VW

Caddy – Ein VW ohne Golfansprüche

Ronny Kauerhof — Platz für die berühmte Golftasche wäre im VW Caddy. Aufgrund seines Namens könnte der Wagen für den Transport der Golfschläger ideal sein. Doch Elite- oder Mittelklasseansprüche will die Weiterentwicklung des Caddys von 1978 mit Sicherheit nicht erfüllen. Nutzen wird bei diesem Fahrzeug groß geschrieben. Zum einen ist der Caddy Trendline EcoFuel (CNG) mit Erdgas im Tank sehr wirtschaftlich, zum andern ist das Preis-Leistungs-Verhältnis in Bezug auf den enormen Stauraum exzellent. Und mit der VW-typischen guten Verarbeitung kann der Caddy bestens gegen Renault Kangoo, Fiat Doblò, Opel Combo, Mercedes Citan und Co. bestehen

Der VW Caddy ist in der Kategorie der Hochdachkombis angesiedelt (etwa 40 Zentimeter höher als andere Kombis). Im Mittelpunkt steht beim Caddy die Funktionalität. Dem ordnet sich das Karosseriedesign sichtbar unter. So ist das Konzept des Wagens auch mit Sitzbank, Scheiben und voll verkleidetem Innenraum immer noch leicht zu erkennen. Ursprünglich wurde dieser VW Ende der siebziger Jahre als zweisitziger Pickup auf Golf-I-Basis für den US-Markt entwickelt. Karriere machte der Caddy als Kastenwagen für Handwerker. Er ist seit der ersten Generation Anfang der achtziger Jahre aus dem deutschen Straßenverkehr nicht mehr wegzudenken.

Karges Innenleben aufwerten

[foto id=“453350″ size=“small“ position=“right“]Mit dem Facelift im Herbst 2010 erhielt der Caddy das aktuelle Volkswagen-Gesicht. Der schmalere Kühler und die organischer ins Auto integrierten Scheinwerfer sollen das Gefährt auch für Privatpersonen attraktiver machen. Trotzdem wurden 2012 laut Kraftfahrt-Bundesamt mehr als 85 Prozent der Kompakttransporter aus Wolfsburg gewerblich zugelassen.

Gebaut wird der Caddy im polnischen Poznań. Das Testfahrzeug hat das Werk in der Farbe Belugablau und der Ausstattungslinie Trendline verlassen. VW-typisch ist die karge Serienausstattung, die nach Aufstockung durch die Optionsliste verlangt. Ohne Aufpreis hat der VW Caddy die wichtigsten Sicherheitssysteme mit an Board. Standard sind zwei Airbags, elektronisches Stabilisierungsprogramm (ESP), Antiblockiersystem (ABS), Antriebsschlupfregelung (ASR), elektronische Differenzialsperre (EDS) und Motorschleppmomentregelung (MSR).

[foto id=“453351″ size=“small“ position=“left“] Ebenfalls im Umfang der Ausstattungslinie Trendline enthalten sind ein Lenkrad, das in Höhe und Tiefe verstellbar ist, sowie Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung, elektrische Fensterheber, Unterbodenschutz, vier Verzurrösen zur Ladegutsicherung und zwei praktische Schiebetüren für den Fahrgastraum. Allein dafür ist die Ausstattungslinie Trendline empfehlenswert. Bei der etwa 1.300 Euro günstigeren Ausstattung Startline wird die Schiebetür nur rechts verbaut. Wer Kleinkinder hat, wird diese praktische Zugabe auf engen Parkplätzen lieben. Optional können beide Ausstattungslinen mit getönten Scheiben im Fond (208 Euro) aufgewertet werden. Äußerlich setzen die 16-Zoll Leichtmetallräder für 1.095 Euro ein weiteres Highlight. Den Nutzwert steigern außerdem das Multifunktionslenkrad (292 Euro) und die Vorbereitung des Caddy für Smartphones (280 Euro), das Cool & Find Paket (2.178 Euro) mit Klimaanlage und Navigationssystem sowie der Tempomat (333 Euro). Im auto.de-Test konnte zudem der Parklenkassistent mit dem Parkpiloten (720 Euro) unter die Lupe genommen werden. Der funktioniert ohne Probleme, obwohl geübte Autofahrer den Wagen natürlich schneller ohne Autopilot in eine passende Lücke manövrieren. Damit ist der Testwagen ähnlich hochwertig bestückt wie Fahrzeuge mit den Ausstattungen Comfortline und Highline.

