Ford

85 Jahre Ford Deutschland – Von Buckel und Badewanne zu kinetischen Konturen

Bereits das dritte große Jubiläum innerhalb gut eines halben Jahres kann Ford Deutschland in diesen Tagen zelebrieren. Im Oktober 1930 legte Henry Ford persönlich den Grundstein für das Werk in Köln-Niehl, genau fünf Jahre nach dem Deutschlandstart in einer angemieteten Halle am Berliner Westhafen. Dort wurde zunächst das legendäre Ford T-Modell montiert – aus vorgefertigten Teilen, die per Schiff aus den USA kamen. Die ganz große Erfolgsgeschichte konnte aber erst 1931 mit eigenen Produktionsanlagen im neu errichteten Kölner Werk beginnen.

Die erste Kölner Eigenentwicklung wurde 1939 unter dem Namen Taunus lanciert – in modischer zweitüriger Form mit hinten stark abfallender Dachlinie. Als nach kriegsbedingter Rüstungsproduktion und Zerstörung vieler Werksanlagen die Fließbänder im November 1948 wieder anliefen, nannte der Volksmund den nur leicht überarbeiteten Vorkriegs-Taunus schon [foto id=“327397″ size=“small“ position=“left“]bald spöttisch „Buckel“. Die neue Pontonform ließ die modische Fastbacklinie ebenso wie die traditionelle Rahmenbauweise hoffnungslos veralten, ein Schicksal, dem sich in Europa nur der Volvo PV 444/544 und der Volkswagen Käfer längerfristig erfolgreich widersetzen konnten.

Am 4. Januar 1952 zogen die Ford Werke mit dem ersten eigenen Pontonmodell nach: Dem legendären Taunus 12 M, mit einem „M“ für Meisterstück. Der neue 12 M eröffnete die zwanzig Jahre währende Ära der Ford-M-Modelle und den Kampf mit Opel um Platz zwei in der deutschen Verkaufsstatistik hinter Volkswagen. Schon der erste 12 M mit markanter Weltkugel im Grill setzte den damaligen Opel Olympia heftig unter Druck. Die sogenannte „Linie der Vernunft“ von 1960, der 17 M mit aerodynamischer Karosserie, schaffte es sogar kurzzeitig auf Platz eins in der Mittelklasse. Dank dieser vom Volksmund liebevoll „Badewanne“ genannten Modellfamilie avancierte Ford Deutschland zu einem der volumenstärksten europäischen Vollsortimenter. Weitere Meilensteine setzten die M-Modelle mit der Einführung von Vorderradantrieb und V-Motoren (12 M „Cardinal“ von 1962), luxuriösen V6-Motoren in der erschwinglichen Mittelklasse (20 M von 1964), den ersten fünftürigen Kombis aus deutscher Produktion (17 M und 20 M von 1964), dem ersten Hardtop-Mittelklasse-Coupé (20 M, 1965) und Versuchsfahrzeugen mit Fahrer- und Beifahrerairbags (20 M, 1970).

Um 1970 schien das Wachstum für Ford Deutschland fast grenzenlos. Neue Werke in Genk/Belgien und in Saarlouis erweiterten die Produktionskapazitäten und die ersten gemeinsam mit Ford Großbritannien entwickelten Modellreihen Transit (1965), Escort (1968), Capri (1969), Taunus (1970) und Consul/Granada (1972) sorgten für bis zu 15 Prozent Inlandsmarktanteil und einen vorderen Platz unter den größten europäischen Herstellern. Es ging steil nach oben – bis Qualitätsprobleme und die erste Ölkrise von 1973/74 für einen heftigen Einbruch sorgten. [foto id=“327398″ size=“small“ position=“right“]

Neustart der Wolfsburger Konkurrenz

Zusätzlich traf die Kölner der erfolgreiche Neustart der Wolfsburger Konkurrenz. Polo, Golf, Passat und Scirocco sorgten für Furore mit Frontantrieb und schicken Schrägheckkonzepten mit Heckklappe. Ford reagierte auf den jähen Absatzabsturz mit einer bis dahin noch nicht da gewesenen Qualitäts- und Ausstattungsoffensive. Als erster deutscher Hersteller gewährte Ford ein Jahr Garantie ohne Kilometerbegrenzung (1976), dazu kamen ein erster Garantie-Schutzbrief (1981), sechs Jahre Durchrostungsgarantie (1982), eine Offensive mit preiswerten Sondermodellen (ab 1973), eine umfassende und erschwingliche Sechszylinderpalette (ab 1975) sowie neue Erfolgsmodelle wie der Kleinwagen Fiesta (1976), der erste Escort mit Frontantrieb (1980) sowie der stromlinienförmige Sierra (1982).

