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Fahrbericht: BMW M5 – Leistungszulage für den Business-Jet

Frische Rennsport-Gene sind eine Seltenheit im anspruchsvollsten automobilen Segment. BMW besaß stets genügend davon. Und als die damalige Motorsport GmbH zu Beginn der achtziger Jahre nach dem nicht ganz glücklich verlaufenen M1-Intermezzo entschied, die Motor-Gene jenes Mittelmotor-Sportwagenklassikers weiterhin zu nutzen, war es bis zum ersten M5 nicht mehr allzu weit. Jetzt steht – für 102.700 Euro – die mittlerweile fünfte Generation der kompromisslosen Fahrmaschine in den Startlöchern. Geblieben ist es beim erfolgreichen Spagat: Denn den überragenden Dynamik-Werten steht nach wie vor eine gekonnte optische Zurückhaltung gegenüber, kombiniert mit hervorragenden Alltagseigenschaften im Fahrbetrieb.

Besaß der Vorgänger aus der E60-Baureihe noch 373 kW/507 PS aus einem V10-Saugmotor, so stehen jetzt 412 kW/560 PS aus einem kleineren V8-Biturbo bereit. BMW Vertriebsvorstand Ian Robertson stellte jene rhetorische Frage bei der Modellpräsentation in Südspanien, die den meisten M-Kunden ebenfalls spontan in den Sinn kommt: „Ist der Turbo das Richtige für M?“ Noch vor wenigen Jahren hätte man eine positive Antwort in der Daimlerstraße zu Garching, wo die M GmbH zuhause ist, als Sakrileg betrachtet. Doch die Entscheidung lässt sich etappenweise nachvollziehen. Tatsächlich ist die Turbotechnologie heutzutage derartig verfeinert worden, dass sich ein komplett anderer Eindruck ergibt gegenüber jenen Zeiten, als das „Turboloch“ den Ingenieuren noch erhebliches Kopfzerbrechen bereitete. „Wir legen großen Wert auf das Ansprechverhalten unserer Motoren“, formuliert M5-Projektleiter Siegfried Friedmann das Entwickler-Credo. Gasannahme und Reaktion der beiden im V des [foto id=“381174″ size=“small“ position=“right“]Achtzylinders platzierten Lader erfolgen nur noch minimal verzögert – ein gutes Ergebnis, das auch nötig ist im Hinblick auf die hohe Messlatte, die der M5 mit seinem Zehnzylinder-Sauger bzw. dem Achtzylinder-Sauger von 1998 (294 kW/400 PS) einst auflegte.

Trotz seiner 1.870 Kilo Gewicht, das sind stolze 100 Kilo mehr als beim Zehnzylinder-Vorgängermodell, kommt der neue M5 bestens aus den Startlöchern. 4,4 Sekunden für den 0-100 km/h-Sprint, 13 Sekunden bis Tempo 200 können sich sehen lassen. Dazu trägt entscheidend das bereits ab 1.500/min verfügbare maximale Drehmoment von 680 Nm bei. Es bleibt unverändert bis 5.750/min erhalten. Bereits nach dem Drücken des Startknopfs macht sich der V8-Sound per kurzen Hochdrehen bemerkbar, während die Maschine danach im Leerlauf in ein beruhigend-dumpfes Grollen aus den zwei Doppel-Endrohren verfällt. Spontanes Hochdrehen generiert zwar nicht mehr das geradezu kreischende Bellen des V10, aber der auch hier immer heller werdende Ton passt hervorragend zum Anspruch dieses Extrem-Achtzylinders. Ab 3.000/min erreicht die Klangkulisse ein stetig volleres Volumen. Niemals jedoch wirkt dieser verkappte Sportwagen bei konstanten Drehzahlen akustisch zu dominant. Das betrifft auch die Windgeräusche, die selbst bei Autobahntempo sehr dezent ausfallen.

Beim Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (Konstruktionspartner ist Getrag) handelt es sich um eine vom M3 abgeleitete Variante mit identischem Grundkonzept. Beim M5 ist der 5. Gang im Verhältnis 1:1 übersetzt, hinzu kommen zwei Gänge mit Overdrive-Charakter, die den Verbrauch deutlich absenken. Das Getriebe kann im [foto id=“381175″ size=“small“ position=“left“]D-Modus einer Automatik ähnlich betrieben werden; im manuellen S-Modus lässt sich per Wählhebel oder Lenkrad-Schaltwippen die Gangwahl einleiten.

Wenn der neue BMW M5 im zweiten Halbjahr 2012 seine USA-Premiere erlebt, könnte jenseits des Großen Teichs übrigens erneut eine Handschalt-Version angeboten werden. „Wir stellen uns momentan die Frage, wie es mit dem Handschalter weitergeht“, verrät M-Produktmanager Carsten Pries. Die endgültige Entscheidung steht somit noch aus, und der weitere Einsatz wird vom BMW-Management zumindest nicht kategorisch verneint. Egal, wie sich die Münchner für den US-Markt entscheiden, der beim Vorgänger nicht weniger als 45 Prozent der Gesamtproduktion absorbierte: In Deutschland werden M5-Fans vergeblich auf diese puristische Option warten.

Im Verbrauchskapitel stehen im EU-Zyklus 9,9 Liter/100 km (232 g/km CO2) als Orientierungswert fest. Mit aktiviertem Bordcomputer lassen sich erste Rückschlüsse auf das reale Verbrauchsspektrums ziehen: bei ruhiger Landstraßenfahrt zeigte das Display 11,3 Liter an, Landstraße mit forcierter Gangart forderte 22,5 Liter, und auf der Rennstrecke werden im Durchschnitt jene 39,5 Liter angezeigt, die den Maximalwert der von BMW vorgesehenen Skala markieren.