[foto id=“453352″ size=“small“ position=“left“]Wer schon mal in einem VW saß, wird sich auch im Caddy sofort zurechtfinden. Multifunktionslenkrad, Bordcomputer oder Infotainment-System kennt man aus Passat oder Touran. Alle Mitfahrer können entspannt die Fahrt genießen, weil es auch in der zweiten Reihe genug Beinfreiheit gibt. Die Aufpolsterung des Gestühls hingegen ist selbst für diese Klasse etwas hart.

Platz für eine Europalette

Bereits ohne Ausbau der Rückbank gibt es genügend Raum fürs Gepäck des Familienurlaubs (750 Liter). Für Handwerker, die auf die zusätzlichen Sitzplätze verzichten können, lässt sich der Frachtraum im Caddy auf maximal 3.030 Liter vergrößern. Wer will, kann auch eine Europalette mit dem Gabelstapler ins Auto heben. Beim ErdgasCaddy darf das Ladegut etwa eine halbe Tonne schwer sein. [foto id=“453353″ size=“small“ position=“right“]Zusätzlich sorgt das Ablagekonzept mit unzähligen Stauräumen und Netzen für Ordnung. Eine Dachgalerie über der Windschutzscheibe bietet Platz, um wichtige Utensilien griffbereit zu haben. Durstige Handwerker freuen sich über die Möglichkeit, 1,5-Liter-Flaschen kippsicher in den vorderen Türen aufbewahren zu können.

Hauptsache es fährt

[foto id=“453354″ size=“small“ position=“right“]In unserem Testfahrzeug arbeitete ein sparsamer Ottomotor für Erdgas. Die 2.0 EcoFuel-Variante leistet 109 PS. Das reicht gerade so, um mit dem etwa 1,6 Tonnen schweren Fahrzeug im Verkehr zu schwimmen. Doch schon Pkw, die auf der Landstraße nur 80 km/h fahren, lassen sich schwer überholen. Aus dem Sprint von null auf hundert wird bei unserem Testwagen schnell ein Dauerlauf über 13,8 Sekunden. So fühlt man sich als Fahrer mit voll beladenem Wagen außerhalb der Ortschaft etwas untermotorisiert. In der Stadt macht der wendige und gut lenkbare Kompakt-Transporter dagegen eine gute Figur, auch ohne ein Ampelschnellstarter zu sein.

[foto id=“453355″ size=“small“ position=“left“]Sein Image als Kastenwagen-Transporter kann der Caddy während der Fahrt nicht verbergen. Natürlich ist eine Starrachse mit Blattfedern und Stoßdämpfern nicht zu vergleichen mit einer McPherson-Federung. Aber die kaum störenden polternden Geräusche werden durch die hohe Zuladungskapazität ausgeglichen. Der Caddy ist kein Aerodynamikwunder und kommt bei scharfen Kurven schon mal ins Schwimmen. Doch für lange Fahrten zur Baustelle oder in den Urlaub ist das Erdgas-Modell mit Tempomat gut geeignet. Passagiere und Ladung kommen sicher zum Ziel.

Keine neuen Erdgastankstellen in Sicht

[foto id=“453356″ size=“small“ position=“right“]Falls bei ausgedehnten Ausflügen der Brennstoff (26 Kilogramm) in den Erdgasflaschen unter dem Wagenboden nicht ausreicht, schaltet das Fahrzeug automatisch auf den 13 Liter fassenden Benzintank um. So ist eine Reichweite zwischen 400 und 600 Kilometer möglich. Im auto.de-Test schlug sich der CNG-befeuerte Motor mit 6,7 Kilogramm pro hundert Kilometer wacker. Wenn der Fuß nur sacht am Gas hängt, lässt sich der Verbrauch sogar auf 5,8 Kilogramm drücken.

Allerdings besteht weiterhin das Problem der grobmaschigen Erdgasversorgung. In Deutschland gibt es nur etwa 900 Tankstellen, die komprimiertes Erdgas (CNG) anbieten. Deshalb müssen längere Reisen gut geplant werden. Da es mittlerweile im Einzugsbereich von Großstädten ausreichend Tankstellen gibt, werden sich hier potentielle Caddy-Interessenten finden. Zusätzlich zur Kostenersparnis beim Treibstoff garantiert der Staat ein Sparpotential bei Kfz- und Mineralölsteuer bis 2018.

