview mit Daimler-Chef Dieter Zetsche

Im Gespräch: Daimler-/Mercedes Chef Dieter Zetsche über das Krisenjahr 2009, Kohlendioxid-Ausstoß, Märkte, die Formel-1 und das Jahr 2010:


Detroit – Es scheint, im Moment, sein Lieblingswort zu sein: Momentum. Wenn Dieter Zetsche es sagt, dann meint er damit die Situation im Augenblick, in den vergangenen Tagen, Wochen, Monaten. Das letzte Quartal jedenfalls, so der Daimler-/Mercedes-Chef jetzt im Gespräch bei der Autoschau in Detroit mit Blick auch auf den zwölfprozentigen Absatzzuwachs allein im Dezember, habe sich schon „sehr gut entwickelt“. Ihn persönlich traf es dabei freilich ziemlich hart, indem er sich beim Skifahren in Österreich zuletzt die Schulter gebrochen hat.

2009, bilanziert Zetsche mit einer mindestens noch drei Wochen die linke Schulter schonenden Westenmanschette, sei zweifellos ein besonderes Jahr gewesen. Für die ganze Welt, für die Autoindustrie, für Daimler. „Im Rückblick muss aber man sagen, dass wir eine Menge Hausaufgaben erledigt haben, so dass wir jetzt mit Zuversicht nach vorn blicken können.“ Die auch nötig scheint, denn die Schwaben haben im Krisenjahr weltweit mit gut einer Million abgesetzter Einheiten fast zehn Prozent weniger Autos verkauft. Audi rutschte mit rund 950 000 gut fünf Prozent ins Minus, BMW mit etwa 1,3 Millionen sogar über zehn.

Am schnellsten gewachsen

Da tröstet es den Mercedes-Mann, dass seine Marke unter den drei deutschen Premiumherstellern zuletzt die am schnellsten gewachsene sei. Jetzt gelte es einfach, dieses Momentum ins neue Jahr zu tragen auf einer „schon deutlich besseren Kostenbasis“, wozu auch die neuen Produkte beigetragen hätten, die erfolgreich aufgenommen[foto id=“124365″ size=“small“ position=“right“] worden seien im Markt – und eben das Momentum prägten. „Die Marke wird zudem wieder viel selbstbewusster wahrgenommen und gelebt. Bei der Qualität stehen wir in Summe sehr gut da, die Kundenzufriedenheit ist größer als jemals zuvor und wir gewinnen Werkstatttests jetzt sogar mit historischen Ergebnissen.“ Alles in der Tat in der Vergangenheit nicht gerade typisch für Mercedes. „Es sind dies aber die Grundlagen, die uns letztlich helfen, mit unseren Autos Erfolg im Markt zu haben.“ Motto künftig vielleicht, wie es Marketing- und Verkaufsvorstand Joachim Schmidt zuvor schon bei der Vorstellung des neuen E-Klasse-Cabrios auf der Bühne formuliert: The best or nothing. Das Beste oder nichts.

Kohlendioxid-Ausstoß, das weiß auch Autoboss Zetsche in Zeiten von Klima- und Umweltschutz, ist heute ein entscheidendes Thema. „Wir befinden uns da auf dem Weg, hier eine Führungsposition einzunehmen, was unser klares Ziel ist.“ Und zwar sowohl bei konventionellen als auch alternativen Antrieben, bei denen die Stuttgarter zumindest in Kleinserie schon einiges in die Produktion genommen haben und noch nehmen werden, Stichwort Elektro-Smart etwa oder Brennstoffzellen-B-Klasse.

