IAA 2009: Alles nur Show? Wann das Elektroauto wirklich kommt

Ein Elektroauto haben auf der IAA nahezu alle Hersteller im Gepäck. Die umweltfreundlichen Stromer haben allerdings einen entscheidenden Haken: Man kann sie noch nicht kaufen. Kleinwagen, Limousinen, Familientransporter und sogar Sportwagen vom Schlag eines Audi R8 mit E-Antrieb sollen auf der IAA zeigen, dass die Industrie ihre Hausaufgaben gemacht hat.

Doch ist das wirklich so? Denn fragt man nach dem Serienstart der E-Mobile, erntet man meist nur Schulterzucken. 2011 vielleicht. Vielleicht aber auch erst deutlich später. „Viele haben in den vergangenen Monaten den Elektroantrieb zum neuen Messias gemacht“, sagt Michael Bargende. Der promovierte Ingenieur ist Professor für Verbrennungsmotoren an der Technischen Universität Stuttgart.

Das Problem: Viele Hersteller befinden sich gerade erst in der Vorausentwicklung, eben dem Stadium, das einer Serienentwicklung vorausgeht. Und die Serienentwicklung selbst braucht heute 24 bis 36 Monate. So hat Volkswagen zum Beispiel an den Standorten Kassel und Braunschweig den Prototypen eines Elektromotors in Auftrag gegeben – die Entscheidung, wo welcher Motor gebaut werden soll, steht aber noch aus. Marktstart bei [foto id=“99022″ size=“small“ position=“right“]VW: nicht vor 2012.

Größtes Problem bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen ist die Energiespeicherung – also die Batterie. Die bisher verwendeten Nickel-Cadmium-Akkus sind zwar relativ günstig, aber zu schwer, und sie haben zu wenig Kapazität. Schnell wäre der Akku leer, das Auto hätte eine Reichweite von 50 Kilometern und weniger. „Das will keiner kaufen“, sagt Christine Tissot, zuständig für die Business-Entwicklung der Elektrofahrzeuge bei Renault. Eine Reichweite von mindestens 150 Kilometern wollen alle Hersteller erreichen – und das geht nur mit modernen Lithium-Ionen-Akkus. Nur haben auch die zurzeit noch entscheidende Nachteile: Sie sind zu groß, zu schwer, zu teuer. 10 000 Euro und mehr werden für einen der Energiespeicher aufgerufen.

„Trotzdem geht kein Weg an der Elektrifizierung des Autos vorbei“, sagte Burkhard Göschel, Technikchef des Autozulieferers Magna, kürzlich bei einem Vortrag. Größte Herausforderung sei es, Kosten und Größe der Komponenten zu halbieren. „Nur dann kann es einen Erfolg am Markt geben“, sagt er.

Wie schwer sich die Autoindustrie mit der Serienproduktion von Elektrofahrzeugen tut, zeigt ein Blick nach [foto id=“99023″ size=“small“ position=“left“]Japan. Dort wird seit einigen Wochen der Mitsubishi iMiEV angeboten, das erste Serienelektroauto der Welt. Der Kleinwagen ist variabel und verfügt über eine Reichweite von rund 150 Kilometern. Trotzdem hat er einen Haken: Er kostet umgerechnet stolze 34 000 Euro – da Japan aber hohe staatliche Subventionen zahlt, sinkt der Preis für den Verbraucher auf akzeptable 19 000 Euro. Auch andere Hersteller haben bereits Elektrofahrzeuge auf der Straße – wollen sie aber wegen der hohen Kosten noch nicht verkaufen. So fährt eine Flotte von E-Minis und Smart Fortwo Electric Drive bereits durch Berlin. Sie sind an ausgewählte Kunden verleast worden. Damit wollen die Hersteller Erfahrungen für eine spätere Serienproduktion sammeln.

Auch die deutsche Politik hat das Elektroauto entdeckt. In dieser Woche hat die Bundesregierung den „Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität“ verabschiedet. Das Ziel: Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen. In zehn Jahren sollen eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein.[foto id=“99024″ size=“small“ position=“right“]Ab dem Jahr 2012 soll es finanzielle Anreize für die Käufer der ersten 100 000 Elektroautos geben. Damit würden E-Autos im Jahr 2020 allerdings nicht einmal zwei Prozent der deutschen Pkw-Flotte ausmachen.

Trotz ungelöster Fragen: Jeder fünfte Deutsche wartet einer Umfrage des Marktforschers Puls zufolge mit dem Autokauf, weil er einen Wagen mit Elektroantrieb will. In nennenswerten Stückzahlen kommen die Autos erst im Jahr 2011: Renault-Nissan und General Motors haben die Serienproduktion von günstigen und im Alltag nutzbaren Fahrzeugen angekündigt. Und die IAA zeigt schöne Elektrokonzepte für die Zukunft, aber keine Serienautos. Schade eigentlich.

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Übersicht Elektrofahrzeuge

Chevrolet Volt / Opel Ampera: Auf Basis des neuen Opel Astra entsteht zurzeit ein Elektrofahrzeug, das mit Hilfe eines kleinen Benzinmotors die Batterie nachladen kann. Rein elektrisch sollen Volt/Ampera rund 60 Kilometer schaffen. Marktstart: 2010 in den USA, Ende 2011 in Deutschland.

RenaultNissan: Die japanisch-französische Allianz plant eine ganze Flotte von E-Fahrzeugen: Kleinwagen à la VW Lupo, Mittelklasselimousinen, Mini-Vans und ein Golfkonkurrent sind bereits angekündigt. Die ersten Fahrzeuge sollen Ende 2010 zu Preisen ab 20 000 Euro auf den Markt kommen.

BMW: In Berlin fahren bereits eine Hand voll E-Mini im Feldversuch. BMW will 2012/2013 Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen – Kleinwagen, die speziell für den Einsatz mit E-Motor konstruiert wurden.

Smart: Daimler ist Anfang des Jahres bei US-Elektropionier Tesla eingestiegen. Ab November wird der Smart mit den Tesla-Batterien für ausgewählte Kunden in Kleinserie gebaut, 2012 kommt die Serienversionen von Smart und A-Klasse für jedermann, 2013 soll die Serienversion des SLS mit E-Antrieb starten.

VW: Der Golf TwinDrive fährt bereits im Flottenversuch in Berlin, ein Serienstart des neuen Lupo mit E-Antrieb ist für 2012 geplant. Der auf der IAA gezeigte Elektro-Audi R8 ist nur eine Fingerübung.

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