Weiter auf Seite 2: Fahrwerk; Reifen …

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Doch gerade dort ist der M5 in seinem Element: Das Handling ist zweifellos zur Paradedisziplin des Viertürers geraten. 80 Prozent aller Funktionsteile wurden neu konstruiert oder speziell an die M-Standards angepasst. Ein Großteil davon betrifft Fahrwerk und Kraftübertragung. „An der Vorderachs-Kinematik haben wir intensiv gearbeitet“, berichtet Helmut Gehrig, Leiter Fahrwerk der M GmbH. Optimierter Sturzverlauf und bessere  Seitenkraftaufnahme sind das Ergebnis der nun mit Doppelquerlenkern anstelle eines Federbeins aufwartenden Vorderachse. Die Integral-Hinterachse verfügt über einen direkt verschraubten Achsträger, hier verzichteten die Techniker auf vier Gummilager. Zudem garantiert ein Strebenverbund zusätzliche Festigkeit; dadurch ergibt sich eine verbesserte Seitenkraftaufnahme sowie ein präziseres Bremsverhalten. Beste Verzögerungswerte garantiert die von Zulieferer Brembo stammende Bremsanlage. Mächtige Sechskolben-Festsattel-Anlagen mit Bremsscheiben der Größe 400 x 36 mm kommen an der Vorderachse zum Einsatz. Übrigens werden ab sofort bei allem neuen M-Modellen die Bremssättel blau lackiert – als optisches Erkennungsmerkmal.

Reifenlieferanten sind Michelin und Pirelli, wobei die Franzosen – mit deren Pneus alle Präsentations-Fahrzeuge ausgerüstet waren – momentan die Pole Position zu besetzen scheinen. 19 Zoll-Räder sind serienmäßig, auf Wunsch gibt es auch 20-Zöller. Die 19-Zoll-Räder, mit Vorteilen im Komfortsektor, überzeugen auch bei kurzen Querfugen durch harmonische Abrolleigenschaften. Das Reifenformat erreicht vorne die Dimension 265/40 R 19, hinten sind es 295/35 R19.

Mit Bedacht wählten die Ingenieure eine hydraulische Zahnstangenlenkung von ZF. Dank präziser Balance ergibt sich in der Praxis eine perfekte Harmonie in den drei per Tastendruck auf dem Mitteltunnel wählbaren Kennfeldern der M Servotronic (Sport Plus, Sport oder Comfort). In der Komfort- und Sportstufe zeigt sich die [foto id=“381177″ size=“small“ position=“right“]Lenkung sehr präzise, auch in der Mittellage, und sie wird in Sportstellung nicht zu schwergängig. Die Sport Plus-Stellung verhärtet die Lenkung allerdings spürbar, was im Alltagsbetrieb wenig sinnvoll scheint, hingegen beim Ausflug auf die Rennstrecke ein Muss darstellt. Auch für die Parameter Motoransprechverhalten, Stoßdämpfercharakteristik und Schaltgeschwindigkeit lassen sich mittels Tasten jeweils drei Abstimmungs-Stufen anwählen.

Es gibt jede Menge aerodynamischen Feinschliffs im Detail: die Flaps an den Außenkanten des Frontspoilers sorgen für einen verbesserten Unterdruck-Aufbau. Außerdem wurde die Motorraum-Abschirmung verbessert – ein halbes Flügelprofil beschleunigt die Strömung. „Das ist das Hauptelement im Vorderachsbereich, um den Abtrieb zu optimieren“, erklärt Hans-Bruno Stracke, Leiter Karosserieentwicklung. Hinten ergänzen die Heckschürze samt Diffusor und die Spoilerlippe im Gurney-Stil auf dem Kofferraumdeckel das Maßnahmenpaket. Doch insgesamt lässt sich bei der Aerodynamik konstatieren: Die Musik spielt vorne. Stets im Blickpunkt: die großzügig dimensionierten Eintrittsquerschnitte für die Kühlluft, bei der auch die Designer mitreden.

Apropos Design: Das Gespür, Spektakuläres eher unspektakulär zu verpacken, könnte von der feinen und eher leisen Art und Weise inspiriert sein, in welcher der ehemalige BMW-Vorstandschef Eberhard von Kuenheim in der Zentrale am Münchner Petuelring agierte: Mehr sein als scheinen. Während andernorts das Außerordentliche wieder laut und schrill in Szene gesetzt wird, bleibt der M5 seiner Herkunft treu – eine Wohltat. Und man muss kein Hellseher sein: Sicherlich zum Wohlgefallen von Herrn von Kuenheim…

Datenblatt – BMW M5
viertürige, fünfsitzige Limousine der oberen Mittelklasse  
Länge 4,91 m, Breite 1,89 m, Höhe 1,46 m, Radstand 2,96 m  
V8-Frontmotor mit Turboaufladung, 4,4 Liter Hubraum, 412 kW/560 PS  
maximales Drehmoment 680 Nm von 1.500 bis 5.750/min  
Beschleunigung 0-100 km/h in 4,4 Sekunden  
Vmax 250 oder 305 km/h (M Driver´s Package)  
Verbrauch: 9,9 Liter/100 km im EU-Zyklus  
CO2: 232 g/km  
Gewicht: 1870 kg (DIN)  
Preis: 102.700 Euro  
   
Kurzcharakteristik:  
Alternative zu: Mercedes E63 AMG, Audi RS6, Jaguar XF-R, Cadillac CTS-V, Porsche Panamera Turbo S  
Sieht gut aus: Im Benchmark-Vergleich mit den Wettbewerbern  
Passt zu: Traditionellen Highspeed-Connaisseuren, denen der hohe Schwerpunkt bei den Hochleistungs-SUV´s missfällt  

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