Alternativ bietet VW-Nutzfahrzeuge in der Trendline Dieselmotoren (TDI) mit 75, 102, 110 und 140 PS an. Als Benziner kommen zwei Motoren mit Turbolader und Direkteinspritzung zum Einsatz. Aus 1,2 Litern Hubraum entwickeln die sparsamen Vierzylinder 86 oder 105 PS. Der Preisunterschied zwischen dem günstigsten Benziner und dem Top-Turbodiesel beträgt fast 11.000 Euro.

Fazit

Im Bereich der Hochdachkombis punktet der Caddy mit Volkswagenqualität. Von so einer Verarbeitung kann ein Mercedes Citan nur träumen. Vor allem die Materialanmutung und Positionierung der Schalter ist im Caddy besser gelöst. Dennoch bleibt dem Verwandten des Touran nur ein Nischendasein. Abgesehen von gewerblichen Nutzern entscheiden sich nur wenige Käufer für das Fahrzeug, obwohl der Caddy bereits ab 17.517 Euro zu haben ist. In der VW-Hierarchie stehen T5, Sharan und Touran weiter oben.

Schwer hat es der Caddy ebenfalls gegen direkte Konkurrenten, denn dieser Preis wird ausgerechnet aus dem eigenen Haus attackiert. Der Skoda Roomster ist zwar etwas kleiner, doch der tschechische Autobauer bietet den Wagen etwa 4.000 Euro günstiger an. Davon abgesehen ist der Caddy ein vollwertiges Nutzfahrzeug. Über 30.000 Zulassungen 2012 sprechen hier eine deutliche Sprache.

Datenblatt & Bewertung VW Caddy Trendline Ecofuel
   
Länge/Breite/Höhe (m) 4,41/1,79/1,85
Radstand (m) 2,68
   
Motor 2-Liter Reihenvierzylinder, Erdgasmotor, manuelles 5-Gang-Getriebe
   
Leistung 
Hubraum (cm³) 1.984
Leistung (kW/PS) 80/109
max. Drehmoment (Nm bei U/min) 160 bei 3.500 – 4.700
Höchstgeschwindigkeit (km/h) 169
Beschleunigung 0-100 km/h (s) 13,8
   
Verbrauch 
Test-Verbrauch (kg/100 km) 6,7
Verbrauch laut Hersteller (kg/100 km) 5,7
CO2-Ausstoß laut Hersteller (g/km) 156
Schadstoffklasse Euro 5
Energieeffizienzklasse C
   
Ausstattung (Basismodell)
  zwei Airbags, elektronisches Stabilisierungsprogramm (ESP), Antiblockiersystem (ABS), Antriebsschlupfregelung (ASR), elektronische Differenzialsperre (EDS), Motorschleppmomentregelung (MSR), Tagfahrlicht, Halogen-Scheinwerfer, Sicherheitsinnenspiegel (abblendbar)
   
Gewicht und Zuladung 
Leergewicht mit Fahrer (kg) 1.675
zulässiges Gesamtgewicht (kg) 2.175
Kofferraumvolumen (l) 750 – 3.030
   
Preis (Euro)  
Basismodell ab 17.517
Testwagen 30.262,89
   
Bewertung  
Exterieur-Design 3
Interieur-Design 2,5
Multimedia 2,3
Navigation 2
Fahrbetrieb 3
Verbrauch 1,5
   
Kosten pro Jahr (Euro) 
Kraftstoffkosten 2 1.085,40
Steuern 132
Wertverlust 4.539,43
Gesamtkosten pro Jahr1 5.756,83
   
Testnote 2,4
   
+ üppiger Stauraum
+ sparsamer Verbrauch und geringe Kosten durch Steuervorteile
Nutzfahrzeugdesign
etwas untermotorisiert
   
1 Die Kosten pro Jahr setzen sich aus Kraftstoffkosten, Kfz-Steuer und errechnetem Wertverlust (15 Prozent p.a.) zusammen.
2 Kraftstoffkosten bei 1,08 Euro/kg Erdgas CNG und einer jährlichen Laufleistung von 15.000 Kilometern

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