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VW-Innovationen – Es lebe die Demokratie

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Wer rund 20 Minuten über das riesige Gelände des Wolfsburger VW-Stammwerks kurvt, der trifft auf die „Straße 134“ – und kurz darauf auf eine streng bewachte Schranke. Dahinter liegt das geheime Prüfgelände der Forschung und Entwicklung von Europas größtem Autohersteller. „Besucher unerwünscht“, sagt Volkmar Tanneberger kurz – und macht dann doch mal eine Ausnahme. Denn der Chef der Elektronik- und Elektrik-Entwicklung braucht Aufmerksamkeit.

Sein Anliegen

„Wir müssen die Elektronik demokratisieren und massenhaft auch in niedrigere Fahrzeugklassen bringen“. Denn nur so sei es möglich, den immer dichter werdenden Straßenverkehr in den kommenden Jahren noch einmal massiv sicherer zu machen. Und natürlich soll es auch komfortabler werden. Eine Heerschar von Sensoren – Ultraschall, Radar, Kameras und Projektoren – sind dazu im Einsatz. Tannebergers Herausforderung: „Bis zu 90 Prozent der Innovationen aus dem Premiumsegment auch in die Massenfertigung eines Volumenherstellers bringen – aber zu 50 Prozent der Kosten.“ Sein Team präsentiert auf dem Prüfgelände dazu ein Dutzend Ideen, die kurz vor der Marktreife stehen:

Der VW-Doktor

Ist Ihnen schon mal am Steuer schwindelig geworden? Oder sind Sie fast eingeschlafen? Das passiert mehr Menschen als gedacht – und zuweilen erkranken Fahrer auch plötzlich schwer. Im Fall eines Herzschlages kann bereits ab 2014 in den ersten VW der Notfallassistent „Emergency Assist“ den Wagen sicher stoppen. Dazu haben Tannebergers Forscher den Spurhalteassistenten „Lane Assist“ weiterentwickelt. Zeigt der Fahrer – trotz Piepen und Ruckeln am Gurt keine Lenkaktivität mehr, hält der Notfall-Assi den VW sicher in der Spur, schaltet Warnblinker ein und bremst sachte bis zum Stillstand ab.

Der Engstellen-Engel

Engstellen auf der Autobahn, dichter Verkehr – und auf der rechten Spur auch noch ein dicker Brummi: In solchen Fällen hilft der „Baustellenassistent“. Er erkennt mittels 3D-Kamera unterm Innenspiegel Fahrbahnverengungen, Schrammbordengassen, Pylonen, Baken und andere Fahrzeuge. Auf dem Prüfgelände erfordert es zwar Mut, die Hände zum Test einfach vom Lenkrad zu nehmen; aber der Passat lenkt und bremst bei Bedarf unfallfrei durch die Baustelle. Lichtstreifen-Projektionen aus den Scheinwerfern könnten zusätzlich noch den Weg vorzeichnen. In den nächsten zwei, drei Jahren ist allerdings noch nicht mit der Markteinführung zu rechnen. Schade.

Der Um-die-Ecke-Seher

Der tote Winkel ist ein Unfallquelle erster Güte: Den „Blind Spot Sensor“ bringen die Wolfsburger 2014 auch in die Golf-Klasse – und werden ihn in einem Zusatz-Paket mit einem „Ausparkassistent“ bündeln. Zwei Radarsensoren überwachen dazu am Heck permanent den Bereich neben und hinter dem Fahrzeug. Beim Fahren warnen sie den Lenker mit Lichtsignalen im Außenspiegel vor anderen Autos im toten Winkel. Beim rückwärtigen Ausparken schauen die Sensoren hinter dem Fahrer schon um die Ecke, bevor der das kann. Im Test bremst der Ausparkassistent den Golf, bevor er einen vorbeifahrenden Bus rammt.

