Ford

Test Ford Focus Turnier – Wagen fürs Volk

Holger Zehden — Seit April 2011 geht Ford mit der dritten Modellgeneration des Focus auf Kundenfang im Kompaktsegment. Mit frischem Design und jeder Menge optionaler Assistenzsysteme, die bisher nur in höheren Klassen zu finden waren, soll der Ford Focus seinen Konkurrenten das Leben schwer machen. Doch der Wettbewerb ist hart, besonders im Bereich der kompakten Kombis. Hier muss sich der Ford Focus Turnier etwa mit dem Opel Astra Sports Tourer, Golf Variant und Kia Cee’d SW messen.

Dynamische Optik

Da Kompaktwagen anscheinend generell für zu alltäglich gehalten werden, schicken die Hersteller die Testwagen ihrer Brot und Butter Autos gerne in leuchtenden Signalfarben an den Start. Nach einem granada-gelben Kia Ceed SW trudelte nun bei uns ein Ford Focus Turnier in schreiendem „Mustard Olive Yellow“ – also Senf-Oliven-Gelb – ein. Dabei hat das der neue Focus eigentlich überhaupt nicht nötig. Der kompakte Kölner fährt im (noch) aktuellen[foto id=“393081″ size=“small“ position=“left“] Kinetic-Design von Ford vor. „Noch“, weil sich ab der nächsten Modellgeneration für alle Ford-Modelle optisch einiges ändern dürfte. Dann nämlich werden sich die Modelle an der Studie „Evos“, dem Ur-Meter bei Ford, orientieren. Durch den großen Kühler und die fließenden Formen wirkt der Focus auch als Kombi deutlich dynamischer als die Mitbewerber. Damit zeigt der neue Ford Focus, dass Kombis bei Weitem nicht immer langweilige Kastenwagen sein müssen.

Fahreindruck – Ruhiger Vertreter

Auch während der Fahrt macht der Focus deutlich, dass er keine lahme Krücke ist. Zwar fällt das Fahrwerk im Vergleich zum Vorgänger weniger hart und damit deutlich komfortabler aus, trotzdem liegt der Ford Focus Turnier auch bei flotter Gangart satt auf der Straße. Da stört es kaum, dass Ford ein regulierbares Fahrwerk à la Opel Flex-Ride oder Volkswagen DDC auch nicht gegen Aufpreis bietet. Ein großes Plus erhält der Kompakte hingegen für seine exzellente Geräuschdämmung. Trotz beinahe orkanartiger Böen während unseres Tests waren wir beim Aussteigen ziemlich überrascht ob der Windstärke, ließ sich im Fahrzeug davon doch überhaupt nichts bemerken. Auch der Motor meldete sich erst ab circa Tempo 170 km/h hörbar im Innenraum. Dank Tempomat eignet sich der Ford Focus sehr gut als Langstreckenfahrzeug, doch auch in der Stadt macht er eine gute Figur. Besonders dank vieler elektronischer Helferlein stellte uns der Focus auch im dichten Verkehr urbaner Ballungszentren vor keinerlei nennenswerte Probleme.

Der Verbrauch, des auf Sparsamkeit getrimmten 1.6-Liter EcoBoost-Motors mit 110 kW/150 PS, trübt das ansonsten gute Testergebnis merklich ein. Dank Turbolader, Start-Stopp-Automatik und ECO-Mode-Schaltempfehlung (kleine, ziemlich unauffällige Pfeile im Drehzahlmesser) soll sich der Reihenvierzylinder mit durchschnittlich 6,0 Litern Benzin auf 100 km bewegen lassen. Wie wir es auch drehten und wendeten, die Verbrauchsanzeige des Focus sank nie unter 8,0 Liter. Für ein sogenanntes Eco-Aggregat empfanden wir dies als eindeutig zu hoch. Hier sollte Ford nachbessern und zudem die Angaben in den technischen Unterlagen entsprechend anpassen.

Interieur – Viel fürs Geld[foto id=“393082″ size=“small“ position=“right“]

