Kleine Sportwagenschmieden: Individuelles aus Britannien



Mit dem Konkurs von Rover vor rund einem Jahr sind beim letzten großen britischen Automobilhersteller die Lichter ausgegangen. Die übrigen großen Auto-Schmieden der Insel gehörten zu diesem Zeitpunkt schon längst ausländischen Konzernen: Jaguar, Land Rover und Aston Martin sind in den Händen von Ford, der US-Konzern General Motors verwandelte die alte englische Firma Vauxhall zu einem Opel-Montagewerk, VW übernahm die Edelmarke Bentley und die deutsche BMW Group schluckte Rolls-Royce und den Mini.
Doch die Briten wollen sich nicht damit abfinden, keine Automobile mehr in Eigenregie zu bauen. Schon immer gab es eine Menge kleiner Werkstätten, die mit Motoren großer Autokonzerne, Kunststoff-Karosserien und ausgefallenen Ideen in kleinen Serien höchst unterschiedliche Autos bauen und auch Kunden dafür finden. Die britische Auto-Industrie lebt also weiter, wenn auch eine Stufe kleiner, aber umso vielfältiger. Besonders beliebt sind die so genannten Anglo-Americans mit der Mechanik von amerikanischen Autos und große V8-Motoren.
Zu den ältesten englischen Marken gehört Morgan. 1910 von der Familie Morgan gegründet, befindet sich diese kleine Firma immer noch in Familienbesitz. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sich die Firma auf den Bau von Dreiradwagen spezialisiert. Erst nach 1949 erschien ein vierrädriger Morgan, ein spartanischer Zweisitzer mit Türen, langer Motorhaube und Reserverad auf dem Heck. Bis zum aktuellen Modell Aero spielt Holz als tragendes Gerüst für den Karosserieaufbau eine wichtige Rolle. Als nächstes wollen die Briten im Jahr 2008 das Coupé Aeromax in einer Kleinserie von 100 Exemplaren auf den Markt bringen.
Nach wie vor existiert die Firma Bristol Cars als kleiner Hersteller von Elitefahrzeugen. Bristol war ursprünglich Flugzeughersteller, stand aber am Ende des Zweiten Weltkriegs vor dem Aus. Die englische Armee sorgte 1946 dafür, dass Bristol als Wiedergutmachungsleistung sämtliche Konstruktionspläne der darniederliegenden deutschen Flugzeug- und Automobilfirma BMW bekam. Aus dem BMW 326 entwickelte Bristol selbstständig Limousinen, später Coupés auf BMW-Basis, übernahm 1954 sogar zeitweise den 2,6-Liter-V8-Motor der Münchner, schwenkte aber später auf Chrysler-Technik über. Noch heute offeriert Bristol den Blenheim 3 und den Fighter mit Acht- und Zehnzylinder-Motoren von Chrysler sowie Aluminium-Karosserie.
Eine ganze Liste von unterschiedlichen Eigentümern hatte die in Blackpool beheimatete Firma TVR, die nach üblichem Muster Sportwagen schuf: Großserientechnik und Kunststoff-Aufbau. 1954 erstmals auf dem Markt, erzielte TVR mit seinen 1,6-Liter-Fahrzeugen mit Ford-GB-Mechanik manchen Ruhm über England hinaus. Mitte der 70er Jahre verschwand TVR ganz und gar, tauchte 2005 aber mit neuen Besitzern und neuen Modellen wieder auf. Ganz ähnlich erging es der Marke Marcos: 1959 schuf sie einen aufregend geformten Sportwagen mit Ford-Motor. In den Wirren der weltweiten Benzinkrise Mitte der 70er Jahre verschwand Marcos und hat im vergangenen Jahr mit neuen Eigentümern in Blackpool einen neuen Start gewagt.
Zu den alteingesessenen britischen Automobil-Unternehmen zählt auch Lotus, die frühere Rennwagenschmiede von Colin Chapman. Schon zu seinen Lebzeiten wurde Lotus weltberühmt durch den Seven, einem leichten zweisitzigen offenen Wagen mit freistehenden Rädern. Er wurde der Stammhalter aller spartanischen Sportwagen. Nach Chapmans Tod widmete sich Lotus noch mehr der Leichtbauweise und fertigte unter anderem den Mittelmotorwagen Europa. Allerdings befindet sich die Marke nicht mehr in britischem Besitz: 1986 wurde Lotus von General Motors aufgekauft und 1996 an die malaysische Autofirma Proton weitergereicht. Ein Leckerbissen für Kenner ist noch heute das Modell Elise, ein leichter Zweisitzer mit einem 192 PS starken Benziner von Toyota.
In maltesischer Hand befindet sich inzwischen die Firma AC Motors. Sie entwarf Mitte der 50er Jahre den Cobra, einen leichten Zweisitzer mit Kunststoff-Karosse und einem bärenstarken 4,6-Liter-Achtzylinder, der das leichte Auto in nur 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigte – lange Zeit eine Sensation und der Konkurrenz meilenweit voraus. Der AC Cobra gehört noch heute zu den legendären Beschleunigungswundern auf der Straße. Einige Jahre gehörte AC zu Ford-USA, im Herbst 1992 ging die Firma wieder in Privatbesitz zurück, im Juli 2002 wurde sie von der AC Motor Holding mit Sitz in Malta übernommen.
Doch es wachsen auf der britischen Insel auch neue Firmen nach. Beispielsweise erschien Noble im Jahr 2005 mit dem M 12 GTO, einem Coupé mit Frontmotor und Hinterradantrieb sowie einem 3,0-Liter-Sechszylinder mit 357 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h. Neu auf dem Markt ist auch die englische Firma Westfield aus Kingswinford, die den legendären Lotus Seven – für den es wohl immer noch Nachfrage gibt – wieder auferstehen zu lassen. Die britischen Autohersteller sind einfach nicht totzukriegen. Hanns-Peter von Thyssen/mid
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