Kommentar: MultiAir – die “übersehene“ Revolution auf der IAA

Fiat verschafft sich im Motorenbau einen gewaltigen Vorsprung durch Technik: Es gibt eine Revolution auf der diesjährigen IAA – ein Auto, das, auch wenn es leuchtend rot lackiert ist, „grüner“ kaum sein kann. Doch dieses Auto ist weder ein Elektroauto noch ein Hybridfahrzeug noch irgendein anderes Modell mit alternativen Antriebsquellen oder für alternative Kraftstoffe, sondern ein, sagen wir es so leger, „stinknormaler“ Benziner.

Und weil der auf den ersten Blick so normal ist, haben ihn die Medien auf der Suche nach spektakulären Neuheiten schlicht übersehen. Dabei ist der Motor des kompakten Alfa Romeo MiTo 1.4 MultiAir, denn um den geht es hier, eine der ganz großen Revolutionen im Bau von Verbrennungsmotoren, um genau zu sein: von Ottomotoren, denn Diesel regeln ihre Leistung nach einem anderen Prinzip.

Es ist schon beachtlich, was der neue MultiAir-Motor kann. Denn er liefert zehn Prozent mehr Leistung und verbraucht trotzdem glatte zehn Prozent weniger Kraftstoff, was damit auch zehn Prozent weniger CO2 bedeutet. Verkleinert man den Motor und kombiniert ihn mit einem Turbolader – was Fachleute „Downsizing“ nennen „, dann sind bei gleicher Leistung gegenüber einem Motor mit normaler Ansaugung sogar bis zu 25 Prozent Kraftstoffeinsparung möglich.

Das sind geradezu spektakuläre Werte, die eigentlich für Schlagzeilen sorgen müssten. Doch die Medien „verschlafen“ diese Revolution, die noch einen besonders attraktiven Aspekt hat. MultiAir ist nämlich nicht Zukunftstechnik wie der ganze Elektrohype, und der Alfa Romeo Mii1.4 MultiAir kein ShowCar, sondern Realität – so real, dass man dieses Auto bereits seit einigen Tagen bei jedem Alfa-Händler kaufen kann. Und das zu einem ganz normalen Preis. Und schon bald wird es auch erste Fiat-Modelle mit dieser Technik geben.

Dass es darauf so gut wie keine Reaktion gibt, ist nicht nur verblüffend sondern geradezu erschreckend. Schließlich macht Fiat als einer der großen europäischen Großserienhersteller bei der Verbrauchssenkung und CO2-Reduktion einen geradezu gewaltigen Sprung nach vorn, bietet eine überzeugende Lösung für eines der am heißesten diskutierten Probleme des Autoverkehrs mit Blick auf den in der aktuellen Debatte allgegenwärtigen Klimaschutz – aber niemand schaut hin und spricht darüber. Liegt es vielleicht daran, dass dieser so revolutionäre Motor „nur“ ein Verbrennungsmotor ist und damit „Technik von gestern“, wie uns viele Umwelt- und Klimaschützer in Politik und anderen Interessengruppen ständig weismachen wollen?

Schwappt die Debatte, die bei der Stromerzeugung nur noch Systeme akzeptieren will, die Sonne, Wind, Biomasse und Wasserkraft zu Strom machen, und selbst die fortschrittlichsten fossilen Kraftwerke verdammt, nun auch aufs Auto über – macht sie den Verbrennungsmotor zum Symbol einer „politisch nicht korrekten“ Technik.

Wir sollten, ungeachtet des innovativen Potenzials, das in der Elektromobilität und Antrieben mit Wasserstoff steckt, den Blick ganz schnell wieder in die Realität lenken. Denn der Verbrennungsmotor ist die Motorentechnik, mit der wir es in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten vornehmlich zu tun haben werden. Alles andere, so spektakulär es auch ist, wird erst einmal Nischentechnik bleiben. Das erklärte erst jüngst VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg, das unterstrichen in den letzten Monaten mehrfach führende Mitarbeiter von Bosch. Das sind Fachleute, die, wenn sie so sprechen, aus ihrer täglichen Arbeit auch wissen, wovon sie sprechen – ganz im Unterschied zur Mehrzahl unserer Politiker, deren oft geradezu fundamentale Unkenntnis über Autotechnik immer wieder erschrickt. Wobei besonders schlimm ist, dass der hier verbreitete Unsinn von einem technisch immer schlechter gebildeten Volk auch noch geglaubt wird.

Der Verbrennungsmotor im Auto ist alles andere als Technik von gestern, sondern eine in mehr als einem Jahrhundert konsequent fortentwickelte hochmoderne Technik nicht nur von heute, sondern auch für morgen – und das mit einem gewaltigen Innovationspotenzial. Und wenn es einem Massenhersteller wie Fiat gelingt, mit der zylinderselektiven Ventilsteuerung MultiAir für jeden einzelnen Zylinder und jeden Verbrennungszyklus die optimale, an die aktuelle Last angepasste Luftmenge in den Brennraum zu bringen, dann ist diese raffinierte Mechatronik genau das, was man heute gerne als Quantensprung in einem Entwicklungsprozess bezeichnet. Denn es gibt zwar viele intelligente und raffinierte Systeme zur variablen Ventilsteuerung. Doch ob Audi mit Valvelift, BMW mit VANOS und Valvetronic, Honda mit VTEC, Porsche mit VarioCam oder Toyota mit VVT-I – jeden Zylinder einzeln ansteuern, das kann allein Fiat mit MultiAir. Und das verschafft den Italienern, die dieses System übrigens zusammen mit der deutschen Schaeffler-Gruppe entwickelt haben, einen gewaltigen technischen Vorsprung. Zu dem zählen zudem attraktive Nebeneffekte, wie zum Beispiel der Verzicht auf die aufwändige Einlassnockenwelle, der Gewicht und teure mechanische Bauteile und damit auch Platz und Kosten einsparen hilft.

Ein Fortschritt wie dieser verdient Beachtung. Dazu gehört in unserer durch die Medien geprägten Wahrnehmung allerdings auch, dass er von seinen Vätern als das verkauft wird, was er ist: eine Revolution, die ebenso spektakulär ist wie die Common-Rail-Technik beim Dieselmotor. Die wurde übrigens 1997 ebenfalls von Fiat eingeführt, aber so unspektakulär, dass das längst in Vergessenheit geraten ist.

Ein umso schwereres Versäumnis ist es, dass man in Turin nun erneut verkannt hat, wie wichtig es ist, für MultiAir zu trommeln und zu werben und den durch so viele politische Forderungen und widersprüchliche Äußerungen zum Benzinmotor verunsicherten Bürgern bewusst zu machen, dass man bei Fiat zur Verbrauchssenkung eine wahrhaft bahnbrechende Lösung hat. Noch dazu eine, die jetzt und sofort verfügbar ist.

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