Hyundai

Thomas Bürkle – Die Kunst der fließenden Linien

Fluidic Sculpture – die Kunst, fließende Linien im Exterior-Design als Markenzeichen zu entwickeln und durchzusetzen: So beschreibt Thomas Bürkle die Designphilosophie, die er als Leiter des europäischen Hyundai-Designcenters in Rüsselsheim verwirklicht. Die Möglichkeit, etwas vollkommen neues weitgehend eigenverantwortlich zu gestalten, kommt nicht allzu oft. Als der heute 51jährige Hesse im Jahre 2005 die Chance erhielt, ein komplett neues Designstudio der aufstrebenden koreanischen Marke in Deutschland zu leiten, brachte er bereits das dafür nötige Rüstzeug mit. Denn zuvor war Bürkle Mitglied im Design-Team des kontroversen, eigenwillig-kreativen Amerikaners Chris Bangle bei BMW. Während Betrachter in die Heckpartie des Hyundai i30 der ersten Generation noch gewisse Ähnlichkeiten mit dem ersten BMW 1er erkennen wollten, setzte Bürkle rasch komplett eigenständige Entwürfe durch. Fluidic Sculpture ist auch eine geglückte Emanzipation Bürkles nach der BMW-Zeit.

Diese Neuinterpretation einer fließenden und dennoch nicht verspielten Linie, kraftvoll und geprägt durch markante Charakterlinien und Lichtkanten, beeindruckte auf Anhieb. Denn bei Hyundai war zuvor kaum eine konsistente Linie erkennbar. Seit Anfang der achtziger Jahre hatten Modelle wie Sonata, [foto id=“381586″ size=“small“ position=“left“]Pony oder Grandeur eine Aura der Verwechselbarkeit gepflegt, weit abseits von Grandezza und Esprit. Wichtig ist dem an der FH Pforzheim ausgebildeten Bürkle die Interpretationsfreiheit seiner Mannschaft im Rahmen des vorgegebenen „Fluidic Sculpture“-Themas, das mittlerweile zur Markenidentität gehört. Als herausragenden Meilenstein des europäischen Hyundai-Designs unter seiner Ägide nennt Bürkle das Concept Car „HED 6 ix-onic“ vom Genfer Salon 2009. Dieser Vorläufer des Kompakt-SUV ix 35 bündelte alle kommenden Ideen: erstmals sah das Publikum den imposanten Hexagonal-Kühlergrill in ausgefeilter, endgültiger Formensprache. Mit Hingucker-Details wie den messerscharfen Kanten oberhalb der Radhäuser: „Die wirken wie ein gespannter Muskel über den Rädern“, so Bürkle.

Ebenso wegweisend wie der ix-onic war das Concept „HED 7 i-flow“ von 2010. Der Vorläufer des aktuellen, vom Markt inzwischen positiv aufgenommenen i40 entstand in Zusammenarbeit mit dem Chemiekonzern BASF: „Mit dem i-flow wollten wir das Fluidic-Sculpture-Thema offensiv positionieren“. Wichtig bei dem anspruchsvollen Kombi: „Die Proportionen müssen stimmen“.

Bei Bürkles jüngsten Serien-Schöpfungen, dem Mittelklassewagen i40 als Kombi und Limousine sowie auf der IAA in zweiter Generation gezeigten Kompakt-Bestseller [foto id=“381587″ size=“small“ position=“right“]i30, ergibt sich neben dem ix35 ein schlüssiges optisches Familien- und Wiedererkennungs-Konzept. Schlichtes Kopieren à la China, ob nun aus Ehrfurcht oder Mangel an Inspiration, ist den Rüsselsheimern fremd: „Wir beschreiten sowohl bei den Concept Cars als auch in der Serie einen progressiven Weg und wollen keine Nachahmer sein. Dazu gehört, auch mal einen Trend in Gang zu setzen.“ Ein Beispiel: den hexagonalen Frontgrill, von Wettbewerbern immer wieder aufgegriffen, entwarf Thomas Bürkle bereits 2005/2006 für den „HED 2 Genus“. Der wiederum war beim Zusammenspiel der Proportionen Vorbild für die neue i40-Produktlinie.

Was bringt die Zukunft – gibt es im Produktportfolio Raum für sportliche Derivate? „Für einen Designer ist es immer spannend, ein Coupé oder Cabrio zu entwerfen. Damit rennen sie bei uns offene Türen ein“, merkt Bürkle mit einem hintergründigen Schmunzeln an. Größte Herausforderung ist die [foto id=“381588″ size=“small“ position=“left“]harmonische Gestaltung eines Klapptops bei Festdach-Cabrios. Und wie steht es um die vieldiskutierte urbane Mobilität? Bürkle verspricht für den kommenden i10 einen großen Designsprung. Die Arbeit der 50 Mitarbeiter starken Designmannschaft in Deutschland wird aus Korea nach Kräften unterstützt. 300 Designer arbeiten im koreanischen Entwicklungszentrum, 50 sind es in den USA. Neue Kreativ-Dependancen in China und Indien sind im Aufbau begriffen. Die vielgeschmähten Kunden-Clinics begreift Bürkle, in Auftritt und Habitus weit vom Klischee des Designer-Paradiesvogels entfernt, als nützliche Hilfestellung. „Ich beobachte bei unseren Zielgruppen eine hohe Design-Affinität. Diese Car Clinic-Tests führen wir ja nicht zur Formfindung durch, sondern dort geäußerte Meinungen geben uns nochmals Anhaltspunkte.“ Thomas Bürkle denkt sogar darüber nach, Car Clinics im Designprozess früher zu verankern: “ Da müssten wir dann mit 3D-Techniken arbeiten. Es gibt Kunden, die erstaunlich gut mit virtuellen 3D-Animationen umgehen.“

Wie kommt jemand zum Design als Lebensaufgabe? Der Lehrersohn erinnert sich an seine Schulzeit: „Da hab´ ich auf die Schultische immer wieder Autos gemalt – Designer zu werden war von Anfang an [foto id=“381589″ size=“small“ position=“right“]mein Traum.“ Den väterlichen Strich-8-Mercedes hatte Bürkle Junior ins Herz geschlossen, wie überhaupt die Marke mit dem Stern privat eine bedeutende Rolle spielt: In der Garage steht ein aufwendig restauriertes Mercedes Cabrio der Baureihe W 111 – in silber mit roten Ledersitzen. Als Traum-Mercedes im Sinne der noblen Ausstrahlung bezeichnet Thomas Bürkle den Repräsentations-600er (W 100) in der Landaulet-Version, und im heimischen Bücherregal steht ein Modell des 300 SLR. Inspiration bezieht Bürkle auch aus der Arbeit des legendären Daimler- und BMW-Designers Paul Bracq. Darüber hinaus faszinieren ihn Sportwagen aller Art: „Die Ferraris der sechziger Jahre zählen dazu, außerdem der Lamborghini Countach, das war ein absoluter Hammer.“ Unterhalb der Supercar-Liga sind es Fiat X1/9, Alpine A110 oder der Rundheck-Spider von Alfa Romeo, die ihn begeistern – und ganz sicher auch bei kommenden Projekten inspirieren.

 

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