Der überzeugende Eindruck setzt sich im inneren fort. Die Materialien sind durchweg gut verarbeitet und machen einen wertigen Eindruck. Zugegeben, bei unserem Testwagen handelt sich um das höchste Ausstattungsniveau Titanium mit einigen optionalen Extras, jedoch bekommt man auch hier überraschend viel für sein Geld. Die Steuerung geht ungeübten Ford-Fahrern jedoch nicht ganz so locker von der Hand. Da die Kölner bisher noch kein zentrales Steuerelement à la iDrive verbauen, strotzen Mittelkonsole und Lenkrad geradezu von Knöpfen, Schaltern und Wippen. Generell fällt die Mittelkonsole etwas wuchtig aus, genauso wie das Frontkamera/Sensoren-Gehäuse im Dach. Wirklich hinderlich für die Sicht ist das jedoch nicht. Irgendwo muss die ganze Technik ja verstaut werden und davon hat der neue Ford Focus – auf Wunsch natürlich – massig. Der automatische Parkpilot, der den Wagen wie von Geisterhand in eine Parklücke manövriert, ist nichts mehr Neues. Den bietet auch der Golf. Beim Ford Focus kommen jedoch noch ein Toter-Winkel-Assistent, Spurhalte- und Spurwechsel-Assistent, Auffahrwarnsystem und Verkehrsschild-Erkennungssystem hinzu.

Neben Titanium bietet Ford den Focus noch in den Ausstattungslinien Trend und im Basisniveau Ambiente an. Im Basisniveau gehören elektrisch einstellbare Außenspiegel, Bordcomputer mit Verbrauchs- und Kilometerangaben, elektrische Fensterheber vorn, Ford Easy Fuel, in Höhe und Reichweite einstellbare Lenksäule, Mittelkonsole mit Becherhaltern und Ablagefächern und Zentralverriegelung mit Fernbedienung zur serienmäßigen Komfortausstattung. Im Niveau Titanium kommen hinzu Ambientebeleuchtung, Audio-Sony-CD inkl. Sound & Connect (Mobiltelefon-Vorbereitung mit Bluetooth-Schnittstelle und Sprachsteuerung), manuell höhenverstellbarer Beifahrersitz mit einstellbarer Lendenwirbelstütze, Berganfahrassistent, Ford Power-Startfunktion, Geschwindigkeitsregelanlage mit Geschwindigkeitsbegrenzer, automatisch abblendend er Innenspiegel, 2-Zonen-Klimaautomatik, Armauflage mit großem Staufach, 12-Volt-Anschluss vorn und hinten, Scheibenwischer mit Regensensor, Scheinwerfer-Assistent mit Tag/Nacht-Sensor, Sportsitze und 16″-Leichtmetallräder.

Sicherheitstechnisch verfügt der Focus bereits ab Werk über Antiblockier-Bremssystem (ABS) mit elektronischer Bremskraftverteilung (EBD), elektronisches Sicherheits- und Stabilitätsprogramm (ESP) mit Traktionskontrolle (TCS), IPS Intelligent Protection System u.a. mit Front- und Seitenairbag für Fahrer- und Beifahrerseite und Torque Vectoring Control. In Niveau Titanium kommen lediglich Nebelscheinwerfer und Reifendruckkontrollsystem (DDS-Deflation Detection System) hinzu.

Geräumig aber kein Raumwunder

Das Gestühl bietet sehr guten Komfort auf allen Sitzen. Auch das Platzangebot fällt angenehm großzügig aus für einen Kompaktwagen. Beim Kofferraum zieht der Ford Focus im direkten Vergleich den Kürzeren. Zwar sind 490 Liter noch immer ein passabler Wert, doch bietet der Opel Astra Sports Tourer bereits 500 Liter und der VW Golf Variant 505 Liter. Absoluter Lademeister bleibt der Kia Ceed SW mit 534 Litern. Besser sieht es für den Focus aus, wenn die Rückbank umgeklappt wird. Dadurch entstehen im Kölner bis zu 1.516 Liter Stauraum. Damit überholt er den Golf und dessen 1.495 Liter. An den Astra (1.550 Liter) und den Ceed (1.664 Liter) kommt er jedoch nicht heran. Positiv fielen uns im Focus die vielen kleinen Ablagemöglichkeiten auf, wie etwa auf beiden Seiten der Rückbank oder in den Türen.

Aggregate[foto id=“393083″ size=“small“ position=“right“]

Insgesamt hat Ford jeweils fünf Benzin- und Dieselaggregate für den Focus im Angebot. Während es sich bei den Selbstzündern durchweg um 2.0-Liter Turbodiesel-Aggregate handelt, setzt sich die Benziner-Palette aus drei 1.6-Direkteinspritzern sowie zwei Turboaggregaten zusammen. Den Einstieg markiert dabei der 1.6-Liter Duratec Direkteinspritzer mit 77 kW/105 PS Leistung, gefolgt von der stärkeren 92 kW/125 PS Variante des gleichen Aggregats. Zusätzlich bietet Ford einen 1.6-Liter Duratec Motor als Flexifuel an, der sich mit jedem Gemisch von Super-Benzin und Bioethanol zufriedengibt. Das obere Ende der Leistungsskala markieren die beiden 1.6-Liter Duratec EcoBoost Turbomotoren mit 110 kW/150 PS und 134 kW/182 PS. Während die Turbomotoren manuell durch sechs Gänge geschaltet werden, muss man bei den Direkteinspritzern mit manuellem 5-Gang-Getriebe vorlieb nehmen.

