IAA Nutzfahrzeuge 2010: Markterholung kontra Grenzwerte

Drei Themen beherrschen diese IAA Nutzfahrzeuge, die am Donnerstag ihre Tore für das Publikum öffnet und bis Donnerstag, 30. September 2010, laufen wird: Die Entwicklung des Markts für Nutzfahrzeuge, die Effizienz der vorhandenen Antriebe und die Elektrotraktion bei den leichten Nutzfahrzeugen, aber immer mehr auch die Absicht der Brüsseler, die Emssionen bei den leichten Nutzfahrzeugen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht in zwei Stufen auf 175 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer bis 2016 und dann auf 135 g/km bis 2020 herunterzudrücken.

Niemand von uns hat solche Jahre schon einmal erlebt„, stellte Andreas Renschler, der Chef von Daimler Trucks and Buses fest. Doch man habe dabei nicht zurückgesteckt, das Modellprogramm komplett zu überarbeiten. „Unser Anspruch bei Daimler ist konjunkturunabhängig“. Aber nicht nur Daimler mit einem ganzen Strauß an Nutzfahrzeug-Marken meldete Umsatzanstiege (Buses plus 22 Prozent, Mercedes-Benz Vans 48 Prozent und Daimler Trucks 33 Prozent) Nahezu jedes Unternehmen verwies auf beeindruckende Zuwächse bei Zulassungen und Auftragsbestand.[foto id=“321811″ size=“small“ position=“right“]

Doch diese Zahlen aus 2010 messen sich mit denen des Krisenjahres 2009, in dem die Branche vielfach mit toten Märkten zu tun hatte und deswegen mit dem Überleben zu kämpfen hatte. Die Rekordzahlen der Vorjahre sind trotz der meist zweistelligen Zuwachsraten deswegen längst noch nicht wieder erreicht. Doch Optimismus ist der beherrschende Eindruck, den man heute aus den Pressekonferenzen der Unternehmen in Hannover mit an den Computer bringt, um ihn in Worte zu fassen. Alle verbreiten die Sicherheit, dass die Konjunktur sich gedreht habe,

Bei aller Zufriedenheit über die aktuellen Zulassungszahlen – ein wenigstens ebenso gutes Kriterium für den Erfolg ist der Marktanteil. So gewann Ford bei seinem Renner Transit, von dem von Januar bis einschließlich August in Deutschland 18 704 Fahrzeuge abgesetzt wurden gegenüber dem Vorjahreszeitraum sechs Prozent mehr Käufer. Der Marktanteil stieg in diesem Zeitraum um 0,3 Prozentpunkte auf 7,3 Prozent. Die Auftragseingänge wuchsen von Januar bis August sogar um 31 Prozent, im August um 61 Prozent. Wenn auch der Transit-Absatz noch nicht die alte Höhe erreicht hat, so sind die Aussichten also offenbar für das Fordprogramm der leichten Nutzfahrzeuge Ford Connect, Ford Transit mit seinen 220 Modell-Varianten und den Pick up Ford Ranger gut. Mercedes-Benz reklamiert für den August sogar einen Anstieg der Auftragseingänge um 65 Prozent

Auch Dr. Wolfgang Schreiber, Chef von Volkswagen Nutzfahrzeuge legte heute Erfolgszahlen für sein Programm auf den Tisch. In den ersten acht Monaten hat seine Sparte 269 000 leichte Nutzfahrzeuge verkauft, 18,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Im Juli betrug der Marktanteil in Deutschland sogar fast 35 Prozent, in Westeuropa 15 Prozent. Nur der Caddy fiel aus dem Rahmen mit einer um 7,3 Prozent negativen Absatzentwicklung. Dafür nannte Schreiber zwei Gründe: das Auslaufen der Abwrackprämie und der Modellwechsel beim Caddy, von dem sich Schreiber bei allen Anwendungen viel verspricht. „Für uns ist die Krise der Nutzfahrzeuge vorbei“, meint auch Schreiber. „Unsere Produktneuheiten sind unser Wettbewerbsvorteil“,[foto id=“321812″ size=“small“ position=“left“] ist er sicher und weist auf die Debuts in Hannover hin: Caddy – auch als Kastenwagen, Amarok mit der Single Kabine und der Ladefläche für zwei Europaletten, die Bluemotion-Technologie für den Transporter, die Jubiläums-Edition für den Multivan und den geländegängigen Hardcore-Transporter namens „Rockton“.

