Korea ist angekommen

Fahrbericht Kia Stinger 3.3 T-GDI AWD GT

Kia Stinger GT. Bilder

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„Entschuldigung, können Sie mir ein bisschen was über dieses Auto erzählen?“, „Ich wusste nicht, dass Kia neuerdings solche Sportwagen baut“, „Sieht aus wie’n Maserati“ – Mit dem Stinger zu fahren, bedeutet ehrliche Bewunderung in den Augen von Autofans zu sehen.

Das Datenblatt wirft die Reservierten dazu in einen Strom der Erkenntnis:

Ein 3.3-Liter-V6-Biturbo setzt 370 PS mittels einer in Korea entwickelten Acht-Gang-Automatik in tosende Allrad-Traktion um. In 17,4 Sekunden Tempo 200 Kilometer pro Stunde zu erreichen, ist nur eines der zahllosen Features, die der koreanische Gran Turismo mitbringt.

Auf den Straßen und Parkplätzen, in den Tiefgaragen oder vor der Pommesbude – der Kia Stinger lässt Menschen zu neugierigen Erdmännchen mutieren. Hier und da naht jemand heran, um den Koreaner zu beschnuppern, der optisch eine Show macht, dass es nur so blitzt. Dass gerade Kia mit einem Auto um die Ecke biegt, das so viel cooler ist als die Premium-Platzhirsche, ist eine Nachricht. Und durch den Wegfall der erhöhten Markensymbolik fürchten sich die Leute nicht mehr, ihr Interesse zu zeigen. Als Stinger-Fahrer kann man sich daher auf etwas Extra-Zeit beim Tanken oder auf dem Supermarktparkplatz einstellen. Das für 590 Euro Aufpreis erhältliche High Chroma Rot unseres Testfahrzeugs multipliziert solche Effekte sicherlich zusätzlich.

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Wiederkehrende Vergleiche mit der deutschen Premiumklasse

Ein naheliegender Gedanke beim Kia Stinger, der bei kulturwissenschaftlicher Perspektive absurd erscheint: Denn wer bisher keine Kosten und Mühen gescheut hat, einen Audi, BMW oder Mercedes-Benz zu kaufen, wird das auch weiterhin tun. Dort gibt es eine bessere Verarbeitung. Die großen Markenhistorien kann der Kia auch nicht bieten. Denn er schreibt sie gerade. Fahrspaß zum kleinen Preis – und Extras sind bei der umfangreichen Serienausstattung nicht mehr nötig – es klingt wie ein Traum.

Auf Basis des Hyundai Genesis G80 hat Kia ein fünftüriges Coupé auf die Beine gestellt, das im Hintergrund von klingenden Namen eingebettet wird: Peter Schreyer, seit 2006 Chefdesigner bei Kia, stimmte zusammen mit Gregory Guillaume ein kleines Konzert aus den besten europäischen Designs der letzten Jahre an. Von hinten erinnert der Stinger GT an Maserati, im Profil an Jaguar und die Front geht mit der charakteristischen Tigernase eine Terz in Richtung M-Abteilung. Die Best-Of-Sinfonie ist am Ende 4,83 Meter lang, 1,87 breit und nur 1,40 Meter hoch.

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Im Innenraum geht es fast ähnlich zu

Die Schalter in der Mittelkonsole erinnern an Stuttgart, der Zulieferer des grandiosen Audiosystems trinkt eigentlich in München seinen Kaffee und das Lenkrad ist eine Blaupause aus Ingolstadt. Abkupfern können alle Hersteller – aber bei Kia sucht man danach. Denn eine Marke die bis vor einem Jahrzehnt noch Autos hergestellt hat, deren wichtigstes Extra eine umklappbare Rücksitzbank war, fährt heute die Kofferraumklappe per Fernbedienung hoch. Sicherlich versprühen nicht alle Elemente den hochwertigen Charme eines modernen Audi S-Modells. Die Lüftungsdüsen wirken etwas lieblos eingesetzt und die Lenkradverkleidung ist aus dem billigsten Kunststoff gegossen, der im Auto nirgendwo sonst vorkommt. Zu allem Überfluss hat die Kappe des Automatik-Wählhebels Spiel.

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Im Kia Stinger GT funktionieren Konzept und Technik tadellos

Die Haptik hat sich in den letzten Jahren derart verbessert, dass man sich mit geschlossenen Augen in einem Premiumfahrzeug aus der oberen Mittelklasse wähnt. Sobald man sie öffnet, stellt man allerdings fest, dass noch ein paar Meter zu gehen sind, bis echtes Premium-Gefühl aufkommt. Die elektrischen Sportsitze mit Lordosenstütze sind komfortabel und führen die Insassen auch in schnell gefahrenen Kurven präzise. Auf der Rücksitzbank sitzen Menschen über 1,90 Meter noch bequem. Elektrisch verstellbar ist das gut in der Hand liegende abgeflachte Sportlenkrad mit Heizfunktion. Zum Ausstieg fahren Sitz und Lenkrad dann zu einer seichten Musik zurück, die an die Startmelodie eines alten Smartphones erinnert. Solche Putzigkeiten machen den Stinger GT bei aller Kraft sympathisch.

