Kommentar: Aus dem Rennen genommen

Wem nützt es, fragten schon die alten Römer, wenn sie Hintergründe ausleuchten wollten. Solch eine Frage wird sich nun auch BMW-Chef Norbert Reithofer gestellt haben, bevor er und sein Vorstand zu dem Entschluss kam, den eigenen Formel-1-Stall aus dem Rennen zu nehmen. Für einen Vorstandsvorsitzenden ist eine solche Frage Pflicht, selbst in ihrer scheinbar egoistischsten Form: Was nützt es meinem Unternehmen?

Immer wieder hört man, viele Technologien unserer heutigen Straßenfahrzeuge hätten ihren Anfang im Rennsport genommen. Das ist sicher so. Doch ist nicht gerade die Formel 1 zum Tanz um einen Popanz geraten, seit zwei alte Herren namens Mosley und Ecklestone bestimmen, was gut für die Rennserie und für ihr Geschäft ist? Haben die beiden das Rad mit der Hilfe vieler Rennställe nicht überdreht?

Schon beim jüngsten Gerangel um Regeln und Budgets hätte es einen passenden Termin für den Ausstieg gegeben, einen Ausstieg, den jeder angesichts des albernen Hin und Her verstanden hätte. Denn die Frage lag auf dem Tisch, ob das Ergebnis der Formel 1 für das Unternehmen den Aufwand lohnt. Dass die Verantwortlichen in den Rennställen diese Frage mit einem lauten Ja beantworten, darf man voraussetzen. Niemand lässt seine Arbeit gern in Frage stellen. Deswegen kann man die realistischeren Argumente eher dort finden, wo es um den wirtschaftlichen Erfolg des gesamten Unternehmens geht.

Der Marketingchef wird kaum beziffern können, wieviele BMW verkauft worden sind, weil das Unternehmen sich in der Formel 1 engagiert? Er wird dafür aber zugestehen müssen, dass auch der Ausstieg aus der DTM keineswegs zu einem Einbruch bei der Nachfrage nach BMW geführt hat.

Jedes Unternehmen muss sich tagtäglich um die Pflege seiner Marke kümmern. Aber geschieht das, wenn fern in der Türkei oder gar in Ostasien vor leeren Rängen die Boliden in die Bande krachen und in Europa nur wenige zusehen, weil manche Rennen gar zu Zeiten stattfinden, in denen nur der Erzfan noch die Augen offenhalten kann? Die Globalisierung der Formel 1 hat ihr den Charme genommen und die Kosten nicht gerade gesenkt.

In diesen Zeiten kann es Automobilunternehmen nicht in erster Linie um Kosteneinsparungen gehen. Sparen hat noch selten ein Unternehmen gerettet, wohl aber Investitionen. Heute stehen die Automobilhersteller vor riesigen Herausforderungen. Sie müssen einen großen Strauß neuer Technologien zum Laufen zu bringen, damit die Kunden in aller Welt morgen mit genau den Autos versorgt werden können, die sie nachfragen. Verbrauchssenkung, Hybridantrieb, Elektroantrieb, Batterien, Wasserstoff und andere alternative Kraftstoffe – das sind die Rennen, die heute gewonnen werden müssen. Dort eingesetztes Geld nützt dem Unternehmen und nebenbei auch noch der Gesellschaft wie der Umwelt.

BMW steht nicht allein vor diesem Berg an Aufgaben. Jetzt darf man gespannt sein, weil die anderen Hersteller mit eigenem Formel-1-Rennstall reagieren: Mercedes-Benz, Toyota, Renault und Fiat für Ferrari werden nun wohl auch eine neue Runde in ihren internen Formel-1-Debatten beginnen. Vielleicht liegt im Ausstieg sogar die Chance für eine neue Formel 1. Wenn die großen Unternehmen ihr Marketinggeld aus dieser Rennserie herausziehen, öffnet sich ein weites Feld für Enthusiasten. Das könnte denen und dem Publikum das alten Vergnügen am Rennen zurückbringen.

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