Genf 2013: Wie es singt und lacht

Für zwölf Tage sind die Messehallen in Genf wieder der Nabel der Autowelt. Die 83. Ausgabe des Autosalons präsentiert seine Neuheiten und Exponate exklusiv der Weltpresse. Im Minutentakt fallen die Hüllen der Neuheiten. Die Branche strahlt Zuversicht aus und ist in Feierlaune.

„Wir sind wieder da,“ verkündet der neue Opelvorstand Dr. Karl-Thomas Neumann bei der Enthüllung des Cascada. Das viersitzige Cabrio ragt wie ein Leuchtturm in stürmischer See hervor und zeigt, dass die krisengeschüttelte GM-Tochter aus Rüsselsheim mit emotionalen Produkten wieder auf die Erfolgsstraße zurück will. Der Auftrieb der Journaille macht es fast unmöglich, einen aktuellen Schnappschuss vom hübschesten Opel der letzten Jahre zu erhaschen.[foto id=“456572″ size=“small“ position=“left“]

Mit einer Krise hat Chevrolet nicht zu kämpfen. Die größte GM-Tochter verkauft statistisch alle 6,5 Sekunden auf der Welt ein neues Auto. Die größten Begehrlichkeiten wecken die sportlichen Coupés mit den dicken V8-Motoren. Rej Husetovic, Pressesprecher Chevrolet Deutschland, verkündet lächelnd mit einer Träne im Knopfloch, dass das Kontingent für den Camaro für 2013 schon fast verkauft ist: „Es sind nur rund 700 Einheiten übrig.“ Dass die Händler gerne mehr hätten, ist verständlich. „Bei diesem Modell“, so Husetovic, „zahlen die Kunden gerne den aufgerufenen Preis“. Natürlich bringt die mediale Meute fast den Chevy-Stand zum Einsturz, als die Cabrio-Version der neuen Corvette erstmals auf eine Bühne rollt. Die siebte Generation der Corvette tritt auch in der offenen Version mit 331 kW/450 PS an. Die Auslieferung beider Versionen beginnt erst im [foto id=“456573″ size=“small“ position=“right“]Herbst. Schlechte Kunde für wildentschlossene Grauimporteure: Auch in Amerika kommen die ersten Vetten erst im Herbst zum Kunden.

Branchenprimus Volkswagen, mit dem beeindruckenden Rekordgewinn von 22 Milliarden im Rücken, zelebrierte am Abend des Montags sämtliche Neuheiten aller Konzernmarken wie Weihefestspiele. Im Akkord rollten die Neuheiten auf die Bühne, vom VW Beetle Cabrio, über den offenen Lamborghini Aventador bis zum Bentley Flying Spur. Und weil diese Form des Enthüllungs-Journalismus so schön war, dürfen die Vorstände und Markenchefs noch einmal in den Messehallen die seidenen Hüllen von den Neuheiten ziehen.

Das Salz in der Suppe des Genfer Salons sind jedoch die vielen Studien von Kleinserienherstellern und Designstudios wie Bertone oder Pininfarina. Doch die begeben sich am ersten Pressetag nur zaghaft aus der Deckung, um die mediale Aufmerksamkeiten den „wichtigen“ Neuheiten zu überlassen. Die Frage, ob der Alfa Romeo 4C in Natura auch so aufregend herüberkommt, wie auf den bislang veröffentlichen Vorabfotos, beantworteten die Italiener mit einem klaren „Ja“. Der leichte [foto id=“456574″ size=“small“ position=“left“]Zweisitzer ist eine Augenweide und tritt mit einer Leistung von 173 kW/235 PS an, die ausreichen, um aus dem Stand in fünf Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen.

Im Mittelpunkt der Präsentationen stehen bei den meisten Ausstellern die Schönen für die Reichen. Sportliche Hochleistungsmodelle bestimmen den Trend. Nicht nur bei Veredlern wie Brabus, der einen Mercedes SL auf 588 kW/800 PS bringt, oder Kleinserienherstellern wie McLaren, deren Supersportwagen P1 endgültig mit 688 kW/935 PS antritt. Mercedes stellt den A 45 AMG in den Mittelpunkt, neben dem Formel-1-Legende Niki Lauda und Vorstand Eckhard Cordes angeregt plaudern. Da gerät der CLA fast ein wenig in den Hintergrund. Was schade ist, denn die viertürige Ausgabe der A-Klasse ist ein wunderschönes Auto geworden. Elegant, wohlproportioniert, ein Highlight der Messe. Bei Chrysler-Tochter Dodge lockt die neue Viper mit 477 kW/649 PS. Und Porsche tritt mit seinem neuen GT 3 mit 350 kW/475 PS ja auch nicht gerade schwächlich bei seinen Neuheiten an.

Die alternativen Antriebe bewegen sich im Schatten. Studien wie der „i-Road Concept“ von Toyota, ein schmales Elektromobil für die verstopfte Innenstadt, [foto id=“456575″ size=“small“ position=“right“]ziehen die Blicke eher wegen ihres kuriosen Auftritts auf sich. Mitsubishi dagegen stellt gleich zwei Studien mit alternativem Antrieb in den Mittelpunkt: GR-HEV oder CA-MiEV. Wobei der GR-HEV als moderner Pick-up, unabhängig vom Antrieb, als reine Designstudie schon überzeugt.

In den ersten Stunden der Messe präsentiert sich die Autoindustrie in Genf eindeutig in Feierlaune. In den wichtigen großen Märkten USA, China, aber auch in Russland und Südamerika brummt der Autoverkauf, wer als Europäer auf die lausigen Geschäfte in der alten Welt fixiert ist, ist zu spät und muss tapfer die Strafe durch das Leben ertragen. Und was jenseits der 400 000 Euro und mit mindestens 500 PS antritt, dem sind Preise und Konjunktur relativ egal. Zumindest solange diese Autos der Oligarch seiner Familie bezahlt, und die Macht- und Geldelite zwischen persischem und arabischen Golf unverändert ihre Meinung zum Thema Auto vertritt: „Kosten? Verbrauch? Ist doch mir Scheich-egal.“

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