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1971 Kilogramm

Der Blick in den Fahrzeugschein wirkt wie ein Schock. Denn so viele Kilos wiegt das fünftürige Sportcoupe. Das verdankt Kia seinem Ahnen, dem Hyundai G80. Ein intelligenter Allrad-Antrieb, der die Traktion je nach Lage bis zu 100 Prozent an die Hinterachse transportiert, sorgt für den Vortrieb aus sechs Zylindern und zwei Turboladern. Auch die stammen von Hyundai. Selbst vollbesetzt bleibt das Fahrgefühl sportlich bis komfortabel und wird selbst auf Winterreifen von ungeheurer Traktion beherrscht. Aus dem Stand heraus beschleunigt der Stinger GT in 4,9 Sekunden auf 100 km/h – sofern er noch keine Euro 6d-Temp-Norm hat (dann 5,5 Sekunden). Mit der Launch-Control-Funktion sind Katapultstarts möglich, die den Bauch des Beifahrers in eine Wäschetrommel verwandeln können.

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Ein Sahnestück des Stinger GT ist die Acht-Gang-Automatik

Sie zeigt bei dem zur Verfügung stehenden Drehmoment von 510 Newtonmetern nicht die Spur der Überforderung mit dem hohen Gewicht. Vier Fahrprogramme stehen zur Verfügung: Eco, Comfort, Sport und Sport+. Im Ecomodus gleiten die Gänge nahezu unbemerkt durch das niedrige Drehzahlband, der Comfort-Modus stellt eine ausgeglichene Variante dar, bei der jederzeit genug Leistung abrufbar ist. Stellt der Fahrer den Drehregler auf Sport, fliegen die Gänge per Druck auf die Schaltwippen herein wie mit dem Hammer in den Antrieb geschlagen. Schon bei der kleinsten Fußbewegung gieren die Turbolader nach mehr Ladedruck und der Tacho wird zum Stromzähler.

Neigt der Stinger GT durch den heckbetonten Allrad-Antrieb bei zu beherztem Gasgeben zum Übersteuern, ist gleichmäßiges Gegenlenken im Fahrprogramm Sport+ gefordert. Hier sind sämtliche Fahrhilfen abgeschaltet. Der normale Sportmodus lässt bereits mehr als ausreichend Spieltrieb zu und steuert mit einem angenehm abgestimmten Stabilitätsprogramm gegen. Verantwortlich für die guten Fahreigenschaften ist der ehemalige BMW-M-Entwicklungschef Albert Biermann. Schon vor Jahren zu Hyundai und Kia gewechselt, verpasste er dem schweren Allradwagen auf der Nürburgring Nordschleife eine sportlich-agile Note. Dadurch ist der Kia kein Rennwagen, aber ein gut abgestimmtes Oberklasse-Coupe. Die Bremsen sind für das Gewicht aber leider unterdimensioniert.

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Bei rasanter Fahrweise wird der Kia Stinger durstig

Mindestens 14 Liter verbraucht der kräftige Gran Turismo wenn man ihn fährt. Zwölf Liter sind möglich, wenn man ihn gemütlich auf eigener Achse transportiert. Weit über 25 Liter würden auf einer Rennstrecke verfliegen. In dieser Leistungsklasse ist das weder gut noch schlecht. Es gehört dazu. Wer den Stinger GT am Ende kauft, hat sich darauf eingelassen und sieht den spannenden Herausforderer aus Fernost als Bereicherung für den Alltag. Strecken jenseits von 600 Kilometern lassen sich mit dem eleganten Blickfang absolvieren – sofern man zwischendurch tankt. Vielleicht sind es aber auch die Unterhaltskosten auf dem Niveau eines Jaguar F-Type, die dem Stinger GT seine rote Träne aus den Rückleuchten laufen lassen. Immerhin: Ein Kia steht jetzt in einer Spalte mit einem Jaguar.

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Preislich fast noch unter dem Radar

Der Kia Stinger kommt dort ins Spiel, wo jemand ein Auto sucht, das Spaß macht aber der Familie nicht im Weg steht – vorausgesetzt das Sparschwein ist gut gefüllt: 55 000 Euro muss man für einen Kia Stinger investieren. Für das Geld ist er so hoch ausgestattet, dass er im Vergleich zu einem Audi S5 trotzdem einen Preisvorteil von über 25 000 Euro bietet. Lederausstattung mit Sitzheizung und Sitzbelüftung, beheiztes Lenkrad, Vier-Zonen-Klimaautomatik, beheizte Rücksitzbank, Harmann & Kardon Soundsystem, Querverkehrwarner, Totwinkelwarner, Notbremsassistent, Abstandstempomat, Spurhalteassistent, Head-Up-Display, Navigationssystem, 360-Grad-Rückfahrkamera – und alles funktioniert. Dazu gibt es sieben Jahre Herstellergarantie in einer wartungsintensiven und kostspieligen Fahrzeugklasse. Mit solchen Argumenten wundert es nicht weiter, dass im letzten Jahr 1149 Exemplare des Stinger zugelassen wurden – natürlich bei Weitem nicht alle mit dem kräftigen 3.3 T-GDi und Allradantrieb.

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Technische Daten Kia Stinger 3.3 T-GDI AWD GT

Länge x Breite x Höhe (mm) 4830 x 1870 (o. Spiegel) x 1400
Radstand (mm) 2905
Motor V6-Biturbo-Benziner, 3342 ccm
Leistung 366 PS (269 kW) bei 6000 U/min
Max. Drehmoment 510 Nm bei 1300 – 4500 U/min
Höchstgeschwindigkeit 270 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h 5,5 Sek.
Normverbrauch 10,5 Liter
Testverbrauch 13 Liter
CO2-Emissionen 247 g/km (Euro 6d-Temp)
Effizienzklasse F
Kofferraumvolumen 406 – 1114 Liter
Basispreis 55 000 Euro

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