Alfa Romeo

40 Jahre Alfa Romeo „Alfasud“: Genial daneben

Bei seiner Markteinführung galt der Alfa Romeo „Alfasud“ 1972 als geniale Schöpfung. Zwei Jahre vor dem VW Golf etablierte er in der unteren Mittelklasse die bis heute gültige Formel für kompakte Limousine: Frontantrieb, geräumigen Innenraum, steiles Heck mit großer Klappe. Dazu gesellte sich beim Alfasud italienisches Flair und eine Prise Sportlichkeit.

Doch bei der Umsetzung patzten die Italiener. Und da in diesen Tagen alle vom neuen VW Golf in der siebten Generation reden, denkt keiner darüber nach, wer die kompakte Limousine mit Frontantrieb sozusagen „erfunden“ hat. Seit dem Zweiten Weltkrieg hatte sich Alfa Romeo als Autohersteller bemerkenswert entwickelt. Beim Turiner Autosalon 1971 glänzte Alfa einmal mehr als technischer Pionier. Als neues Einstiegsmodell der Marke feiert der „Alfasud“ seine Premiere. Das Konzept sah eine 3,89 Meter lange Limousine vor. Die vorne eingebauten Vierzylinder trieben die Vorderräder an. Damit verwirklichte der „Alfasud“ ein gutes Platzangebot für mindestens vier Erwachsene. Sogar ein ordentliches Gepäckabteil fand unter dem steil abfallenden Heck Platz. So verkörperte der „Alfasud“ drei Jahre vor dem VW Golf jenes Erfolgsrezept, das seit den späten Siebzigern für alle Fahrzeuge der Kleinwagen- und Kompaktklasse unverzichtbar ist.

Für das moderne Design des kleinen Alfa mit unverkennbarer Familienähnlichkeit zeichnete der Bertone-[foto id=“439375″ size=“small“ position=“right“]Design-Star Giorgio Giugiaro verantwortlich. Er hatte extra für das Alfasud-Projekt sein eigenes Design-Atelier „Italdesign“ gegründet und qualifizierte sich nicht zuletzt mit dem „Alfasud“ zum Designer vom ersten Golf und Scirocco für Volkswagen. Um den Bauraum der Karosserie im Fahrzeugbug für den Frontantrieb so kompakt wie möglich zu halten, entwickelte Alfa Romeo für den Alfasud eine neue Familie von Boxermotoren, die flach und kompakt waren. Die Grundversion verfügte über einen Hubraum von 1 186 ccm und leistete 63 PS bei 6000 U/min.

Das Fahrwerk war mit Einzelradaufhängung an der Vorderachse ausgestattet, hinten kam eine Starrachse mit Torsiosstabfederung und Panhardstab zum Einsatz. Die Verzögerung besorgten Scheibenbremsen an allen vier Rädern. Knapp ein Jahr nach der Präsentation kam der „Alfasud“ im Sommer 1972 in den Handel. Im Hinblick auf die Produktion trafen die Verantwortlichen des Staatskonzerns eine folgenschwere Entscheidung. Sie hatten als Standort für die neue Fertigung Pomigliano d`Arco ausgewählt, eine Gemeinde in der Provinz Neapel. Diese Region schrieb Anfang der Siebziger mit der höchsten Arbeitslosenquote Italiens negative Schlagzeilen. Damit traf ein komplett neu entwickeltes Modell mit der obligatorischen Anfälligkeit für technische Kinderkrankheiten auf eine gänzlich ungeübte Belegschaft in einer neuen Fabrik. Diese Konstellation bürdete dem „Alfasud“ vom ersten Tag die Hypothek dramatischer Qualitätsprobleme auf. Minderwertige Materialien, praktisch fehlende Korrosionsvorsorge und erhöhte Reparaturanfälligkeit trübten die Erfolgschancen des so fortschrittlichen [foto id=“439376″ size=“small“ position=“left“]Fahrzeugkonzepts.

Der viertürigen Limousine folgte 1973 eine zweitürige Version mit flacher abfallender Heckpartie und einem sportlicheren Auftritt. Die nunmehr 68 PS des 1,2-Liter-Motors reichten für eine Höchstgeschwindigkeit jenseits der 160 km/h. Der laufruhige, drehfreudige Motor und der unzweifelhaft hoch entwickelte Fahrspaß des Italieners trösteten so manchen Kunden über die Qualitätsprobleme des „Alfasud“ hinweg und ebneten ihm zudem eine erfolgreiche Karriere im Motorsport. Als dritte Karosserievariante stellt Alfa Romeo 1975 einen Kombi namens Giardinetta vor, der sich innerhalb seiner zweijährigen Bauzeit bis 1977 mit 3 799 Einheiten am Markt nicht durchsetzten konnte.

Mit einer 76 PS starken 1,3-Liter-Vierzylinder-Variante folgte ab 1977 eine zweite, stärkere Motorversion. 84 PS Leistung stellte der 1,5-Liter-Vierzylinder ab 1978 bereit, 95 PS ab 1981. Eine Modellpflege sollte 1980 dem Alfasud noch einmal auf die Sprünge helfen. Begleitet von rund 700 Streiks liefen bis 1983 zum Produktionsende des „Alfasud“ 906 824 Einheiten vom Band. Dazu gesellten sich 121 434 Exemplare der Coupé-Version „Sprint“. Mit dem Alfasud hatten sich die Italiener auf jeden Fall als feste Größe in der Kompaktklasse etabliert. Der bis 1994 gebaute Nachfolger Alfa Romeo 33 entstand in einer Auflage von mehr als eine Million Einheiten. Auch die Nachfolgemodelle 145, 146 und 147 fanden genug Freunde, die gegen einen VW Golf oder Opel Astra italienisches Flair setzen wollten. Und die seit 2010 amtierende kompakte Baureihe Giulietta huldigt nicht nur einem traditionsreichen Modellnamen. „Julchen“ ist das derzeit erfolgreichste Modell von Alfa Romeo überhaupt.

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Gast auto.de

März 24, 2013 um 11:25 am Uhr

Der Alfasud als Erfindung der kompakten Limousine mit Frontantrieb? So gelungen der Alfasud formal auch war, diese Aussage ist unsinnig: Ein Jahr zuvor war der bezüglich der Raumökonomie ähnlich konzeptionierte Citroen GS erschienen, bereits 1965 der Renault 16 mit Heckklappe und 1959 führte der Ur-Mini das Konzept des quer eingebauten Frontmotors ein, das der VW Golf 1974 aufnahm (der Motor des Alfasud war längs eingebaut). Im gleichen Jahr 1974 führte Citroen dieses Konzept bereits in die obere Mittelklasse mit dem wegweisenden CX.

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