Schon 2012 unter 140 Gramm

Die europäische Gesetzgebung sieht vor, dass im Flottendurchschnitt 130 Gramm Kohlendioxid-Ausstoß in einer Übergangsregelung von 2012 bis 2015 zu erzielen sind. „Wir werden diese Ziele bei weitem erreichen und schon 2012 unter 140 Gramm liegen“, kündigt Zetsche an. „Die großen Schritte, die BMW 2008 gemacht hat, haben wir 2009 gemacht.“

Im eigentlichen Premiumgeschäft von der C– über die E– bis zur S-Klasse sehen sich die Schwaben „deutlich vorn“. Aber sie bauen, von Smart abgesehen, weniger kleine Autos, planen deshalb auch, sich bei ihrer [foto id=“124366″ size=“small“ position=“left“]A-/B-Klasse neu aufzustellen. So sollen auf deren Plattform gleich vier ganz unterschiedliche und auch sportlichere Modelle entstehen. Was mögliche Partner im Kleinwagenbau betrifft, bestätigt Zetsche, „dass Renault dazu gehört“. Eine Entscheidung soll im ersten Halbjahr fallen.

Über längere Zeit China ganz vorn

Sicher ist sich der Konzern-Chef, dass es in den USA, wo die Smart-Verkäufe für Daimler zuletzt nach fulminantem Start doch massiv eingebrochen sind, wieder nach oben geht, auch wenn die jährlichen Neuzulassungen von einst bis zu 17 Millionen längst Geschichte sind. „Wir erwarten 2010 konkret einen Markt in der Größenordnung von 11,5 Millionen – von 10,3 Millionen kommend, was immerhin schon wieder zehn Prozent entspricht.“ Über längere Zeit glaubt Zetsche allerdings, dass die Wachstumsraten in China auf dem dann wohl größten Automobilmarkt der Welt deutlich höher sein werden. Mercedes ist dort Zetsche zufolge seit drei Jahren schon die am stärksten wachsende Marke, hat im November erstmals mehr als BMW verkauft und zuletzt mit fast 70 000 Einheiten sogar ein Plus von rund 65 Prozent geschafft. „Aber auf Dauer werden wir so sicher nicht jedes Jahr zulegen können.“

„Alles zusammen“, resümiert der Daimler-/Mercedes-Chef, „eine ganze Menge von Dingen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessert haben, was uns auch 2010 helfen wird.“ Sogar mit dem „Sahnehäubchen Formel-1“ und einem millionenschweren mehrmaligen Weltmeister-Piloten noch oben drauf. „Auch da haben wir uns anders entschieden als mancher Wettbewerber. Wir sind fest davon überzeugt, dass das eine gute Entscheidung war. Und die Tatsache, dass wir mit Michael Schumacher einen zusätzlichen Mitarbeiter gewonnen haben, wird zumindest die öffentliche Aufmerksamkeit sicherstellen.“ Die Formel-1 biete insbesondere für neue [foto id=“124367″ size=“small“ position=“right“]expandierende Märkte eine große Marketing-Plattform. „Ansonsten hatten wir immer vor, mit zwei Fahrern zu fahren. Und ich kenne keine Fahrer, die nicht für Millionenbeträge fahren würden. Ganz abgesehen davon, ist es der Rennstall, der die Fahrer heuert, und der Rennstall, der in Summe Erträge abwerfen wird.“

„Märkte werden nicht explodieren“

Wie das neue Jahr wird? „Nicht einfach“, so schätzt es Zetsche ein. „Die Märkte werden nicht explodieren. Wir sehen weltweit im Schnitt drei bis vier Prozent Wachstum, glauben aber, dass wir sogar mehr als das realisieren, sprich: auch Marktanteile gewinnen können.“ Die Schwaben wollen ab 2012 jährlich eine fünfstellige Zahl an Elektroautos bauen. Sie machen laut ihrem Vorstandsvorsitzenden jetzt schon über 30 Prozent mehr Umsatz als etwa Audi, gehen „unabhängig von der höheren Einsicht verschiedener Professoren“ davon aus, dass sie 2010 auch mehr Autos verkaufen als beispielsweise ihre Konkurrenz aus Ingolstadt. „Das muss nicht zwingend in jedem Jahr so sein, aber mittel- und langfristig wird es so bleiben.“ Das Wachstum soll dabei im Einklang mit der Wirtschaftlichkeit stehen. Von einem Momentum spricht Dieter Zetsche da jedenfalls nicht.                     

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