Sparsam auf allen Vieren – Neue Antriebstechnik für Allradler

Allradantrieb ist eine feine Sache und verbessert die Sicherheit, treibt aber leider auch den Verbrauch und damit gleichzeitig den Kohlendioxidausstoß nach oben. Auch Modelle mit einem sich selbstständig zuschaltenden Hinterachsantrieb unterscheiden sich in ihren Umweltwerten kaum von Fahrzeugen, bei denen die vier Räder permanent angetrieben sind. Denn selbst wenn die zweite Achse nur mitläuft, ist der Antriebsstrang aktiv, was zusätzlichen Verbrauch und Verschleiß verursacht.

Die Techniker des Antriebs- und Getriebespezialisten ZF haben jetzt ihr neues System ECOnnect vorgestellt, das den Mehrverbrauch bei der Kombination quer eingebauter Motor, Frontantrieb und sich automatisch zuschaltender Allradmodus fast auf null bringt. Beim Geradeausfahren zum Beispiel auf einer Landstraße kann der Allradantrieb seine Vorteile bei Handling und Dynamik mangels Gelegenheit gar nicht ausspielen. Warum sollen die Komponenten deshalb Energie verbrauchen? Allerdings kann sich die Fahrsituation schlagartig ändern, und dann sind die beiden  zusätzlichen Antriebsräder  im Heck unter Umständen entscheidend für die Weiterfahrt.

Dieser Wechsel vom ruhenden zum aktiven Antrieb muss für den Fahrer unbemerkt geschehen. Bei der neuen ZF-Technik sind es maximal 270 Millisekunden – ein Zeitraum, den der Mensch nicht fassen kann – bis sich alle Komponenten auf die neue Situation eingestellt haben. Im Normalzustand, wenn nur die beiden vorderen Räder angetrieben werden, steht der gesamte Allrandantrieb still – vom Winkeltrieb über die Kardanwelle bis zum Hinterachsgetriebe. Vorne wird der Antrieb direkt nach dem Hauptgetriebe, hinten über je eine Kupplung für das linke und rechte Rad abgekoppelt, wenn er nicht benötigt wird. Als verbrauchsreduzierend hat sich bei der Technik auch das geringere Gewicht der Komponenten erwiesen. Insgesamt, das haben ausführliche Tests ergeben, verbraucht ein Fahrzeug mit ECOnnect um 4,7 Prozent weniger als vergleichbare Allradler.

Gleichzeitig trägt das neue Allradsystem mit vollständiger Abkoppelung der Hinterachse auch zu einer Verbesserung der Fahrdynamik bei. Dank der beiden hinteren Kupplungen ist es möglich, die Drehmomente der Räder individuell anzusprechen und zu regeln, was wiederum der Traktion und Fahrtstabilität bei wechselndem Untergrund oder in schnell gefahrenen Kurven zu Gute kommt. Jedes Rad wird dabei mit genau so viel Traktion versorgt wie nötig. Bei ersten Testfahrten konnte das System vor allein in schnell gefahrenen Kurven mit seinen dynamischen Werten durchaus überzeugen. Unabhängig voneinander werden die Räder mit zusätzlicher Leistung versorgt, und so verbessert sich als weiteres Plus auch die Fahrsicherheit.

Bisher kommt bei dem sich zuschaltenden Allradantrieb meistens eine Haldex-Kupplung an der Vorderachse zum Einsatz, die bei Bedarf für den Kraftschluss zur Hinterachse sorgt. Allerdings ist dieser Antriebsstrang auch dann aktiv, wenn er eigentlich gar nicht benötigt wird. So entstehen Reibungs- und Schleppverluste, mit der sich die Energiebilanz der Allradler deutlich verschlechtert. Nach eigenen Angaben verringern sich diese Verluste beim Einsatz der neuen ZF-Technik um bis zu 93 Prozent. Außerdem ist bei der Haldex-Kupplung auch kein „Torque Vectoring“ also die individuell dosierte Verteilung des Drehmoments der Hinterräder möglich. „In einer Zeit da die Reduzierung des Verbrauchs und damit auch der Kohlendioxidausstoß immer wichtiger wird, sind das sehr interessante Werte für die Hersteller“, erklärt Hans-Jörg Domian, Leiter Vorentwicklung bei ZF.

Angesichts des überschaubaren technischen Aufwands stellt sich durchaus die Frage, warum diese Lösung nicht schon längst bei Fronttrieblern mit zusätzlichem Allradantrieb bewegt. „Die Technik kostet natürlich Geld, und in der Vergangenheit standen Verbrauchswerte nicht so stark im Vordergrund“, erklärt Domian. In Zukunft, wenn die EU einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 95 Gramm verlangt, werden die Hersteller mit entsprechenden Modellen sich daher eher für den ZF-Allradantrieb interessieren. „Und am liebsten würden wir Econnect natürlich mit unserer neuen Neungang-Automatik verkaufen“,  erklärt Domian.

Und welche Unternehmen sind nun an der Technik interessiert? Darüber schweigen die ZF-Verantwortlichen beharrlich. Allerdings ist es wohl kein Zufall, dass man als Versuchsträger einen Landrover Freelander gewählt hat, der perfekt das Anforderungspotenzial des Konzerns erfüllt: In einem Premium-Allradmodell mit quer eingebauten Frontmotor spielt der Mehrpreis nur eine relativ kleine Rolle. Aber auch andere Unternehmen mit vergleichbaren Modellen werden in Zukunft auf der Kundenliste stehen. „Das Interesse der Industrie“, so viel verrät Domian, „jedenfalls ist sehr groß.“

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