American Le Mans Series – PS-Party in Petit Le Mans

Das war ein Finale nach Maß: Zwar hat es für den Markenpokal diesmal nicht ganz gereicht. Doch mit ebenso sicheren wie souveränen 5. Platz haben sich die Porsche Werksfahrer Jörg Bergmeister aus Langenfeld und Patrick Long aus den USA am Wochenende in Atlanta den Sieg in der American Le Mans Series gesichert. Der schnelle Durchlauf des 911 GT RSR vom Team Flying Lizzard bei den 1.000 Meilen von „Petit Le Man“ ist für die Schwaben besonders wichtig. „Denn nirgendwo liegen die Erfolge im Motorsport und im Verkauf so eng zusammen wie hier in Amerika“, sagt Porsche Entwicklungschef Wolfgang Dürheimer: Win on Sunday, sell on Monday – hier gilt sie noch, die alte Regel des Rennsport-Marketings.

Das macht die American Le Mans-Series für die Autohersteller zu einer extrem wichtigen Bühne: Auf dem noch immer größten Sportwagenmarkt der Welt präsentieren sich deshalb beim Finale auf der abenteuerlichen Berg- und Talbahn von „Road Atlanta“ fast alle Marken aus der PS-Elite und sorgen für ein ausgesprochen buntes Starterfeld. Neben Porsche sind vor allem Corvette und Ferrari sowie der noch immer faszinierende Ford GT im Rennen. Außerdem schickt BMW den M3 und mittlerweile Jaguar den XK an den Start. Und weil das Finalrennen in diesem Jahr ein Wertungslauf des neuen International Le Mans Cup ist, schießen in der Prototypenklasse auch die R15 TDI von Audi und der 908 von Peugeot aus der Boxengasse.

Zwar sind die Ränge in Road Atlanta nicht ganz so dicht besetzt wie bei den Indycar- oder Nascar-Rennen, wo viele hunderttausend Fans die Ovale füllen und mehr Menschen vor den Fernsehern sitzen als in Deutschland bei der Fußball-WM. Doch trifft sich bei der American Le Mans Series nicht das PS-Proletariat, sondern die Elite der Autofans: „Wer hier zuschaut, kann sich unsere Fahrzeuge in der Regel auch leisten“, sagt Porsche-Sportchef Hartmut Kristen. Eine Tour rund um die Strecke gibt ihm recht: Im Corvette-Corral parken viele hundert Exemplare des US-Sportwagens, auf dem Porsche-Platz kann man vor lauter Elfern, Boxstern und Panamera kaum mehr den Rasen sehen, und im Stop-and-Go-Verkehr zum Spectator Hill stauen sich zwischen den Ford Mustang und Chevrolet Camaro Dutzende Ferrari, Lamborghini und Aston Martin – selbst im Rolls-Royce Phantom kommen die Fans zum Rennen.[foto id=“325893″ size=“small“ position=“right“]

Obwohl der Fuhrpark ausgesprochen elitär ist, ist die Stimmung extrem lässig und entspannt. Ähnlich wie bei den 24-Stunden am Nürburgring wird rund um die Strecke gezeltet, gecampt und gegrillt – nur dass die Wohnmobile etwas größer, die Steaks etwas dicker und vor allem das Wetter etwas besser ist. „Hier wird dir einfach viel geboten“, sagt Zahnarzt Robert aus Chattanooga, der jedes Jahr mit seinem Elfer nach Atlanta kommt, am höchsten Punkt der Strecke den Grill aufbaut und sich das interessanteste Feld im Rennsportzirkus und Ohren fahren lässt.

Die Serie hat neun Rennen, aber das Finale zählt zu den spektakulärsten im Kalender. Nicht nur, weil die 4.087 Kilometer lange Strecke mit ihren zwölf Kurven so abenteuerlich ist. Sondern auch, weil über eine so große Distanz gefahren wird. „10 Stunden oder 1.000 Meilen, je nachdem, was zuerst eintritt“, erläutert der Streckensprecher. Die letzten zwei, drei Stunden fahren die Piloten stets durch die Nacht und beschwören damit jene Stimmung herauf, die Le Mans & Co so unvergleichbar [foto id=“325894″ size=“small“ position=“left“]macht. Wenn sich die Dämmerung über die Strecke legt und die Boliden mit rot glühenden Bremsscheiben wie ein Lavastrom durch die Kurven jagen, dann laufen allerorten die Speicherkarten über.

Spannend ist das Rennen auch wegen des dichten Starterfelds: Zumindest am Anfang des Rennens ist die Strecke in Petit Le Mans manchmal so dicht wie die Pariser Périphérique im Berufsverkehr – nur dass hier natürlich trotzdem Vollgas gefahren wird. „Da wird es oft schon ganz schön eng und man muss aufpassen, dass das Rennen nicht viel zu schnell zu Ende ist“, sagt Porsche-Pilot Bergmeister über den Pulk von fast 50 Autos, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Und dann sitzen neben den vielen Profis auch noch ein paar ambitionierte Herrenfahrer am Steuer, die oft nicht viel mehr sind als rollende Verkehrsinseln.

