Die Zukunft beginnt jetzt: Der Wandel der Automobilindustrie

 Sinkende Absatzzahlen weltweit, verändertes Käuferverhalten, Insolvenzen von Herstellern und Zulieferern: Die Automobilindustrie verändert sich wie nie zuvor. Darin liegen auch Chancen, sagen der Technikchef von Magna, Burkhard Göschel, und der Kasseler Automobilwissenschaftler Dieter Dahlhoff.

General Motors, der einst größte Autobauer der Welt, steht mit dem Rücken zur Wand – und der kanadisch-österreichische Zulieferer Magna wird wohl die deutsche Tochter Opel übernehmen. Noch deutlicher kann man den Wandel der Automobilindustrie wohl kaum zeigen. Und so ist sich auch Burkhard Göschel sicher, dass sich in der Krise die gesamte Branche und das Verhältnis von Herstellern und Zulieferern deutlich wandeln wird. Das glaubt auch Dieter Dahlhoff. Der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige VW-Markenvorstand ist heute Lehrstuhlinhaber an der Universität Kassel. Er spricht von Koopitition, der Mischform von Kooperation und Competition, also Wettbewerb. „Man sieht selbst bei Mercedes und BMW, dass es die Notwendigkeit gibt, über eine Zusammenarbeit miteinander zu reden“, sagt er.

Schon heute sind die Entwicklungsabteilungen der Hersteller häufig die Koordinatoren verschiedener externer Entwicklungsdienstleister. Viele Innovationen der vergangenen Jahre wie etwa Xenon-Scheinwerfer (Hella), der Schleuderschutz ESP (Bosch) oder die erste serienmäßig im Auto eingesetzte Lithium-Ionen-Batterie (Continental) sind Leistungen von Zulieferern. Auf die Spitze hat es BMW beim SUV X3 getrieben; das Allradmodell ist komplett beim Zulieferer Magna entwickelt worden und wird auch dort gebaut. Selbst die Produktion zählt nicht mehr zu den Kernkompetenzen der „Hersteller“. So ist Porsche zum Beispiel stolz auf den neuen Panamera – der wird allerdings zu einem Großteil nicht bei Porsche hergestellt. Die Karosserie wird bei Volkswagen im Transporterwerk in Hannover gebaut, viele Teile bei Zulieferern. So wird nur rund ein Viertel des neuen Flaggschiffs selbst produziert.

„Ohne Magna kann Opel mittelfristig nicht überleben“ – eine starke Ansage von Göschel. Der Grund: Opel könne sich die Elektrifizierung des Autos, so wie viele kleinere Autobauer auch, alleine nicht leisten. Dass Elektroautos im großen Stil kommen, bezweifelt er nicht. Die Entwicklungskosten für das E-Auto würden in Zukunft vermehrt auf Zulieferer abgewälzt. „Das führt dazu, dass auch bei den Zulieferern nur noch die großen Unternehmen und die extremen Spezialisten überleben können“, sagt Göschel. Magna wolle die GM-Tochter auch übernehmen, um zu wachsen. Jenseits der Premiumklasse kommt es nach Ansicht des Experten zu einer Annäherung der Hersteller. Marken werden sich nicht mehr über technische Komponenten differenzieren können. Göschel ist sicher, dass Hersteller wie VW mittelfristig ihre Komponentenwerke abstoßen werden.

„Es wird einen Einheitsmotor mit vier Zylindern, Direkteinspritzung und Aufladung bei den Mainstream-Herstellern geben.“ Die Kooperation von BMW und PSA sei hier der erste Schritt. Auch Getriebe und Achsen würden künftig als Einheitsteile von Zulieferern entwickelt und von zahlreichen Herstellern genutzt. „Das wird einigen Herstellern wehtun, aber es führt kein Weg daran vorbei“, sagt Göschel mit Blick auf seinen ehemaligen Arbeitgeber BMW. „Aber ich bin mir sicher, dass in dieser Krise auch eine Chance liegt“, sagt Göschel. Viele Hersteller und Zulieferer werden verschwinden – die übrig gebliebenen werden wirtschaftlich gestärkt umweltfreundlichere Autos bauen. „Und das ist doch eine positive Zukunftsperspektive“, sagt Göschel. Und auch Dahlhoff ist sich sicher, dass in dem Wandel auf dem Automarkt eine Chance liegt. „Gut geführte Unternehmen werden sich verändern können“, sagt er.

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