Der Sierra stand zugleich für den Aufbruch in eine neue Ära. Ford strebte mit avantgardistischen Fünftürern in eine europäische Zukunft. Fortan unterschieden sich die Programme von Ford Deutschland und Ford Großbritannien nur noch in Ausstattungsdetails. Offiziell wurde Köln zwar erst 1998 Sitz von Ford Europa, aber schon mit dem Sierra mussten sich die Briten vorläufig von ihrer traditionellen Vorliebe für das Stufenheck verabschieden. Auch der Nachfolger des bisherigen Granada, [foto id=“327399″ size=“small“ position=“left“]der neue Scorpio, präsentierte sich als so futuristische fünftürige Limousine, dass er den begehrten Titel „Auto des Jahres“ gewann. Weniger leicht fiel es Ford dagegen, die große Zahl der Kombikunden zu halten, die bis 1992 auf einen Nachfolger des großen Granada Turnier warten mussten.

Ford England wiederum setzte auf die Kraft des traditionellen Namens: Auf der Insel firmierte der Scorpio weiter als Granada – und errang mit der 1990 nachgeschobenen Stufenheckversion wenigstens späte Achtungserfolge. Fehler in der Modellpolitik, die Ford erst beim 1993 lancierten Mondeo vermeiden konnte. Mit diesem Weltauto durchbrach Ford Deutschland sechs Jahre später erstmals die Produktionsschallmauer von einer Millionen Einheiten im Jahr. [foto id=“327400″ size=“small“ position=“right“]

Auch für die amerikanische Konzernmutter gewann der Standort Deutschland nun immer größere Bedeutung. So wurde das Ford Forschungszentrum (FFA) für künftige Antriebe und Techniken in Aachen angesiedelt, der Kleinwagen Ka kündete 1996 von Köln aus vom New-Edge-Design und der Focus stand 1998 für die weltweite Rückeroberung verlorener Anteile in der Kompaktklasse. 2006 präsentierten S-Max und Galaxy die Formensprache des sogenannten „Kinetic Design“. Mit den scheinbar bewegungsgeladenen kinetischen Konturen sorgten die Großraumlimousinen für eine Wiederbelebung des bereits tot geglaubten Segments der Maxivans. Gerade gehen die unter der Federführung von Ford Deutschland entwickelten Neuauflagen von Focus und Grand C-Max auch daran, den amerikanischen Markt zu erobern. Weitere Jubiläen sind daher wohl sicher.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: 85 Jahre Ford Deutschland – Von Buckel und Badewanne zu kinetischen Konturen – Teil II

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Ausgewählte Produktionszahlen:

Ford Taunus (1939-1942): 7.100 Einheiten

Ford Taunus (1948-1952): 62.828 Limousinen und Cabriolets, dazu 13.762 Kastenwagen und Kombis

Ford Taunus 12 M G13 (1952-1959): 200.211 Limousinen und Cabriolets, dazu 15.054 Kombis