Schreiber hat ein großes Ziel vor sich. Um das Ziel des VW-Konzerns umzusetzen, der größte Automobilhersteller der Welt zu werden, sollen auch die Nutzfahrzeuge ihren Beitrag leisten. Zunächst will er mehr als die 447 000 Fahrzeuge von 2007 verkaufen, was einen Weltmarktanteil von rund drei Prozent bedeutet. Seine Vorgabe ist ein Marktanteil von zehn Prozent oder zwei Millionen Fahrzeuge.

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Darunter werden dann sicher auch eine Reihe von Fahrzeugen mit neuen Antrieben sein. Einigkeit herrscht darüber, dass es noch lange dauern wird, bei der Diesel im Langstreckenverkehr ausgespielt haben wird. Aber Renschler stellt klar, was alle anderen Hersteller auch denken und umzusetzen beginnen: „Wir wollen den Dieselverbrauch und die Emissionen nicht nur senken, sondern abschaffen!“ So findet man in Hannover – parallel zu dem was wir auf Pkw-Messen erleben – nun auch alle Formen von alternativen Antrieben: Hybride mit Benziner- und Dieselmotoren, rein batterieelektrische Fahrzeuge sowie Fahrzeuge, die ihre Energie aus Brennstoffzellen oder aus einem[foto id=“321830″ size=“small“ position=“right“] Rangeextender-Antrieb beziehen. Keiner will zu spät sein; alle forschen und entwickeln, um rechtzeitig handeln zu können, wenn klar wird, in welchen Märkten und für welche Anwendungen ein Antrieb seine Chance bekommt. Jeder betreibt Prototypen oder kleine Testflotten.

Doch jetzt kommt auf die Hersteller ein neues Problem hinzu: Kaum zeigt der Markt deutliche Erholungstendenzen, bauen die Brüsseler eine neue Hürde auf: Die EU-Kommission will jetzt die kleinen Nutzfahrzeuge ebenso zähmen wie die Personenwagen. Das macht Sinn, wenn man bedenkt, dass die kleinen Nutzies als Auslieferfahrzeuge die Innenstädte bevölkern. Doch in ihrem Überschwang vergessen die Regulierer in Brüssel, dass die Lebenszyklen dieser Fahrzeuge erheblich höher liegen als die eines Personenwagens. Und sie vergessen gern, was gerade in den vergangenen Jahren bereits bei der Kraftstoffeffizienz geschehen ist. Parallel zu der Entwicklung haben auch die Motoren der kleinen Nutzfahrzeuge die Entwicklung beim Kraftstoffverbrauch mitgemacht. Sie sind deutlich sparsamer.

Ford-Chef Bernhard Mattes fand vor Pressevertretern deutliche Worte dazu: „Wir sperren uns nicht gegen die Einführung von CO2-Grenzwerten für leichte Nutzfahrzeuge. Allerdings wünschen wir uns mehr Zeit für die Erreichung der [foto id=“321831″ size=“small“ position=“left“]ersten Stufe, also der 175 g/km.“ Vor allem angesichts der im Vergleich zum Pkw-Bereich deutlich längeren Produktzyklen im Nutzfahrzeugsegment wäre „ein frühestens ab 2015 beginnende und bis zum Jahr 2018 reichende Übergangszeit das richtige Signal“.

Zum anderen hält Mattes das 2020er Ziel von 135 g/km für zu ambitioniert angesichts der bis dahin noch zur Verfügung stehenden Zeit und angesichts des damit verbundenen Investitionsaufwands, der überwiegend auf die gewerblichen Kunden in Form von Preiserhöhungen zukäme. Mattes: „Wir plädieren für einen Grenzwert von 160 Gramm für 2020.“

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