Bei den Selbstzündern hat Ford ein 1.6-Liter Aggregat im Angebot, das in den beiden Leistungsstufen 70 kW/95 PS und 85 kW/115 PS geordert werden kann. Daneben ist ein 2.0-Liter Turbodiesel zu haben, der 85 kW/115 PS, 103 kW/140 PS oder 120 kW/163 PS leistet. Beim 1.6-Liter Aggregat kommt generell ein manuelles 6-Gang-Getriebe zum Einsatz. Die schwächste Variante des 2.0-Liter Diesel ist ausschließlich mit 6-Gang-Automatik PowerShift zu haben. Bei den beiden anderen Leistungsstufen hat der Kunde die Wahl zwischen manuellem 6-Gang-Getriebe oder Automatik.

Fazit

In den deutschen Medien wird häufig das sprichwörtliche Eis bemüht, das für den Golf also Krone der Kompaktwagen-Schöpfung immer dünner werden würde. Doch kommt es bei dieser Betrachtung stets auf den angesetzten Maßstab an. Optik? Im Vergleich zum Focus wirkt der Golf so aufregend wie Bürotacker. Auch beim Raumangebot auf den Sitzplätzen liegt der Focus vorn. Die große Auswahlmöglichkeit an Assistenzsystemen – früher ein Golf Alleinstellungsmerkmal im Kompaktsegment – verpufft angesichts der umfangreichen Ford-Assistenzen ebenfalls. Beim Stauraum – der Königsdisziplin bei den Kombis – verliert der Ford Focus jedoch deutlich an Boden. Da hilft es auch nicht viel, dass er bei umgeklappter Rückbank den angeblichen Primaner aus Wolfsburg hinter sich lässt. Trotzdem hätte der Ford Focus das Zeug zur Referenz in der Klasse. Denn neben Ausstattung und Design steht er auch die Verarbeitung dem Volkswagen in Nichts nach.

[foto id=“393084″ size=“small“ position=“left“]Einzig die miserablen Verbrauchswerte machen dem Ford Focus Turnier einen Strich durch die Rechnung. Zwar erreichen auch Golf und Astra nicht den ab Werk angegebenen Kraftstoffverbrauch, jedoch lag unser Ford Focus Turbo Motor zu deutlich über dem Sollwert. Die zwei Liter (oder mehr) Mehrverbrauch auf 100 Kilometer schlagen sich aufs Jahr gerechnet in immerhin 465 Euro nieder*. Vielleicht liegt es genau daran, dass der Focus auch in der neuen Modellgeneration deutlich hinter der Konkurrenz zurückbleibt, was die Zulassungszahlen angeht. Schließlich achten gerade die Kunden des Kompaktsegments besonders auf die Wirtschaftlichkeit und den Preis. Seit Einführung des neuen Focus im April 2011 konnte Ford seinen Kompakten 38.220 Mal an den Mann oder die Frau bringen. Der Opel Astra kommt im gleichen Zeitraum bereits auf 51.125 Neuzulassungen. Unangefochten an der Spitze liegt jedoch nach wie vor der Golf mit 161.550 verkauften Einheiten, auch wenn der Focus ihn im Preis-Leistungs-Verhältnis längst vom Thron gestoßen hat. Der Ford Focus mag nicht perfekt sein, ist jedoch eindeutig ein Wagen fürs Volk.


Bewertung –
Ford Focus Turnier Titanium 1.6-Liter EcoBoost


Exterieur-Design 1,6
Interieur-Design 1,9
Multimedia 1,8
Navigation 1,8
Fahrbetrieb 1,6
Verbrauch 1,6
3,0
Kosten pro Jahr*
Anschaffungspreis Testfahrzeug 28.360,00 Euro
Kraftstoffkosten** 1.848,00 Euro
Steuern 190,00 Euro
Wertverlust 4.254,00 Euro
Gesamtkosten pro Jahr:   
6.292,00 Euro
Testergebnis/Gesamtprädikat:  
1,9

*Kosten pro Jahr setzen sich zusammen aus Kraftstoffkosten, Kfz-Steuer, errechnetem Wertverlust (15 Prozent p. a.)
**Kraftstoffkosten bei 1,54 Euro/Liter Super-Benzin und einer jährlichen Laufleistung von 15.000 Kilometern