Ford Taunus 12 M G13 (1959-1962): 126.581 Limousinen, dazu 1.999 Kombis

Ford Taunus 15 M G4 (1955-1958): 114.575 Limousinen, dazu 20.552 Kombis

Ford Taunus 15 M G4 (1955-1958): 114.575 Limousinen, dazu 20.552 Kombis

Ford Taunus 12 M 1,5-Liter G13 (1959-1962): 69.191 Limousinen, dazu 7.708 Kombis

Ford Taunus 17 M P2 (1957-1960): 194.510 Limousinen, dazu 45.468 Kombis

Ford Taunus 17 M P3 (1960-1964): 669.731 Einheiten

Ford Taunus 12 M P4 (1962-1966): 680.206 Einheiten

Ford Taunus 17 M / 20 M P5 (1964-1967):  496.381 Einheiten

Ford Taunus 12 M / 15 M P6 (1966-1970):  668.187 Einheiten

Ford 17 M / 20 M P7 (1967-1968): 155.780 Einheiten

Ford 17 M / 20 M / 26 M P7 b (1968-1971): 567.482 Einheiten

Ford Osi 20 M TS (1967-1968): 2.200 Einheiten

Ford Capri (1969-1987): 1.886.647 Einheiten

Ford Escort (1968-2000): über 11.000.000 Einheiten

Ford Taunus (1970-1982): 2.696.000 Einheiten

Ford Consul / Granada (1972-1985): 1.642.000 Einheiten

Ford Fiesta (seit 1976): über 6.000.000 Einheiten

Ford Transit (seit 1965): Über 6.100.000 Einheiten

 
Unternehmenshistorie:

1925: Mit einem Aktienkapital von fünf Millionen Reichsmark nimmt die Ford Motor Company Aktiengesellschaft am 18. August die Geschäftstätigkeit auf

1930: Am zweiten Oktober erfolgt die Grundsteinlegung für das Werk Köln-Niehl in Anwesenheit von Unternehmensgründer Henry Ford I

1931: Am 15. April schließt die Berliner Fabrik. Am 4. Mai rollt das erste Modell A im Werk Niehl vom Band. Die Produktionsanlagen sind für eine Jahreskapazität von 250.000 Einheiten ausgelegt. Die anfangs 1.200 Fließbandarbeiter erhalten trotz Weltwirtschaftskrise einen überdurchschnittlichen Stundenlohn – vergleichbar dem amerikanischen Produktionsanlauf beim Model T

1932: Das Modell A wird durch das Modell B mit 2,0-Liter-Vierzylinder und optionalem 3,2-Liter-V8-Motor ersetzt. Neuer Modellname: Ford Rheinland. Produktionsstart für den Ford Köln mit 0,9-Liter-Vierzylinder. Entwickelt wurde der Ford Köln bei Ford Großbritannien in Dagenham  

1935: Nachfolger des Ford Köln wird der Ford Eifel, ebenfalls eine britische Entwicklung

1939: Als erstes in Köln entwickeltes Fahrzeug geht der Ford Taunus als Nachfolger des Modells Eifel an den Start, die Produktion läuft bis ins Kriegsjahr 1942. Ford firmiert jetzt unter Ford-Werke AG

1948: Wiederanlauf der Taunus-Produktion. Als Typ G 93 A hat der Taunus eine geringfügige technische Überarbeitung erhalten. Das Händlernetz umfasst bereits 188 Stützpunkte

1950: Ford startet eine Exportoffensive mit dem Taunus

1952: Am 8. Januar erfolgt die Markteinführung des Ford Taunus 12 M, des sogenannten Weltkugel-Taunus

1953: Debüt für den ersten Kleintransporter, den FK 1000 als Vorläufer des Transit

1954: Einführung des Vorschlagwesens für Mitarbeiter

1956: Übernahme der Karosseriefabrik Hebmüller in Wülfrath. Ford beschäftigt mehr als 10.000 Mitarbeiter

1957: Mit dem 17 M dringt Ford in die gehobene Mittelklasse vor

1958: Mit 128.532 Fahrzeugen wird in Köln erstmals eine sechsstellige Produktionszahl erreicht, der Exportanteil beträgt knapp 50 Prozent

1960: Premiere für die sogenannte „Linie der Vernunft“, den Ford 17 M mit aerodynamischer Karosserie. Der liebevoll „Badewanne“ genannte 17 M macht Ford erstmals zum ernsthaften Konkurrenten von Opel

1962: Einführung des Ford Cardinal mit Vorderradantrieb und V4-Motoren als neue Generation des Ford 12 M

1963: Scheibenbremsen halten beim Ford 17 M Einzug  

1964: Werkseröffnung in Genk (Belgien)

1965: Erstmals werden bei Ford Köln über 500.000 Einheiten in einem Jahr produziert. In Köln-Merkenich wird ein neues Forschungszentrum eröffnet