Trotzdem fährt Bergmeister die ALMS immer wieder gerne – und zwar nicht nur, weil er sie schon so oft gewonnen hat. Sondern auch wegen der speziellen Stimmung: „Schon schon vor dem Rennen herrscht hier eine ganz besondere Atmosphäre“, sagt Saisonsieger Bergmeister und lobt zum Beispiel die offene Boxengasse. „Während man sich bei solchen Gelegenheiten in Europa oft fühlt wie ein Zirkusgaul, geht es hier ganz locker und entspannt zu“, lobt der Porsche-Werksfahrer seine Einsätze jenseits des Atlantiks. Noch Minuten vor dem Start schreibt er Autogramme auf Helme, Modellautos und alle möglichen anderen Devotionalien, beim Training bittet er zum „Tech-Talk“ ins Fahrerlager, und selbst unter den Piloten herrscht [foto id=“325896″ size=“small“ position=“right“]hier eine entspannte, freundschaftliche Atmosphäre, wo sonst nur eisig geschwiegen oder gestritten wird. „Trotzdem schenken wir uns auf der Strecke natürlich nichts“.

Auf den ersten Blick sieht sein GT3 RSR fast so aus wie ein Straßenauto und bestätigt damit die vielen, vielen Fans auf dem Porsche-Platz in ihrer Wahl. Aber viel mehr als die Form haben die Rennwagen mit den Serienmodellen dann allerdings doch nicht gemein. „Die Karosserie teilen wir uns tatsächlich mit dem 911 GT2“, erläutert Bergmeister: „Aber alle Klappen und Hauben sind aus Karbon und die Scheiben aus Kunststoff, um Gewicht zu sparen.“ Auch der Motor ist zumindest deutlich weiterentwickelt, hat jetzt vier Liter Hubraum, kommt auf 331 kW/450 PS und würde für locker deutlich mehr als 300 Sachen reichen, wenn es in vor der Start-Ziel-Geraden nicht diese gefährliche Kurve gäbe.

Die größten Unterschiede allerdings sieht man im Innenraum, der bis auf den maßgeschneiderten Schalensitz komplett ausgeräumt wurde. Bergmeisters Lenkrad hat so viele Knöpfe wie eine Play-Station, der Schaltknüppel für das sequentielle Getriebe ragt wie ein einsamer Baum aus nackten Boden, wo in der Serie Lack und Leder sind, prangen hier Baumarkt-Schalter [foto id=“325897″ size=“small“ position=“left“]auf blanken Konsolen – und eine eingebaute Trinkanlage sowie eine Kühlung für den Rennanzug gibt es für Normalkunden nicht für Geld und gute Worte. Kein Wunder, dass der Wagen rund 500.000 Euro kostet.

Obwohl über der Boxengasse wie eh und je das unnachahmliche Parfüm aus heißem Öl, Benzin und verbranntem Gummi liegt, müht sich die ALMS um einen grünen Anstrich und hat eigens einen Umweltpreis eingeführt, der sparsame Fahrer belohnt. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, lobt Kristen, der auch diesen Pokal mit nach Hause nehmen kann: Kein anderer Wagen war so effizient wie der 911 GT3 RSR: „Das beweist, dass der Porsche 911 nicht nur schnell, sondern dabei auch noch sehr sparsam ist.“

Das sparsamste Auto des Rennens war allerdings ein anderer Porsche: Denn nach dem spektakulären Debüt auf dem Nürburgring haben die Schwaben ihren 911 GT3 R Hybrid zum ersten Mal auch in Amerika eingesetzt. Mit einem Schwungrad [foto id=“325901″ size=“small“ position=“right“]als Energiespeicher neben dem Fahrersitz und zwei 60 kW/81 PS starken E-Motoren an der Vorderachse hat er einen elektrischen Booster, mit dem sich die Fahrer förmlich an ihren Konkurrenten vorbeikatapultieren. Zwar reicht der Strom nur jeweils für ein paar Sekunden, bevor der Speicher beim nächsten Bremsvorgang wieder „aufgeladen“ werden muss. Doch sind garantiert genau das den entscheidenden Punch, mit dem der weiß-orange Renner schneller am Vordermann vorbeizieht oder aus der Kurve schießt. Das macht das rollende Forschungslabor, aus dem die Schwaben viele Erkenntnisse für den 918 Spyder ziehen wollen, immer besser: Nachdem der Hybrid – ausgerechnet wegen eines Problems mit dem Verbrenner – am Nürburgring nach 22 Stunden und 15 Minuten ausgeschieden ist, hat der Wagen hier in Atlanta die gesamte Distanz gehalten. Selbst ein Reifenschaden gleich zu Beginn des Rennens konnte ihn nicht stoppen.

So ein Engagement freut auch Margo Oge, die Direktorin des amerikanischen Office of Transportation and Air Quality, die sonst so strikt auf die CO2-Bilanz des Verkehrs schaut und den Rennzirkus trotzdem gerne sieht. Schließlich fahren hier neben [foto id=“325905″ size=“small“ position=“left“]dem Hybrid-Porsche noch ein knappes Dutzend Autos mit Bio-Sprit, und die Diesel aus Europa und machen die ALMS zu der nach eigenen Angaben grünsten Rennserie der Welt: „Hier zeigen alle Hersteller, dass sich Fahrspaß und sparsame Technik nicht ausschließen. Wo besser als auf der Rennstrecke könnte man das beweisen?“

Die Strecken, die Stimmung, das Starterfeld – mit dem europäischen Motorsport ist die American Le Mans Series nicht vergleichbar, sagen einige der überraschend vielen deutschen Fahrer über die Serie, die vom PS-Impresario, Sportwagenhersteller und Pharma-Millionär Don Panoz ins Leben gerufen wurde. Und noch etwas ist hier anders als sonst: Wo sich die Fahrer bei jeder anderen Rennserie auf die Champagner-Dusche freuen, graut hier allen vor der feierlichen Abschlussgala und dem Rotwein, den Panoz auf seinem Chateau Elan gleich neben der Rennstrecke selbst anbaut. Der ist qualitativ so fragwürdig, dass Profis mit versteckten Nachfüllflaschen zum Finale kommen.

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