Datenblatt – Ford Focus Turnier Titanium 1.6-Liter EcoBoost
fünfsitziger Kombi der Kompaktklasse, Frontantrieb
Länge/Breite/Höhe: 4.556 mm/1.823 mm/1.505 mm
Radstand: 2.648 mm
Motor: Vierzylinder Ottomotor, turboaufgeladenden
Hubraum: 1.596 ccm
Leistung: 110 kW/150 PS bei 5.700 Umdrehungen pro Minute
max. Drehmoment: 240 Newtonmeter von 1.600 bis 4.000 Umdrehungen pro Minute
Höchstgeschwindigkeit: 212 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 8,7 s
Test-Verbrauch (im Mittel): 8,0 l/100 km
Test-CO2-Ausstoß:  g/km
Verbrauch Hersteller (Mittel): 6,0 l/100 km
CO2-Ausstoß Hersteller: 139 g/km
Schadstoffklasse: Euro 5
Ausstattung
(Serie, Titanium Auswahl):
elektrisch einstellbare Außenspiegel, Bordcomputer mit Verbrauchs- und Kilometerangaben, elektrische Fensterheber vorn, Ford Easy Fuel, höhen- und tiefenverstellbare Lenksäule, Zentralverriegelung mit Fernbedienung, Ambientebeleuchtung, Audio-Sony-CD inkl. Sound & Connect (Mobiltelefon-Vorbereitung mit Bluetooth-Schnittstelle und Sprachsteuerung), manuell höhenverstellbarer Beifahrersitz mit einstellbarer Lendenwirbelstütze, Berganfahrassistent, Ford Power-Startfunktion, Geschwindigkeitsregelanlage mit Geschwindigkeitsbegrenzer, automatisch abblendender Innenspiegel, 2-Zonen-Klimaautomatik, Armauflage mit großem Staufach, 12-Volt-Anschluss vorn und hinten, Scheibenwischer mit Regensensor, Scheinwerfer-Assistent mit Tag/Nacht-Sensor, Sportsitze, 16″-Leichtmetallräder
Gewichte/Zuladung
Leergewicht: 1.340 kg
zul. Gesamtgewicht: 1.900 kg
Zuladung: 560 kg
Anhängelast gebremst: 1.500 kg
Anhängelast ungebremst: 670 kg
zul. Dachlast: 75 kg
Kofferraumvolumen: 490 – 1.516 l
Preise
Basismodell: ab 18.650 Euro (inkl. 19 Prozent MwSt.)
Testwagen: 28.360 Euro (inkl. 19 Prozent MwSt.)
Topmodell: ab 22.400 Euro (inkl. 19 Prozent MwSt.)

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Gast auto.de

Mai 10, 2013 um 2:20 pm Uhr

Der Verbrauch ist erschreckend. Auch die Fahrleistungen sind einfach nicht mehr modern. Das kann man auch auf einschlägigen Seiten wie Spritmonitor sehen. Die EcoBoost Motoren sind modernen Agregaten von VW oder Mazda einfach um Welten hinterher.

Gast auto.de

Januar 6, 2012 um 11:25 am Uhr

Als meine Frau 1,60m den Ford Probefahren wollte und sie den Sitz für sich "optimal" auf Sicht eigestellt hatte, konnte sie den Wagen nicht fahren, da ihr linkes Bein mit dem wuchtigen Armaturenbrett kollidierte. Ein Kuppeln war nicht möglich. Also bitte draufschreiben: Nur für Kunden ab 175cm Körpergröße.

Gast auto.de

Januar 5, 2012 um 1:20 pm Uhr

ein Wagen für’s Volk mit 28.360 Euro und fast 6300 Euro Jahreskosten ? Das sind in beiden Katregorien min. 20% zu viel, selbst wenn man nicht zu den Niedrigverdienern gehört, bei denen die Jahreskosten schon mal 5 volle Nettomonatsgehälter ausmachen.

Gast auto.de

Januar 5, 2012 um 1:10 pm Uhr

Als langjähriger FORD-Fahrer kann ich zum Testverbrauch folgendes bemerken:
Bei einem Ford, ganz gleich welches Modell pendelte sich der Verbrauch zumeist erst nach einer Laufleistung so um über 10.000 km ein. Dann allerdings auch mit Werten, die den Werksangaben sehr nahe kamen.
Was das Kofferraumvolumen betrifft, da mag ja ein Opel Astra von der Volumenmenge mehr aufzeigen, in der Realität allerdings habe ich einen Test geshen, wo man in den kleinerenFord-Kofferaum mehr Gepäck ungebracht bekam, als im Astra-Kombi.

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