1967: Vorstellung des Osi Coupés auf Basis des 20 M TS

1968: Am 27. August präsentiert Ford in Berlin den in Genk produzierten Escort

1969: Am 21. Januar debütiert in der Bonner Beethovenhalle der Ford Capri. Ford erreicht in Deutschland erstmals über 15 Prozent Marktanteil

1970: Werkseröffnung in Saarlouis im Januar. Im Juni erfolgt die offizielle Eröffnung durch Henry Ford II. In Eindhoven/Niederlande erfolgt die Vorstellung des Taunus

1971: Der einmillionste Ford aus deutscher Produktion wird gefeiert

1972: Ford präsentiert die neuen Flaggschiffe Consul und Granada als Nachfolger von 17 M bis 26 M

1974: Ford verdoppelt als erster deutscher Hersteller die Garantielaufzeit auf 20.000 Kilometer oder 12 Monate

1975: Erstmals ein Jahr Garantie ohne Kilometerbegrenzung

1976: Vorstellung des neuen Fiesta in Köln. Das blaue Ford-Logo, die sogenannte Pflaume, ziert auch die deutschen Ford-Modelle

1978: Der Granada wird als erster Ford-Pkw mit Dieselmotor lieferbar

1980: Zum „Auto des Jahres“ wird der neue Ford Escort gewählt, der erste Escort mit Frontmotor

1981: Als erster Hersteller führt Ford einen Garantie-Schutzbrief ein

1982: Sechs Jahre Durchrostungsgarantie für alle Ford. Der aerodynamische gezeichnete drei- und fünftürige Sierra wird Nachfolger des Taunus

1985: Der Ford Scorpio wird zum „Auto des Jahres“ gewählt. Als erster deutscher Pkw bietet der Scorpio ABS serienmäßig

1986: Ford liefert 250 Orion in die DDR

1987: Als erster europäischer Automobilhersteller befragt Ford Kunden regelmäßig nach Zufriedenheit mit Handel und Service

1989: Der 20-millionste Ford aus Deutschland wird gefeiert

1991: Köln bekommt ein neues Wahrzeichen – einen goldenen Fiesta mit Flügeln. Der „Goldene Vogel“ des Künstlers HA Schult befindet sich bis heute auf dem Turm des Stadtmuseums. Erstmals verkauft Ford Deutschland über eine Million Fahrzeuge in einem Jahr

1993: Markteinführung des Mondeo. Alle Ford serienmäßig mit Seitenaufprallschutz und Fahrerairbag

1994: In Aachen wird das Ford Forschungszentrum (FFA) angesiedelt. Der Mondeo wird „Auto des Jahres“

1995: Einführung der Großraumlimousine Galaxy

1996: Der Ford Ka rundet die Modellpalette nach unten ab

1998: Köln wird Sitz von Ford Europa. Markteinführung des Focus, ein Jahr später gewinnt er die Wahl zum „Auto des Jahres“

1999: In Köln läuft der 30-millionste Wagen der Ford Werke AG vom Band. Erster Prototyp mit Brennstoffzellenantrieb

2003: In Detroit läuft der 300-millionste Ford vom Fließband, damit ist Ford die bis dahin erfolgreichste Automarke aller Zeiten

2004: Seit dem 26. November firmiert das Unternehmen als Ford-Werke GmbH, nachdem die Ford Deutschland Holding GmbH zuvor über 95 Prozent der Anteile der deutschen Ford-Werke-AG-Aktien kaufte

2006: Galaxy und S-Max zeigen erstmals das Kinetic Design

2010: Focus und C-Max werden in Neuauflage präsentiert. Die Ford-Werke GmbH feiert das 40-millionste Fahrzeug

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Gast auto.de

Oktober 29, 2010 um 11:50 am Uhr

Da hatten wir wohl leider kein Bild von. Du kannst uns ja eins hochladen. Einfach rechts oben in der Auto.de Community angemeldet kannst du dort auch für deinen Escort ein "Profil" anlegen und Fotos hochladen!

Gast auto.de

Oktober 22, 2010 um 8:20 am Uhr

Ich selbst fahre einen wunderschöööönen Ford Escort Kombi Baureihe 86.
Warum ist er hier nicht zu sehen?
Rüdiger

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