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35 Jahre Ford Fiesta – Generationen-Treffen

„Oh, riecht der noch nach Sprit, das kann man heute keinem Kunden mehr antun“, sagt Jörg Beyer. Und der 46-Jährige muss es wissen. Er ist globaler Entwicklungschef für kleine Fahrzeuge bei Ford. Den aktuellen Fiesta hat er entwickelt, kennt ihn in- und auswendig. Und Beyer weiß auch, was Kleinwagenkunden wollen, worauf sie achten und was sie an einem Fahrzeug stört. Doch haben sich Kaufverhalten oder Anforderungen an Kleinwagen in den vergangenen Jahren wirklich geändert? Wir bitten den ersten Ford Fiesta von 1976 sowie das aktuelle Modell zu einem Generationentreffen.

[foto id=“362567″ size=“small“ position=“left“]Der Geruch des Oldies ist nicht der einzige Unterschied zum neuen Modell. „Aber für sein Alter ist der Fiesta noch gut in Schuss, sogar die Spaltmaße und die Qualitätsanmutung stimmen“, ist Beyer begeistert. Das Cockpit wurde für die damalige Zeit mit Uhr und Drehzahlmesser üppig ausgestattet, Armaturenbrett und Lenkrad sind komfortabel gepolstert und die üblichen Schalter und Regler, natürlich alle mechanisch, sind übersichtlich angeordnet. „Dank der dünnen Säulen und den großen Fensterflächen ist die Rundumsicht sehr gut. Das funktioniert allerdings heute wegen der geforderten Crashsicherheit nicht mehr, denn die Säulen müssen dicker und stabiler sein“, sagt Beyer. Die kantige Motorhaube, an der man die Wagenlänge leicht abschätzen und somit auch problemlos einparken kann, ist im Laufe der Zeit dem Fußgängerschutz zum Opfer gefallen.[foto id=“362568″ size=“small“ position=“left“]

Nach leichtem Orgeln springt der Vierzylinder an

Ein bisschen Gas hält das Aggregat bei Laune, der Hauch von Sprit und Öl nebelt die Karosserie von außen ein. „Das gibt es natürlich heute auch wegen der strengeren Abgasnorm nicht mehr“, sagt Beyer, der den Geruch von alten Autos aber liebt. Privat fährt er einen historischen Ford Mustang und einen Land Rover. Ein beherzter Griff an den Schaltknüppel und der erste von vier Vorwärtsgängen ist eingelegt – damals Standard. „Erstaunlich wie schnell das Auto nach vorne geht“. Was aber bei 39 kW/53 PS und 764 Kilogramm Leergewicht kein Wunder ist. Der 1,1-Liter-Vierzylinder ist auch bei langsamer Fahrt permanent präsent. „Das wird heute anders gelöst, im Schiebebetrieb hört man den Motor nicht mehr, nur noch beim Beschleunigen – und das ist auch so gewollt.“ Der Luftfilter saß damals noch auf dem Vergaser und der auf dem Motor und nicht wie heute in einer Box an der Karosserie.[foto id=“362569″ size=“small“ position=“right“]

Mit quietschenden 145er-Reifen auf 12-Zoll-Rädern und schräg hängender Karosserie geht es um die erste Kurve, die Sitze bieten kaum Seitenhalt und die Passagiere kommen sich im Innenraum sehr nahe. Mit dem Vierzylinder rennt der Dreitürer in rund 20 Sekunden auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 145 km/h – dann ist aber an eine Unterhaltung nicht mehr zu denken. Nicht nur wegen der Geräuschkulisse, sondern auch wegen der geforderten Konzentration des Fahrers. Die Lenkung verlangt eine feste und reaktionsschnelle Hand, trotz beachtlichen Federungsqualitäten. „An Schaltung, Kupplung und Bremse erkennt man das Alter am deutlichsten. Die sind zum Teil ungenau und müssen mit einem hohen Kraftaufwand bedient werden. Das geht heute einfacher und vor allem viel präziser“, analysiert Beyer.

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[foto id=“362571″ size=“small“ position=“left“]Ziel von Ford war es damals, einen großen Kleinwagen mit viel Komfort zu bauen. Dafür investierte der Autohersteller einen dreistelligen Millionenbetrag in die kostspieligste Neuentwicklung der Unternehmensgeschichte. Trotz seines Alters von 35 Jahren fährt sich der erste Fiesta aber noch heute erstaunlich leicht, man könnte mit ihm ohne Probleme und ohne Umstellung jeden Tag zur Arbeit pendeln. Praktisch war schon damals der große, bis zu 658 Liter fassenden Kofferraum mit der niedrigen Ladekante. Eine bessere Raumausnutzung war nicht zu finden. „Die Platzverhältnisse, die Ergonomie und die Bedienbarkeit sind noch aus heutiger Sicht sehr gut“, freut sich der Ford-Mitarbeiter.[foto id=“362572″ size=“small“ position=“right“]

Aus dem 3,56 Meter langen Dreitürer von damals ist heute ein fast Vier-Meter-Auto geworden. Die meistverkaufte Motorvariante schöpft nun aus 1,2-Liter Hubraum 60 kW/82 PS. Damit sind 168 km/h drin und der Spurt auf Tempo 100 ist in 13,3 Sekunden erledigt. Der Verbrauch sank im Laufe der Jahrzehnte deutlich von rund 9 auf 5,6 Liter je 100 Kilometer. Etwa 20 Steuergeräte unterstützen den Fahrer bei der Arbeit. Der große Generator unter der Haube ernährt das fahrende Kraftwerk mit Strom, damit alle Komfort- und Sicherheitsbauteile ausreichend versorgt werden. Und davon hat selbst ein moderner Kleinwagen eine Menge: Klimaanlage, Airbags, ABS, ESP, Sitzheizung und elektrische Fensterheber sind nur einige davon. Selbst über den Sound der einzelnen Knöpfe machen sich die Ingenieure mittlerweile Gedanken: Alles ist [foto id=“362573″ size=“small“ position=“left“]aufeinander abgestimmt, der Blinker-Klang mit dem Tastendruck der Klimaanlage und der Fensterheber und so weiter. Das fällt zwar keinem Autofahrer direkt auf, aber der Innenraum wirkt dadurch irgendwie heimeliger.

Der Kunde sei mittlerweile sehr anspruchsvoll und verlange auch von einem Kleinwagen Komfort und Sicherheit, meint Beyer. Das hat allerdings seinen Preis: Unter einer Tonne Leergewicht gibt es den Fiesta nicht mehr und für das Einstiegsmodell müssen mittlerweile 11.700 Euro gezahlt werden, vor 35 Jahren waren es nur 8.440 Mark. Verbessert hat sich in all den Jahren das Fahrverhalten: „Man weiß genau, was die Reifen machen, man spürt das Auto, ohne dass es stört“, ist der Entwickler vom aktuellen Modell begeistert. Zu hören sind heute nur noch die Räder und der rauschende Wind. Und es riecht weder nach Benzin noch nach Öl, was dann irgendwie auch schon wieder schade ist.

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