Der Kommunikator

Volkswagen will die Fahrzeuge der Baustellen-Direktionen, aber auch solche des ADAC, bald flächendeckend mit einem speziellen W-Lan-Modul ausstatten, auf dessen Standard sich die meisten europäischen Autobauer geeinigt haben. Mit diesem Kommunikationssystem „Car2X-Safety“ können die Autos drahtlos im Umkreis mit automotive-W-Lan warnen. Der Fahrer sieht die Gefahr etwa einer Wanderbaustelle schon in seinem Display, bevor die Baustelle überhaupt in Sicht kommt.

Der Super-Bremser

Der Kleinwagen Up hat schon eine „City-Notbremsfunktion“. Bald wird ein solches System auch Fußgänger erkennen können. Kamera und Radar bemerken dazu mit einem Abgleich im Computer, ob zum Beispiel ein Kind die Fahrbahn betritt. Dann warnt das System den Fahrer mit einem roten Balken im Head-Up-Display. Stoppt er nicht oder zu spät, greift der VW auf dem Prüfgelände brachial ein. Vollautomatische Notbremsung – spätestens ab 2015 auch durch eine  sogenannte „Schnelle Bremse“ unterstützt die den Weg bis zum Stopp noch einmal deutlich spürbar verkürzt. Ein leichter roter Streifen auf der Haut vom Gurt zeugen am Abend vom ausgiebigen Test.

Der Schutzengel

„Proaktives Insassenschutzsystem“: Mit diesem Wortungetüm  bezeichnen die Wolfsburger ihr System, das vor einem Frontaufprall auf ein anderes Auto Sicherheitsgurte automatisch strafft, Seitenscheiben und Schiebedach schließt und den Warnblinker betätigt. Das schaffen die Entwickler jetzt auch bei einer drohenden Heckkollision.

Der Leichter-Parker

Die Innenstädte werden immer dichter, Autos breiter, die Übersicht gerade in enger Umgebung für viele Fahrer ein Gräuel. Der Parklenkassistent ist schon seit Jahren bei VW im Einsatz – ab dem kommenden Jahr soll er auch vorwärts quer einparken können. Park Assist 3.0 bremst überdies auch, wenn der Fahrer zum Beispiel beim Ausparken einen Poller übersieht.

Der Anhänger-Helfer

Wer drei, vier Mal im Jahr seinen Wohnwagen auf dem Campingplatz einparken will, verdirbt sich dabei schnell die Urlaubslaune. Ein „Trailer Assist“ erleichtert diesen Prozess ab kommendem Jahr erheblich. Dabei gibt der Fahrer über den Hebel der Spiegelverstellung den Knickwinkel zwischen Fahrzeug und Anhänger vor – der Assistent hält das Gespann durch automatische Lenkeinschläge in der Spur. Nur Gas geben und bremsen muss der Fahrer noch.

Der Allein-Parker

Entwickler Frank Schwitters ist sich sicher, dass sein iPhone schon fehlerfrei ausparken kann – und gibt es für einen Test aus der Hand. Mit der App „Fernbedientes Parken“ lässt sich der Multivan auch in Parklücken steuern, die so eng sind, dass die Türen gar nicht mehr zu öffnen sind. Der Fahrer bleibt einfach vor dem Auto stehen – und lässt den VW aus der Lücke rollen. Problem: Die Straßenverkehrsordnung verbietet solch autonomes Parken noch. Ein Fall für die VW-Juristen und -Lobbyisten. Für Schwitters nur eine Frage der Zeit.

Der Überblicker

Die kamerabasierte Umfeld-Beobachtung dagegen ist keine science-fiction mehr. Dieses „Area View“ geht wohl schon in den kommenden anderthalb Jahren in die zweite Generation. Dann wird der Monitor noch schärfer, die Darstellung der Fahrzeugumgebung in 3D-Vogelperspektive noch genauer. So lässt sich zum Beispiel am Steuer eines Tuareg in einer engen Torausfahrt der Querverkehr schon einsehen, wenn der Mann am Steuer links und rechts nur Mauern sieht.

Aber dem teuren Tuareg sollen solche Entwicklungen nicht vorbehalten bleiben, sagt Volkmar Tanneberger. Auch der Polo-Fahrer wird im Stadtgewimmel also wohl schon bald sein Fahrzeug von Oben betrachten können. Ganz demokratisch. Ganz sicher.  

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