Kommentar: Shareholder Value statt Zukunft

Was für ein Bild? Da treffen sich die deutschen Automobilmanager mit ihren europäischen Kollegen in Brüssel zum Auto-Gipfel und wollen Geld. Ein Kreditrahmen von 40 Milliarden Euro soll es sein, natürlich zinsverbilligt. Begründung: Die amerikanischen Kollegen bekommen auch 25 Milliarden US-Dollar Kredit, um zeitgerechte Autos entwickeln zu können, und wir wollen nicht ins Hintertreffen geraten. Als Begründung muss wieder mal die Umwelt herhalten. Es kostet eben so viel, um die Autos zu entwickeln, die Brüssel auf den Straßen sehen will.

Was für ein Bild? Seit Jahren – besser gesagt seit Jahrzehnten – entwickeln die Amerikaner Autos, die sich heute so modern ausnehmen wie Dinosaurier im Zoo. Jetzt stehen die US-Hersteller mit dem Rücken an der Wand und jonglieren mit Menschen ebenso wie mit ganzen Unternehmen. Die deutschen Automobilhersteller dagegen jubilieren seit Jahren, sie hätten alles richtig gemacht. Doch Geld für die Zukunft haben nun beide nicht.

Die Amerikaner haben die Zeichen der Zeit nicht wahrhaben wollen, und die Deutschen haben – wie Ford und Opel – ihren US-Müttern unter die Arme greifen müssen oder Gewinne ausgeschüttet. Die Aktionäre haben’s gern genommen, der Staat in Form von Steuern ebenfalls. Doch nun sind die Kassen leer.

Shareholder Value ging auf beiden Seiten des Atlantik vor. Der Unterschied zwischen den amerikanischen und den deutschen Herstellern ist dennoch ein entscheidender: Die deutschen haben den Kraftstoffverbrauch ihrer Fahrzeuge um mehr als ein Viertel reduziert, die Amerikaner nicht. Die sitzen auf ihren alten Möhren und rufen um Hilfe. Die deutschen Hersteller sitzen auf hocheffizienten Fahrzeugen, die keiner kaufen will und wollen Hilfe, um nicht von der Politik in Brüssel geschlachtet und von den Japanern mit Hybridautos vorgeführt zu werden.

Was für ein Bild? Die Amerikaner rufen um Hilfe, um den Anschluss an uns und die Japaner nicht zu verlieren. Und die Deutschen rufen um Hilfe, weil sie es vorgezogen haben, ihre Aktionäre zu füttern, statt in die Zukunft zu investieren.

Jetzt stehen die deutschen Hersteller da mit leeren Taschen, mit seit Monaten und nicht erst seit der aktuellen Zuspitzung der Finanzkrise bröckelnden Absätzen, den Forderungen der Politik, den Unkenrufen sogenannter Autoexperten und weinen den Gewinnen nach, die sie ausgeschüttet und nicht investiert haben.

Und die Umweltaktivisten üben sich immer noch in Schadenfreude, obwohl nun die da so heiß geforderten ökologisch vorbildlichen deutschen Autos da sind. Bluetech, Blue Efficiency oder Blue Motion und eine Reihe moderner Kleinwagen mit vorbildlichen Werten sind auf dem Markt. Dennoch tönen sie, die Deutschen hätten den Markt verschlafen. Statt dessen hätten sie die Konsumenten ermutigen sollen, wenn es ihnen wirklich um das Klima gegangen wäre.

Normalerweise stecken die großen Auto-Unternehmen zusätzliche Entwicklungen wie diese weg und buchen sie als erfolgreiche Marketingbemühungen ab. Doch heute geht es um mehr als nur den Stand der Technik zu verbessern. Der Hybridantrieb muss kommen. Am Wasserstoff als Speichermedium muss gearbeitet werden. Neue Kraftstoffe müssen her. Das Elektroauto soll mal wieder die Welt retten. Dafür müssen aber erst einmal die richtigen Batterien entwickelt werden und so weiter. Der Otto- und der Dieselmotor müssen den nächsten Innovationsschub schaffen. Wer soll das jetzt noch bezahlen können?

Der Staat – sei es nun Deutschland oder gleich ganz Europa – wird helfen müssen, wenn er nicht einen massiven Verlust von Arbeitsplätzen hinnehmen, auf Steuermilliarden in der Zukunft verzichten und das Dahinsiechen genau der Industrie erleben will, die zu wesentlichen Teilen über viele Jahrzehnte den Erfolg der deutschen Wirtschaft garantierte und in Zukunft bringen soll. Die deutschen Hersteller hatten das Heft in der Hand. Jetzt stehen sie gemeinsam mit ihren europäischen Kollegen in Brüssel und wollen Hilfe – Kredite zwar nur und keine Subventionen, aber was für ein Bild. Das hat die Welt noch nicht gesehen.

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