Los Angeles 2012: Yes, we can

Diese Zahl hat die kühnsten Erwartungen der Ford-Manager übertroffen: Mehr als die Hälfte der Käufer des F-150 orderten die Eco Boost-Technologie, die vor allem die Pkw der Marke spritsparend antreibt. Einen zehn- bis fünfzehn prozentigen Anteil hatte man in Detroit dagegen für realistisch gehalten. Der Ford F-150 ist auch nicht irgendein Truck, sondern der Pick-up schlechthin und seit Jahren das meistverkaufte Fahrzeug in den USA. Wenn selbst Fahrer der heißgeliebten offenen Transporter umdenken, dann hat offenkundig eine Energiewende im amerikanischen Lebensgefühl stattgefunden.

Dieser Trend wird eindrucksvoll von der Los Angeles Auto Show belegt. Allein 24 neue Modelle mit Elektro- oder hybridem Plug-in-Antrieb feiern dieses Jahr in der Autometropole am Pazifik Premiere. Früher galt die Devise, daß sich kleine Modelle im Land des unbegrenzten Verbrauchs und der mächtigen Achtzylindermotoren nicht verkaufen ließen. Der Ford [foto id=“444484″ size=“small“ position=“left“]Fiesta, der beinahe auf die Ladefläche eines F-150 zu passen scheint, macht nun ebenso sein USA-Début wie der elektrische Fiat 500 und der winzige Chevrolet Spark in der batteriebetriebenen Version.

Als beispielsweise der Toyota Prius Ende der neunziger Jahre vorgestellt wurde, galt der neuartige Hybridantrieb in den Vereinigten Staaten als grünes Statussymbol von Hollywoodstars wie Leonardo di Caprio, die sich für die Umwelt engagierten. Das elitäre Image ist Geschichte: im Vergleich zum Vorjahr haben sich allein die Verkäufe dieses Modells um 92 Prozent gesteigert, wie das „Wall Street Journal“ kurz vor Messebeginn meldete. Toyota will seine Vorreiterrolle in den nächsten Jahren mit noch mehr Plug-ins ausbauen und 2015 erstmals einen Brennstoffzellen-Hybrid vorstellen. Inzwischen bauen aber auch Hersteller wie Ford mit dem Hybrid Fusion (Mondeo) eigene konkurrenzfähige Alternativen.

Früher warb die amerikanische Autoindustrie bei den Heimmessen in Detroit, New York oder Los Angeles mit Modellen, die auf Masse statt Klasse setzten und aus europäischer Sicht seltsam und überkommen wirkten. Aus dem Beinahe-Zusammenbruch nach der Finanzkrise haben Unternehmen wie General Motors, Ford und Chrysler vor allem eine neue [foto id=“444485″ size=“small“ position=“right“]Kundenfreundlichkeit gelernt: ihre aktuellen Flotten sind zeitgemäßer, besser verarbeitet und vor allem wirtschaftlicher. Limousinen von typisch amerikanischem Zuschnitt wie der Lacrosse der GM-Tochter Buick oder der Chevrolet Impala, die man in Europa auch nie zu sehen bekommt, behaupten sich wacker gegen die asiatische Konkurrenz und setzen heute auf Design und Wirtschaftlichkeit. Inzwischen ist ausgerechnet die Automobilindustrie mit Hauptsitz in der sterbenden Stadt Detroit ein Motor der langsam erstarkenden US-Wirtschaft. „Mileage“ – der Verbrauch – ist für schuldengeplagte Amerikaner so wichtig wie noch nie. Nicht zuletzt, weil die Gallone Kraftstoff (etwa 3,8 Liter) an den Zapfsäulen sich gerade wieder bei rund vier Dollar einpendelt. Selbst die vielen riesigen Geländewagen und kompakten SUVs werden auf der LA Auto Show mit ihrem günstigen Verbrauch beworben. Um diesen Kaufanreiz kommt selbst der luxuriöse Cadillac Escalade nicht herum.

Dieses Umdenken hat auch zu einem neuen Interesse am Selbstzünder geführt. Deutsche Hersteller wie Audi, Volkswagen und Mercedes-Benz haben den „clean diesel“ inzwischen in den USA salonfähig gemacht. Erstmals wurden heuer mit dieser Motorisierung auch mehr Pkw als Trucks verkauft. [foto id=“444486″ size=“small“ position=“left“]Ein Trend, den heimische Hersteller nicht verschlafen sollten, wie James Bell findet. Der GM-Manager leitet die Abteilung für „Consumer Affairs“ und ist so etwas wie die menschliche Schnittstelle zwischen Industrie und Käufer. Besonders stolz ist er auf den Chevrolet Cruze 2.0 TD. Unter dieser Bezeichnung präsentiert der Hersteller 2013 den wohl ersten Turbodiesel-Pkw eigener Provenienz in den Vereinigten Staaten. Chevrolet geht sogar noch einen Schritt weiter: die nächste Corvette-Generation besitzt zwar auch wieder einen V8-Motor mit über sechs Litern Hubraum, aber der amerikanische Traumwagen wird erstmals auch Zylinderabschaltung bieten. „Die meiste Zeit rollt so ein Wagen doch nur im Verkehr mit. Da reichen auch vier sparsamere Zylinder.“

Ein weiteres großes Thema der amerikanischen Autohersteller sind Fahrerassistenzsysteme. Die Übermüdung der Pendler im täglichen Stop & Go des Berufsverkehrs macht Spurhalteassistenten und adaptive Abstandshalter immer interessanter. Kaum ein Hersteller, der nicht auch die Möglichkeiten der Vernetzung zwischen Fahrzeug und Smartphone anbietet oder Sprachsteuerung im Infotainment-Portfolio aufzuweisen hat. Selbst klassische Muscle Cars wie der Dodge Challenger, die noch irgendwie unbekümmert den traditionellen Hang zum großhubigen Blubbern ausleben, haben diese Zukunftstechnologie an Bord.

Los Angeles ist eine Stadt der Extreme

Einerseits Zukunftslabor der Mobilität und Hauptstadt des neuen, grünen Lebensgefühls, andererseits eine Megacity am Rande des Verkehrsinfarkts. Um den einst berühmt-berüchtigten Smog in den Griff zu bekommen, erließ der Staat Kalifornien die strengsten Emissionsauflagen, die heute den Standard in der Autoindustrie setzen. Außerdem wurden die sogenannten HOV Lanes eingeführt, das sind Fahrspuren, die ausschließlich für Fahrgemeinschaften reserviert sind. Wer einen Hybrid oder ein Elektromobil bewegt, darf inzwischen auch diese zügigere Spur benutzen, selbst wenn der Fahrer alleine im Fahrzeug sitzt. Ein weiterer Anreiz, der auf der Auto Show beworben wird.

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