Kommentar: Umschaltern von „nützlich“ auf „schick“

Daimler steigt beim US-Elektroautoexoten Tesla ein. Das muss etwas zu bedeuten haben. Es kann jedenfalls nicht daran liegen, dass Daimler über ein zu geringes Wissen um den Elektroantrieb verfügt. Schließlich haben die Stuttgarter schon 1972 den ersten Elektro-Transporter auf die Räder gestellt und seitdem immer weiter am batterieelektrisch betriebenen Fahrzeug für Personen und Fracht gearbeitet.

Es entsprach dem Geist der Zeit in der ersten Ölkrise in den 70-ger Jahren, schnell Lösungen für Transportaufgaben zu suchen. Ebenso lag es nahe, angesichts des unglaublichen Gewichts einer Fahrzeugbatterie mit der uralten Blei-Säure-Chemie mit einem großen Fahrzeug anzufangen. In den 90-gern stand man dann vor der Aufgabe, die US-Vorschriften zu erfüllen und dort fünf Prozent aller Fahrzeuge ohne jegliche Emission am Ort ihres Betriebs anzubieten. Damals entstand die A-Klasse mit dem Keller für die Blei-Batterie, die dort für einen tiefen Schwerpunkt und akzeptable Reichweiten sorgen sollte.

Die Amerikaner sahen damals ein, dass die Fünf-Prozent-Forderung die komplette Industrie angesichts der schwachen Batterien überfordern würde und steckten zurück. So kam die A-Klasse zum klassischen Verbrennungsmotor. Auch der Smart hat seine Karriere – damals noch beim trotzigen Erfinder Hajek –als Elektro-Stadtauto beginnen sollen, bevor auch sie dann auf Benzin- und Dieselmotoren umgestellt wurde.

Der Hybridantrieb im Mercedes-Benz S 400 als Serienprodukt, die Versuchsserien von Fahrzeugen mit Brennstoffzellen, die Kooperation mit drei Herstellern von Lithiumionen-Batterien – das Know how ist im Haus. Was Daimler an Tesla reizt, ist wohl eher die andere Denke. Tesla verkauft seinen Roadster für 99 000 US-Dollar, und das mit Erfolg, während bei uns über die hohen Batteriepreise debattiert wird.

Tesla ist es gelungen, dem Elektroantrieb eine neue Dimension hinzuzufügen. Die Amerikaner mit ihrem kleinen Werk, das die Schwaben sicher als „Werkle“ nennen würden, haben sich auf eine Eigenart des Elektromotors konzentriert, die kein anderer Antrieb bieten kann: maximales Drehmoment von Drehzahl eins an. Eigentlich lag da nichts näher, als einen Sprinter zu bauen, mit dem man sich in LA oder New York sehen lassen kann.

Tesla hat beim Elektroantrieb umgeschaltet von nützlich auf schick, und das perfekt auf einem Chassis von Lotus. „Das hätte unseren Ingenieuren vor 40 Jahren auch mehr Spaß gemacht“, kommentierte Daimler-Forschungschef Dr. Thomas Weber bei der Pressekonferenz zum Einstieg bei Tesla am Dienstag (19. Mai 2009) im Mercedes-Benz-Museum. Aber die Ingenieure mussten sich damals mit Blei begnügen. Heute stehen Lithiumionen-Batterien zur Verfügung, die ein Vielfaches können.

Seit dem Drei-Liter-Lupo von Volkswagen weiß man, dass ökologische Qualität für den Verkaufserfolg allein nicht reicht. Es braucht einen stärkeren Reiz, um nicht nur Freaks in den Handel zu locken. Toyota hat versucht, dass mit dem Design des Prius-Hybrids hinzubekommen und hatte Erfolg, obwohl man sich über die Schönheit dieses Auto heftig streiten kann. Aber es zeigt, wes‘ Geistes Kind man ist. Und das ist Geld wert. Honda geht mit dem Insight einen auffällig ähnlichen Weg. General Motors dagegen bringt jetzt mit dem Volt ein sportliches Coupé, das möglicherweise beim Design noch zu eng am Vorbild eines konventionellen Sportwagens klebt.

Nun darf man gespannt sein, in welcher Richtung Tesla die Denke beim Daimler verändert. Immerhin ist die Tesla Motors Inc. in der Nähe des Silicon Valley in Kalifornien das einzige US-Automobilunternehmen, das Fahrzeuge ohne Emission anbietet und dafür von Käufern rund 75 000 Euro kassiert.

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